Einschätzung Cello Joh. Bapt. Schweitzer

  • Hallo,

    ich soll im Auftrag meines Vaters ein Cello verkaufen, jetzt habe ich leider überhaupt keine Ahnung was das gute Stück für einen Wert haben könnte.
    Laut Aussage meines Vaters soll es ein Schweitzer von 1870 sein. Schweitzer war zu dem Zeitpunkt leider schon verstorben, was die Sache nicht wirklich einfacher macht. Die letzten beiden Zahlen der Jahreszahl auf dem innenliegenden Schild sind schwer zu lesen, könnte auch eine 30 sein.

    Das Cello wurde von meiner Mutter gespielt. Sie war Cellistin an den Landesbühnen Sachsen.
    Restauriert wurde es letztes Jahr (2022) von Geigenbaumeister Sebastian Schneider-Marfels aus Dresden.

    Die einzige Zahl, die ich mal zum Wert gehört sind um die 20.000€.
    Ob dieser Preis realistisch ist, kann ich leider nicht sagen und hoffe hier in diesem Forum jemanden zu finden, der mir diesbezüglich weiterhelfen kann.
    Vielleicht findet sich ja auch ein Interessierter Käufer.

    Die Fotos habe ich laut Anleitung erstellt.

    Danke schonmal im Voraus

  • Hallo Schlumpf, erst einmal ist es ein schönes Cello.

    2008 wurde für ein Cello des Meisters 58,121 Dollar erreicht.

    Bei solchen hohen Werten geht es nicht weiter ohne eine Expertise

    von Köster in Stuttgart weiter. Warum, es wurde so viel gefälscht das keiner Betrogen werden möchte.

    Stimmt aber der Meister sind 20000€ ein bisschen wenig. Stimmt es aber nicht sind 20000€ schwer zu erreichen.

    Hier muss der Klang schon sehr Gut sein. Ich würde ein Dendro Gutachten machen lassen( Seidl in Markneukirchen) um ersteinmal abzuschätzen ob das Holz überhaupt das Alter hat. Sollte es passen geht es zum Gutachter.

    Wo bei aufgepasst, es gab sehr Gute Fälscher die nach 19 Hundert altes Holz für Ihre Nachbauten verwendet haben.

  • Hm. Der bisher einzige Anhaltspunkt, dass es ein „Schweitzer“ ist, ist der Zettel. Und da steht 1870 (eine 3 sehe ich da beim besten Willen nicht). Falsche Zettel sind deutlich häufiger als echte- Du kannst also (bis ein Gutachten das Gegenteil behauptet) davon ausgehen, dass der alte Geigenbauerspruch zutrifft: „Der Zettel sagt meist nur aus, wer das Instrument NICHT gebaut hat.“ Vielleicht stammt es aus einer Mittenwalder Werkstatt…?


    Trotzdem kann es ein gutes Cello sein, was seinen Wert hat- gerade wenn es klanglich in der professionellen Liga spielt. Du kannst nur ein (aktuelles!) Wertgutachten erstellen lassen, und damit das Cello anbieten. Ggf. ist auch ein Geigenbauer/Händler am Ankauf interessiert.


    Nur: Der Wert, der in solchen Gutachten genannt wird, ist höher als das, was erzielt werden kann. Solche Wertgutachten bilden den Versicherungswert ab- und sollen sicherstellen, dass ein gleichwertiges Instrument ohne langes Suchen gekauft werden kann. Sprich: Da ist ein „Ich erspare mir das Suchen und zahle jeden Preis“- Aufschlag enthalten, und natürlich noch Mehrwertsteuer und der Gewinn (=der Lebensunterhalt+ Versicherungen + Werkstattunterhalt+ Verkaufsrisiko) des Geigenbauers. Ein Geigenbauer, der das Instrument ankauft, kann Dir realistisch also nur ca. 1/2-2/3 des Gutachtenwertes zahlen. Nicht, weil er Dich „über den Tisch ziehen will“, sondern weil er sonst pleite geht.


    Wenn Du das Cello privat anbieten willst: Wertgutachten, und davon 2/3 als Verhandlungsbasis, und Probespiel anbieten. Mit viel Geduld lässt sich vielleicht auch mehr erzielen. Aber der Markt ist in Bewegung, Celli sind zwar noch relativ wertstabil, aber die Inflation schlägt zu und wie lange die Leute noch Geld für hochpreisige Musikinstrumente haben ist fraglich.


    Nur mal zum Vergleich: Vor wenigen Jahren habe ich ein Mittenwalder Cello erworben, dessen (älteres!) Gutachten bei über 12.000 lag. Bezahlt habe ich weniger als ein Viertel.

  • Ich stehe Dendrologischen Gutachten immer kritisch gegenüber. Das sagt nur aus, wann der Baum gelebt hat- weder, wann er gefällt wurde (es sei denn, man hat die entsprechenden Jahresringe drauf), noch wann er verarbeitet wurde (Holz kann Jahrzehnte gelagert werden…). Dendro macht Sinn, wenn es um Datierungen +/- 50-100 Jahre geht, oder wenn es um den Ausschluss geht (eine Stradivari mit Holz von 1850 kann nicht echt sein).


    Hier ist m.E. schon der Zettel falsch, und das Alter 1870 herum für mich völlig glaubhaft. Das Geld für eine Dendro kann man sich in diesem Fall m.E. sparen. Anonymes Cello, wahrscheinlich Mittenwald um 1870- vielleicht kann ein erfahrener Gutachter die Werkstatt zuordnen… Bleibt als Wert der Klang. Bei professionellem Klang sind 20.000 als Wert für ein Cello nicht abwegig, ob man das Geld bekommt (und wieviel Geduld/Aufwand man dafür treiben muss) ist eine andere Frage.

  • ...im Übrigen haben die sächsischen Werkstätten sich auch schamlos an den Zettelkopien und den Namen der anderen Geigenbauregionen bedient- es kann also auch ein sächsisches/böhmisches Cello sein (Region um Markneukirchen). So ganz unwahrscheinlich ist das nicht, der Reparaturzettel stammt ja auch aus der Gegend. Auch Bauart/Lackfarbe sprechen jetzt nicht gegen Sachsen, und auch nicht unbedingt für Mittenwald. Vom Foto her ist eine Einschätzung schwierig.


    Letztenendes kommt es bei wirklich auf den Klang, die Spielbarkeit, den Zustand an. Es geht ja bei einem Instrument um seine "Funktion" (...es sei denn, es ist ein Werk eines herausragenden Meisters..). Bei einem "sicher zugeordneten Meistercello" kommt eben noch ein Aufschlag dazu, den sehe ich hier erstmal nicht.


    Trotzdem hat ein gut klingendes, altes Instrument -auch wenn es "anonym" ist bzw. einen falschen Zettel hat- seinen Wert.

  • Ja, es ist ein sehr schönes altes Cello. Aus meiner Sicht wäre es am naheliegendsten, zuerst den Geigenbaumeister, der es 2022 restauriert hat, nach seiner Einschätzung zu Herkunft und Wert des Instrumentes zu fragen.