Zierliche alte Geige — Einschätzung

  • Hallo liebe Geigenfreunde,



    Mir ist eine alte Geige in die Hände gefallen, die mir nicht gehört, die ich euch aber
    zur Diskussion stellen will — eine ganze Geige, mit einigen Auffälligkeiten:


    - hohe Deckenwölbung
    - extrem dünner Boden und Decke, an den Seiten nur 2-3 mm (!)
    - alter Lack, oben stark gedunkelt, unten gut erhalten
    - einige alte Reparaturen, z.B. an den Zargen
    - erstaunlicherweise steht der Stimmstock noch
    - es sind alte reine Darmsaiten "aufgezogen"


    Was könnte das sein? Von der Verarbeitung her dürfte es ein Einzelstück sein, also
    keine Massen-Manufaktur. Die dünne Decke und die Wölbung lassen sie mich in
    dem Süddeutschen/Alpen/Wiener Raum vermuten. (vgl. Stadelmann Geige aus Wien)


    Der Hals hat sich gelöst. (siehe Bilder) Dazu Fragen an die Geigenbauer:


    - Wurde der Hals falsch gebaut, zu wenig gekeilt?
    - wäre ein Einkleben mit Knochenleim die richtige Lösung, da der Hals
    in seinem Bett auch ohne Leim schon stramm sitzt? Ich würde meinen,
    das würde fest genug werden, kann mich aber täuschen.


    So, hier die Bilder, es handelt sich um die 1. Geige. http://artemedia.de/Geigen/
    (Die beiden anderen Geigen habe ich ja schon mal vorgestellt)


    Gute Nacht und danke für eure Meinungen! :)

  • Zitat:
    ”- wäre ein Einkleben mit Knochenleim die richtige Lösung, da der Hals
    in seinem Bett auch ohne Leim schon stramm sitzt?.."


    Ja, es sieht so aus, als Warmleim und Schraubzwinge reichen sollte. Trockenzeit nicht unter sechs Stunden.

  • Sollte die Zarge unten durchgehend sein (wie nach den Bildern zu vermuten) wäre das ein starkes Indiz für Mittenwald (und Umgebung). Auch der Lack würde durchaus passen. Mich würde mal interessieren, wie der aussieht, wenn er gereinigt ist ;)

  • Zitat

    Original von Colding


    Ja, es sieht so aus, als Warmleim und Schraubzwinge reichen sollte. Trockenzeit nicht unter sechs Stunden.


    Nur: wo setzt man die Schraubzwinge an? Seitlich kommt eh viel Druck drauf,
    da der Hals stramm sitzt. Also müsste ich den Hals Richtung Geige pressen.


    Den Decken-Rand an der Stelle bessere ich erstmal nicht aus, mir geht es darum zu sehen,
    was klanglich rauszuholen ist und ob die wirklich ähnlich klingt wie die Stadelmann (was
    ich aufgrund der Machart und dünnen Decke vermute).

  • Zitat

    Original von Braaatsch
    Sollte die Zarge unten durchgehend sein (wie nach den Bildern zu vermuten) wäre das ein starkes Indiz für Mittenwald (und Umgebung). Auch der Lack würde durchaus passen. Mich würde mal interessieren, wie der aussieht, wenn er gereinigt ist ;)


    Was meinst du mit "unten durchgängig"?


    Der Lack an der ausgebesserten Zarge am Endknopf müsste ja nicht der Originallack,
    sondern neu überlackiert sein.


    Übrigens wirkt die Farbe in Wirklichkeit nicht so rötlich wie auf den Bildern, sondern braun.

  • Mit "unten durchgehend" meine ich, dass die Unterzarge aus einem Stück ist, also nicht "geteilt" am Endknopf. Also ein einziges gebogenes Stück von Mittelbügel zu Mittelbügel, nicht zwei, welche sich am Endknopf "treffen". Auf dem Bild kann man das nicht genau erkennen (also, ich kann es nicht).

  • Ich hab mir das Bild noch mal angesehen: Ist das am Endknopf ein eingesetztes Stück, oder schraege Kratzer? Sollte das ein eingesteztes Stück sein, wäre mein Kommentar mit der durchgehenden Zarge hinfällig.

  • Wow! Danke für dieses Video, auch wenn es nicht primär für mich gepostet war! Obwohl ich schon ein bisschen über Geigenbau gelesen habe, sind mir einige Arbeitsschritte erst jetzt klargeworden. Nicht, dass ich mir nach einem 10minütigen Video zutrauen würde, eine Geige selbst zu bauen, aber es hilft dem Verständnis ungemein.