Dendrochronologische Untersuchungen - Erfahrungen?

  • Hallo liebes Forum,


    ich wollte wissen ob schon jemand von euch Erfahrungen mit der Dendrochronologie in Verbindung mit Geigenidentifikation gemacht hat.
    Ich habe erlebt, dass es recht schwierig ist an Experten zu kommen. Vielleicht hat ja der eine oder andere auch einen Tipp für mich wie ich an ein nicht zu teures dendrochronologisches Gutachten kommen könnte...


    Was auch von Vorteil wäre - wenn es nicht unbedingt in London sondern vielleicht sogar im deutschsprachigen Raum sein könnte... :)


    Vielen Dank!


    pharus

  • ...werden wissenschaftlich nach verschiedeen Ansätzen vorgenommen.--
    sihe dazu auch
    http://de.wikipedia.org/wiki/Dendrochronologie ---


    dazu muß man sich an diverse Uni-Institute wenden bzw.diese per web ausfindigmachen....
    die Teuerste dürfte die Radiocarbon-Methode zur C13-bestimmung sein, die aber erst ab vielen Jahrhunderte-Alterungen sinnvoll und entsprechend teuer ist...
    Für Geigenholzanalysen sind Wachstums-Unregelmäßigkeiten ("Kleine Eiszeiten bzw. Kälte-/ Wachstumsperioden" !) mitunter aussagefähig... evtl. haben Tonholzhändler dazu gewisse Aussagen und Auskünfte parat...--


    wünsche Erfolg u. fr.Gr., sbr

  • ich habe mit meiner Ausbildung als Geologe mal in die Dendrochronologie reinschnubbern dürfen. Das war gerade noch in der letzten rein händischen Ära.
    Das war eine Sch***arbeit: man mußte möglichst ein Weichholz vor sich haben, da es schneller wächst und somit sensitiver auf Veränderungen reagiert. Für Geigen erschwerend kommt noch hinzu, dass das Ahorn hauptsächlich am Hochgebirge wuchs, da es dort besonders hart ist. Dort aber ist das Klimat konstanter.
    Danach mußte man ein Niveau suchen, in dem die Jahresringabstände möglichst konstant sind (die Jahresringe an der Talseite wachsen -logo- unregelmäßiger als wie die an der Bergseite). Der Stamm wurde dort angebohrt und der Bohrkern wurde angefärbt.
    Wurde das bewerkstelligt mußte man unter dem Binokular die Abstände messen und auf MM-Papier eintragen. Das Profil, was man bekam, mußte man schließlich händisch kalibrieren, auf Mikrofilm speichern und nun in der Literatur ein möglichst passgenaues Muster finden, indem man beide Mikrofilme (der gemachte mit dem dokumentierten) so lange übereinander schob, bis sie in etwa passten.
    Heutzutage machen die letzten Arbeitsschritte Computer. Die Abstände werden gescant und der PC gleicht die Muster mit den dokumentierten ab. Da gibt es weltweite Datenbanken aus allen geografischen Breiten.
    Bei Geigen kommt, nach meiner Einschätzung, erschwerend hinzu, dass man die nicht einfach anbohren und die Jahresringe anfärben kann (logo). Zusätzlich müssten die Abstande wegen der Deckenkontur entzerrt werden. Das muss bei jeder Geige individuell gemacht werden (Stainer oder Stradivari).
    Und ob die Zeitreihe v.a. bei breitjährigen Decken für eine eindeutige Analyse ausreicht???
    Ob diese speziellen Schritte für Geigen auch schon "computermechanisiert" sind, dazu fehlen mir die Infos. Festzuhalten ist, dass ich mir daher so oder so nicht vorstellen kann, dass das billig ist

  • Vielen Dank, yxyxyx, für Deinen Beitrag! Jetzt hab ich eine Vorstellung davon, wie es gemacht wird.... klingt kompliziert.


    Man muss dazu ja erstmal wissen, wo das Holz herkommt (Italien hat ja ein anderes Klima als die Karpaten...), oder irre ich mich da?


    Andererseits kann man eine Geige anhand der Bauart, Lack, Abnutzungen usw. doch meistens halbwegs einordnen, es sei denn, es handelt sich um eine wirklich gut gemachte Fälschung.


    Und wenn man weiss, wie alt das Holz ist, weiss man ja noch lange nicht, wann die Geige gebaut wurde-es gab/gibt ja Geigenbauer, die uraltes Holz verwenden (Recycling von Dachbalken, alten Möbeln usw.). Sollte man also herausgefunden haben, wann das Holz gewachsen ist, so hat man lediglich einen frühestmöglichen Bautermin des Instrumentes.


    Also, ich glaube das alles macht nur bei sehr wertvollen Instrumenten Sinn, und auch da würde ich dann lieber dem Urteil eines Geigenbauers trauen, der auf die vermutete Zeitepoche und vermutete Herkunft spezialisiert ist... ;)

  • das war früher eine Heidensarbeit, heute mit den PCs und Internet kaum mehr ein Problem. Den Bohrkern scant man rein und der PC sucht weltweit ein passendes Muster.
    Für die Geige wird man wohl noch händisch eingeben und kompliziert entzerren müssen, aber dann dürfte der Rest leicht sein -leider fehlen mir zu diesem Sonderfall die Infos.
    Ihre genannten Einwände bestehen allerdings zu Recht. So hat z.B. Heinicke bevorzugt ausgemustertes Kircheninventar für seine Geigen verwendet.
    Jredoch in etwa die geografische Lokalität kann man heutzutage relativ gut eingrenzen. Wenig verwunderlich gibt es besonders gut recherchierte dendrochronolog. Zeitreihen für alle relevanten Hölzer aus Italien.

  • Vor einigen Wochen hatte mir ein Geigenbauer gesagt, dass die Technik mittlerweile soweit ist, dass es genügt die Geigendecke zu fotografieren. Das Foto wird dann mit einem Programm ausgewertet. Leuchtet mir auch ein.

  • da bin ich überrascht. Offenbar nimmt man an der Decke eine Linie mit möglichst wenig Relief oder die Software ist schon so gut, dass die sich selber kalibrieren kann.
    Danke für die Infos!

  • Wenn man den Wölbungsquerschnitt an einer Stelle kennt, ist das mathematisch gar nicht so schwierig, die Jahresringabstaende dieser Stelle auf eine ebene Fläche zu projizieren.


    Wenn man nun davon ausgeht, dass die Jahresringe mehr oder weniger gerade "Linien" sind, kann man aus einer sehr guten Photographie der gesamten Decke auch die Wölbung "herausrechnen", einfach indem man die korrespondierenden Linien an den Deckenrändern oben und unten "verbindet"-man bekommt dann zwar ein etwas idealisiertes Bild, aber vielleicht reicht das dann ja auch schon...?


    Aber wie gesagt, ich habe keine Ahnung von den holzalterbestimmenden Verfahren...


    Ich finde es aber sehr beeindruckend, dass das so spezifisch ist, dass es die Herkunft und das Alter des Holzes bestimmen kann.

  • Das Problem mit der Deckenwölbung sehe ich gar ncht so sehr. Wenn ich mit großem Abstand und einem Tele-Objektiv fotografiere, dann ist die perspektivische Verzerrung vernachlässigbar. Was ich dann auf dem Foto habe ist bereits eine Projektion und dürfte bereits einem exakten Querschnitt entsprechen. Da habe ich andere Relationen der Abstände, als wenn ich ich die mit einem Maßband nachmesse.

  • Vielen Dank für die Kommentare.
    Also die Geige muss wirklich nicht zerschnitten werden um Proben zu nehmen, dieses Gerücht hält sich immer noch recht hartnäckig.
    Meine Frage ging eigentlich mehr in die Richtung ob jemand das hier vielleicht sogar schon gemacht hat bzw. mit Leuten in Deutschland (Beuting etc.) oder vielleicht sogar Österreich Kontakt hat?
    Ich habe mittlerweile jemanden getroffen der mit weiterhelfen könnte, aber das wird wahrscheinlich noch ein bisschen dauern, macht aber nix!


    Also wenn jemand was weiß, auch wieviel man für so eine Analyse kalkulieren sollte würde ich mich freuen wenn er/sie es mich wissen lässt.


    Beste Grüße und schöne Festtage,


    pharus


    PS: sibro, die c13-methode hat gar nix mit dendrochronologie zu tun, radiocarbonmethode hat mit zerfallsreihen zu tun und da denkt man mehr in 1000er-Schritten - ist also für Datierung von sehr altem Holz sehr sinnvoll oder in Verbindung mit Dendrochronologie aus der "Frühzeit der Bäume", wo noch recht viele Sequenzen fehlen. Dendrochronologie ist mehr der Zeitraum von heute bis ca 600+ Jahre, und meines Wissens kann man auch die ungefähre Region eingrenzen wo der Baum gestanden hat... was natürlich in der Geigenwelt immer interessant sein kann (auch wenn in den Tiroler Alpen sowohl Tiroler als auch italienische Geigen aus dem Holz entstanden sind...)