Mehr als nur die x-te Mieze?

  • Hi,


    diese Geige war eine der ersten die ich gekauft habe, um mal aus der E-Geigen-Welt in die der richtigen Geigen zu schnüffeln ;) Wie ich mittlerweile weiß sind die Löwenköpfe nichts ungewöhnliches. Laut vorheriger Besitzerin soll sie mindestens 180 Jahre alt sein, wobei sie dafür mMn etwas zu gut erhalten ist. Sie fühlt sich direkt sehr fertig an, wenn man sie in die Hand nimmt.


    Was mir direkt aufgefallen ist sind diese abgeflachten Zargen an den Ecken. Zettel ist leider keiner drin.

  • Das ist eine sächsisch/böhmische Manufakturgeige. Sie ist gut erhalten, aber dass die Zunge des Löwen fehlt, mindert den Wert. Die Zargenecken sehen aus, als wären sie zurückgefeilt worden.

    Diese Geige wurde frei aufgeschachtelt, d.h. auf den fertigen Boden wurde der Zargenkranz aufgeleimt, und die Zargen wurden an den Ecken, wo sie zusammenstoßen, länger gelassen und mit einer Zwinge zusammengehalten, bis der Leim trocken war. Anschließend wurden die Zargenecken zurückgeschnitten und ggf. -gefeilt, bis sie bündig mit dem Decken- und Bodenrand waren. Manchmal wurden sie auch so weit zurückgeschnitten, dass sie innerhalb des Decken- und Bodenrandes endeten, um eine Bauweise um eine Innenform vorzutäuschen. Man erkennt den Fake aber daran, wie die beiden Zargenenden aufeinanderstoßen.


    Bei der aufgeschachtelten Bauweise sind Eckklötze nicht nötig. Oft wurden nur Blender eingesetzt, manchmal sogar nur in den unteren Ecken, die man durch die F-Löcher sehen kann, um das Vorhandensein von Eckklötzen (und damit eine Bauweise um eine Innenform) vorzutäuschen.


    Die Geige ist gut erhalten, was durchaus sein kann, wenn sie immer sorgsam behandelt wurde. Ich halte ein Alter von ca. 120 Jahren für möglich. Wenn sie gut klingt, spricht nichts dagegen, sie zu spielen. Der Verkaufswert ist aber eher gering, weil es solche Instrumente zuhauf gibt.