Unbekannte Geige

  • Liebe Geigenfreunde, ich bitte um Ihren Sachverstand, dem als Grundlage nur
    die Bilder und die Beschreibung zur Verfügung stehen, wie sie mir beim Kauf vorlagen. Die Bilder geben das Instrument gut wieder!


    Im Vergleich zu "teuren Geigen" (s. Didier Nicolas Ainé circa 1830, 3, Louis Mangenot ca. 1820, french master violin made circa 1780) ein Schnäppchen für 250 EUR!!


    Warum sollte die Violine italienisch sein? Ist Sie nicht ein Franzose?
    Was halten Sie von den Abnutzungspuren vorne an der Schnecke? Habe ich so noch nie gesehen, macht für mich keinen Sinn!
    Was bedeuten am Boden die ebenholzartigen "Pins" (2 unten einer oben)?
    Könnte die Violine ihr Geld wert sein?



    Ich bedanke mich!!!



    "Von der Bauart her könnte sie aus Italien kommen und dürfte ca. 150 Jahre alt sein. Die Geige ist sehr leicht und hat einen ganzen Boden. .. Auf der Decke hat sie in der Mitte eine kleine geschlossene Altrisstelle, die kaum sichtbar ist. Sonst sind keine Risse zu sehen. Nur am unteren Ende fast in der Mitte hat sich die Zarge ein kleines Stückchen vom Boden gelöst. Sonst ist die Violine in einem guten Zustand und zur Restauration sehr gut geeignet. 4 Eckklötze sind vorhanden. Die gesamte Länge beträgt ca. 60 cm, der Korpus misst knapp 36 cm. ."

  • machen wir es kurz:
    1.) v.a die goldgelbe Färbung läßt wirklich eine Mirecourter Arbeit vermuten. Doch Achtung: auch dieses Faktum blieb vielen Fälschern aus dem Vogtland nicht verborgen
    2.) diese Ebenholzstifte werden von Geigenrestauratoren eingesetzt, um ein Kippen der Ober- und Unterklötze zu verhindern -ein leider häufiger Defekt, der auch manch schöne Geige ruinieren kann
    3.) die Abnützung an der Schnecken-Oberseite rührt davon her, dass diese ja ursprünglich vorgesehen war, das Instrumetn nach dem Spiel platzsparend aufzuhängen -meist an einer Schnur oder Stab. Weil das doch etwas instabil iwar, verwendeten manche Schulen und Konservatorien Wandregale, wo die Rückwand als zusätzliche Sicherheit diente. Offenbar wurde sie etwas ungewöhnlich mit der Frontseite dorthin gehängt.
    Ich vemrute dahe, dass es sich hierbei um eine bessere Schulgeige, die in einer Musikschule lange ihren Dienst versah handelt.
    Weiteres kölnnte natürlich nur eine Schätzung in natura ermögl9ichen.

  • Vielen Dank!!!


    Ich würde mich freuen, wenn eine Diskussion beginnen würde!


    Ad 2:
    Ich erlebe die eingesetzten Ebenholzstifte - die ein "Kippen der Ober- und Unterklötze zu verhindern" sollen - als Zeichen der Restauration wie eine Schäftung! Ist dem nicht so? Kann man diesen Reparaturtyp zeitlich einordnen oder ist er heute noch üblich? Ich habe ihn als relativer Laie nur auf älteren Violinen gesehen!!


    Ad 3:
    Mein erster Gedanke bei der "die Abnützung an der Schnecken-Oberseite" war, dass jemand die seitliche Silhouette der Schnecke abändern wollte.


    Ich finde Ihre Idee interessant, dass die Geige sinngemäß im Wandregal von Schulen und Konservatorien mit der Frontseite dorthin zur Rückwand aufgehängt gewesen sein soll. Aber: Wenn meine Geigen hängen, dann würde niemals die Schnecke von vorne eine Wand berühren, allenfalls der Steg oder das Griffbrettende!!??


    Gibt es weitere Ideen zur "Abnützung an der Schnecken-Oberseite"?

  • ad 2: m. W nach machen das einige Geigenrestauratoren noch immer. Das aber nur nach reiflicher Überlegung und Abklärung mit dem Besitzer. Bei ganz teuren Geigen ist so etwas ein scharfer Eingriff, der wertmindernd sein kann.



    ad 3: solche Abnützungsspuren sieht man deutlich meist an der Rückseite der Schnecke v.A. wenn sie lange in einem Koffer lag und viel transportiert wurde. Aber an der Kopfseite??? Dann müsste der Koffer so flach gewesen sein, sodass der Deckel an der Oberseite der Schnecke scheuerte? Das wäre das einzigde Alternativszenario, was mir spontan einfiele.

  • Es gibt ne Menge Geigen, bei denen die Stifte original sind. Es muss also kein Zeichen einer Restauration sein, sondern manche Geigenbauer haben das eben einfach so gemacht.


    Zu den Abnutzungen an der Schnecke: gelegentlich wurden diese künstlich angebracht, um ein Instrument älter erscheinen zu lassen. Dann natürlich eher auf der Rückseite... Da dieses Instrument nicht unbedingt durch den Erbauer auf alt getrimmt wurde, besteht die Möglichkeit (Vorsicht, Spekulation!!!), dass ein späterer Verkäufer diese Abnutzung hinzugefügt hat, um das Instrument älter und wertvoller erscheinen zu lassen, aber vielleicht eben an der falschen Stelle...

  • Danke!!!!



    Zu 2:
    Das wusste ich noch nicht!!:
    "Es gibt ne Menge Geigen, bei denen die Stifte original sind." Gíbt es keine weiteren Informationen, wer Stifte - damals? - benutzt hat und wer so - noch später - restauriert hat?


    Zu 3:
    Wer verfälscht ein - welches? - Instrument älter und wertvoller, das später für 250 EUR zu haben ist ?
    Ich denke, dass die ungewöhnliche frontale Abnutzung der Schecke echt ist
    und keine dummes Fälscherwerk, es sei denn, dass die Silhouette der Schnecke einen entscheidenden Preisvorteil für die Violine bedeuten könnte:


    Wem fällt also etwas zur Silhouette der Schnecke ein, die den Korpus aufwerten könnte?


    Ansonsten sind weitere Ideen willkommen "zur Abnützung an der Schnecken-Oberseite" !


    Wäre eine solche Abnutzung durch das Tragen der Geige an der Schnecke denkbar?? Könnte der Geigenspieler einen "Tic" gehabt haben, die Geige beim Tragen vorne an der Schnecke zu reiben????


    M.f.G.
    Schüffelgen

  • Stifte haben viele Geigenbauer angebracht. Von vermutlich Anbeginn des Geigenbaues bis zur heute. Es wurden sogar Punkte aufgemalt, um Stifte zu imitieren.


    Zur Schnecke: der Preis, den Sie fuer die Geige bezahlt haben, ist nicht unbedingt der höchste, de je für die Geige verlangt wurde. Zu deutsch: wenn einer die Geige wertvoller machen wollte, dann hat er das für einen lohnenden Verkauf irgendwann in der Vergangenheit gemacht, und nicht kurz bevor Sie die Geige gekauft haben. Wer weiß schon, durch wieviele Hände das Instrument schon gewandert ist, unter welchen Namen, Vorzeichen und zu welchen Preisen sie verkauft wurde.... Dass künstliche Alterungsspuren angebracht werden, ist bei Geigen eher die Regel als die Ausnahme.


    Wenn man die Geige an der Schnecke trägt, reibt die sich gleichmäßig ab oder zumindest von mindestens zwei Seiten. Und bis das so heruntergeschliffen ist wird wohl kein Menschenleben an Tragzeit ausreichen....

  • Hi, die "Schäftung" sieht mir eher künstlich angebracht, also reingekratzt aus. Derart "altgetrimmte" Instrumente sieht man häufiger. Als Laie fällt man jedoch leicht darauf rein (was auch Sinn der Sache ist). Läute, die das drauf haben, machen das häufig bei besseren Schülerinstrumenten, wie Diese.
    Gruß