2 alte "mitgenommene" Schmuckstücke

  • Hallo ihr lieben,


    ich hoffe, ich habe mich nicht im Forum vertan - bin neu hier ;)


    Ich habe 2 alte Violinen gefunden. Beide ziemlich mitgenommen. Herkunft nur halb bekannt, ich kann nur ungefähr die letzten 120 Jahre zurückverfolgen.


    Ich habe mal Handyfotos gemacht, ich versuche mal noch bessere Fotos zu machen, aber ich bin einfach zu neugierig und wollte mich mal in das Thema hineintasten. :)


    Einmal hätte ich eine sehr schöne Violine - leider ist nur noch das Jahr lesbar für mich - 1755. Der Korpus sieht ziemlich mitgenommen aus, aber alle Teile sind noch gut miteinander verleimt. Mir ist der Knopf aufgefallen, da er aus Stahl ist. Die Bögen die mit im Kasten waren sind beide nicht bespannt. Beim einen ist das Beinchen sehr schön gemacht und noch funktionstüchtig, und das Holz sieht noch sehr gut aus. Dass offensichtlich einige kleinteile fehlen, brauche ich nicht zu erwähnen ;)








    Die zweite Violine beinhaltet die Aufschrift "Felix Mori Costa - année 1784. Kennt jemand diesen Geigenbauer?
    Das Holz sieht noch relativ schön aus, aber der Boden löst sich etwas und der Stimmstock rollt im Korpus herum. Dass auch hier Teile fehlen ist offensichtlich.




    Beide Violinen lagen etwa 50 Jahre im Keller einer Kirche herum. Davor wurden beide nach eigenen Ermittlungen etwa 25 und 30 Jahre lang gespielt. Danach lässt sich noch eine Erberei - Geschichte nachverfolgen von Urgroßvater und was weiß ich bis zu 120 Jahre zurück. Aber es wird vermutet dass beide Violinen lange in der Familie vererbt wurden.


    Ich habe leider nur vom Violine spielen Ahnung, der Rest... naja :)
    Ich würde gerne eine der beiden Schmuckstückchen spielbar machen lassen. Am liebsten die ältere mit dem schönen dunklen Rand.
    Meint ihr, das ist machbar für einen annehmbaren Preis? Lohnt sich das überhaubt?
    Habe hier in der Gegend noch keinen Geigenbauer gefunden, der der meine Violine gebaut hat, ist ein wenig zu weit weg und ich bin doch soooo neugierig :)



    LG Nadine

  • Hallo Nadine,


    auf Geigenzettel sollte man bei solchen nicht allzuviel geben. Papier ist geduldig und gerade auf Geigenzetteln wurde enorm geflunkert. Dazu kommt: Wirklich hochwertige Musikinstrumente lässt man nicht jahrzehntelang in irgendwelchen Kirchenkellern liegen.


    Allerding hat der Geldwert alter Geigen nicht unbedingt viel mit ihrer Qualität zu tun. Die Herkunft wird oft viel wichtiger genommen als der Klang. Und gerade wenn die Herkunft unklar ist, rauscht der Preis schnell sehr weit nach unten. für den Eigenbedarf könnte sich eine Restaurierung durchaus rentieren. Aber letztlich kannst nur Du beurteilen, wie viel es Dir wert ist, eine oder beide dieser Geigen wieder spielfertig zu machen.


    Die Geige mit dem "schönen dunklen Rand" (der sich meiner Einschätzung nach allerdings durchaus auch Schmutzschicht entpuppen könnte) hat einige Kratzer ab bekommen, so dass da Lackretuschen notwendig werden dürften. Bei der "Felix Mori Costa" wird das nicht nötig sein, und eine gerissene Leimstelle zu reparieren ist nicht so aufwändig, wie man denkt. Aber anhand mittelprächtiger Photos, kann man nicht seriös abschätzen, wie teuer eine Restaurierung wäre.


    An Deiner Stelle würde ich mit beiden Violinen zu einem (oder mehrere) Geigenbauern gehen und fragen, wie viel die für eine Reparatur haben wollen. Dann weißt Du recht genau woran Du bist und kannst entscheiden, ob es Dir die Sache wert ist.


    Gruß
    MrAranton

  • Meiner Meinung nach stammen beide Instrumente aus dem sächsisch-boehmischen Raum, und wurden so um 1900 gefertigt. Die zweite scheint mir auf den ersten Blick noch die bessere der beiden Geigen zu sein. Natürlich müsste man noch mal genauere Bilder von der Schnecke und den Ecken haben, und vom Zettel, aber die Angabe "18. Jahrhundert" stimmt garantiert nicht. Tausende von Manufakturgeigen wurden mit illustren Namen und fantastischen Jahreszahlen geschmückt (und künstlich "gealtert", z.B. auch mit dunkler Farbe und künstlichen "Abnutzungsspuren"), um sie besser verkaufen zu können.


    Spielbar machen kann man sie wohl beide, was das im Einzelnen kostet kann ein Geigenbauer besser beurteilen, der die Instrumente in den Händen hält. Für ein ganzes Setup (neuer Steg, neuer Stimmstock, neue Saiten, Wirbel überarbeiten, kleinere Reparaturen) kommen insgesamt dann aber auch schon mal 200-300 Euro zusammen. Zumindest beim ersten Instrument wird das den resultierenden Wert der Geige vermutlich übersteigen. Bei der zweiten würde sich das m.E. noch eher lohnen, zumindest für den Eigengebrauch.


    Klanglich sind aber auch solche Instrumente manchmal eine sehr positive Überraschung.


    Du kannst die Bilder auch noch mal in die Rubrik "Was ist meine Geige wert" hier im Forum einstellen, mal sehen was die anderen meinen...

  • Hallo zusammen,


    ich war jetzt eine Weile nicht mehr hier - wurde auch irgendwie gelöscht und musste mich neu anmelden...


    Ich habe inzwischen beide Geigen von meinem Geigenbauer begutachten lassen. Die erste (mit der dunklen Lackierung am Rande) ist am Ende, bzw. da ist sprichwörtlich der Wurm drin, und wurmstichige Violinen repariert er mir nicht, wär schade ums Geld. Die andere wurde jedoch repariert und es ist meiner meinung nach ein richtiger Schatz geworden.


    Was gemacht wurde:


    Kaufteile:


    Wirbel, Knöpfchen, Steg, Saitenhalter, Satz Saiten, Kinnhalter, Stimmstock


    Echt eine hübsche Garnitur, Wirbel und Knöpfchen je mit dezenter Goldverzierung :)


    Arbeit:


    Instrument zerlegt, versch. Nahtstellen und Risse geleimt und mit Rissfutter gesichert, Korpus verleimt, Wirbel zugeschnitten und eingearbeitet - ebenso das Knöpfchen, Griffbrett abgezogen (war etwas krumm), Stimmstock zugeschnitten und eingesetzt, Steg zurechtgemacht, Oberflächenbehandlung (Lack wurde nur sauber gereinigt und mit Klarlack überzogen - Farbe also original), Neuadjustage


    Was er dafür verlangt hat, war in meinen Augen ein Witz. Die Geige ist wunderschön und hat einen zauberhaften Klang. Ein wahnsinns Nachhall, selbst im Akusik-amen Wohnzimmer - unbeschreiblich. Beim Bogenkauf bei einem anderen Geigenbauer hier in Frankreich, habe ich nur gesagt, was gemacht wurde, und er hat sie ausprobiert. Er schätzt, ich könnte das Instrument locker für um die 3000 Euro an den Mann bringen. 8o


    Gratis hat er mir mein Geigenbauer die andere Violine Provisorisch geleimt, eine alte Garnitur und alte Saiten aufgezogen - und das ganze macht sich jetzt super als Wanddeko neben zahlreichen anderen Instrumenten ^^


    Was meint ihr, was so eine Arbeit wert sein Könnte? Da der Geigenbauer in Frankreich der beste in der Stadt (auch der teuerste) zu sein scheint, hat es mich doch geschockt, als er so Pi mal Daumen 3000€ in den Raum warf.


    LG

  • Sie brauchen den Namen nur zu googlen und schon finden Sie viele gute Fotos von echten Costas.
    Die können Sie dann mit Ihrer Costa vergleichen.
    P.S. wenn ich 3000 Euro hätte, würde ich Ihnen die gerne abkaufen ;)


    Was hat denn der Geigenbauer zum Alter der Geige gesagt?
    würde mich interessieren...
    hält er Sie für eine "Italienerin"?
    würd mich auch interessieren :)


    freundliche Grüße

  • Der Geigenbauer meinte zu dem Alter, dass es auf jeden Fall hinkommen könnte. Beim Aufmachen der Geige hat der gute Mann auch gemeint, das Holz sei sehr sauber bearbeitet worden, eine gute Arbeit. Der Klang heute zeigt, dass mein Geigenbauer recht behalten sollte.


    Er hat natürlich auch etwas geforscht, nach typischen Merkmalen der Costas. Sehr viel hat er in seinen Büchern nicht gefunden. Er fand zum Beispiel den Zettel, mit Schrift und Verzierung, welches dieselben sind. Etwas auffällig bei den Costas sei laut Büchern die vergleichsweise niedrige Deckenwölbung und die Stellung der F-Löcher. Ziemlich sicher eine Italienerin. Er wollte sich was die Echtheit angeht allerdings nicht festlegen, aber er meinte, sollte es eine Fälschung sein, sei es auf jeden Fall eine gute. Bei der Klangprobe war er ganz aus dem Häuschen, so ein warmer und raumfüllender Klang sei was besonderes.


    Ich persönlich bin auch sehr überrascht, selbst in akustikarmen Räumen, hat sie einen vollen und wenn man es will sehr lauten Klang - ohne agressiv zu klingen. Der lange Nachhall ist ein Traum ;)


    Ich denke mal, ich werde sie auf jeden Fall behalten. War nur so geschockt von der Werteinschätzung des anderen Geigenbauers. Im vergleich zu dem was ich investiert habe...

  • Und ich hätte sie für tot gehalten... Wollte sie auch an die Wand hängen - träumen wird man ja mal dürfen.
    Aber wo auch immer sie wirklich herkommt, sie hat nen wahnsinns schönen Klang und ich bin froh, dass ich sie für so kleines Geld reparieren lassen konnte. :]