Liebes Forum,
auch ich möchte euch zwei Geigen zeigen, die beide von mir gespielt werden und da ich es sehr spannend finde, was hier teilweise aus Fotos herausgelesen werden kann, wollte ich auch den Versuch wagen, um meine beiden Instrumente und deren Geschichte besser kennenzulernen.
Geige 1:
Diese haben meine Eltern von einer befreundeten Familie für mich gekauft, als ich ca. 14 war, wobei sie ursprünglich durch diese von Geigenbaumeister Pöser aus Regensburg erworben wurde. Sie enthält keinen Zettel.
Auf der Rechnung von ihm stand:
4/4 Geige – Boden, Hals und Zargen aus geflammtem Bergahorn; Decke aus mittelbreit gewachsener Resonanzfichte; rötlich-braun lackiert, leicht schattiert; mit Feinstimmsaitenhalter „Wittner“ und Corelli „Crystal“ Besaitung – Preis für die Geige 1800€
Ich wohne leider nicht mehr in Regensburg, aber hatte bereits per Mail Kontakt zu Herrn Pöser aufgenommen, der sich meinte zu erinnern, dass die Geige noch aus dem Ursprung seines Vorgängers stammte und sie keine herausragenden Spezifika habe, weswegen er leider nichts genaueres über die Herkunft sagen könne.
Da er seine Werkstatt 1989 eröffnet hat, sollte die Geige dementsprechend älter sein.
War es zu dieser Zeit schon üblich Instrumente aus China zu beziehen und nachzubearbeiten oder stammt sie eher aus europäischer Herstellung? Lassen sich sonst irgendwelche Vermutungen anstellen?
Geige 2:
Die Geschichte dieser Geige ist etwas interessanter und ich vermute, dass es auf Manufakturgeige vom Beginn des 20 Jhds. herausläuft. 😊 Auch diese enthält keinen Zettel.
Sie hat ursprünglich meinem Urgroßvater (*1891; +1963) gehört, der in der Nähe von Münster als Volksschullehrer tätig war und diese für den Musikunterricht und eventuell auch für den Gruppengeigenunterricht genutzt hat (zumindest habe ich daheim alte Fotos gefunden, wo Gruppen von 20 Kindern mit Geige drauf waren – ich konnte leider nicht zuordnen, ob er Lehrer oder Kind war auf dem Foto :D). Woher er sie hat oder ob sie schon länger im Familienbesitz war, weiß ich leider nicht. Später wurde sie noch von meinem Onkel in Jugendjahren gespielt und verschwand dann für Jahrzehnte im Keller, aus dem er sie 2010 in desolatem Zustand wieder ausgrub und mir schenkte.
Meine Eltern ließen sie dann durch Herrn Pöser reparieren.
Hier eine Liste der durchgeführten Reperaturen: Leimung von 4 Deckenrissen, Leimung und Abrichtung des Griffbretts, Stimmfutter eingepasst, 4 Deckenbelege eingeleimt, Zargenleimung am Boden, Lackretuschierung, Untersattel gekürzt, Stimmstock-, Steg neu Knopf erneuert, neuer Saitenhalter und Saiten.
Ich meine mich zu erinnern, dass meine Eltern damals gesagt hätten, dass er den Wert nach Reparatur damals auf grob 1500€ geschätzt hatte.
Ein schönes, den monetären Wert senkendes und den emotionalen Wert umso mehr erhöhendes, Detail sind die Initialen meines Uropas, die er im Bereich des Zäpfchens eingeritzt hat.
Ich würde mich sehr freuen zu hören, ob ihr dazu etwas ergänzen könnt!
Leider haben die Bilder einen ordentlichen Gelbstich (was wird es im Winter auch so früh dunkel). Gerade die 2. Geige ist weniger rötlich. Bei Bedarf kann ich da aber gerne noch andere ergänzen.
Liebe Grüße
Jens