Herkunft evtl. Wert einer alten Geige bestimmen

  • Erstmal ein freundliches Hallo:)) Ich bin im Besitz einer alten Geige und hätte gern gewusst, ob es was besonderes ist. Das Instrument befindet sich seit Jahrzehnten im Familienbesitz, aber ich habe von der Materie echt keine Ahnung. Die Bilder sollten alles gut wieder geben. Im inneren befindet sich ein kleiner alter Klebezettel auf dem in Sütterlin folgendes geschrieben steht: Johan Friedrich Kirner (könnte auch Hirner oder Zirner heißen) Repariert in Elbing 1811. Ansonsten ist da kein weiterer Zettel mit Meister oder so zu sehen. Die Korpusgröße beträgt ca 35 cm. Für evtl. Hinweise wäre ich dankbar, im Voraus schon mal vielen Dank.

  • Das ist ein nettes altes Instrument, deren Reparaturdatum durchaus glaubwürdig ist. Ich würde vermuten, dass diese Geige um die Jahrhundertwende 1799/1800 gebaut wurde oder kurz danach, Herkunft wahrscheinlich Sachsen. Es gibt durchaus Liebhaber für solche Instrumente, da aber der Erbauer nicht mehr festgestellt werden kann hält sich der Wert in Grenzen.


    Das Material ist sehr gut, besonders das feine Deckenholz. Auch die Schnecke ist recht fein, das ist schon ein ordentliches Instrument und keinesfalls mit den späteren sächsisch-böhmischen Manufakturgeigen vergleichbar. In einem guten, spielbaren Zustand würde ich den Wert bei mindestens 1500 Euro ansetzen, bei entsprechendem Klang aber weitaus höher. Das ist aber Spekulation, wenn man das Instrument nicht in der Hand hat oder hören kann. Jedenfalls: Bitte nicht für 200 Euro bei Ebay verscherbeln!


    Ich würde ihnen raten, in diesem Falle mehrere Geigenbauer aufzusuchen und sich mehrere Meinungen zu holen. Es kann bei den alten Instrumenten immer verdeckte Schäden und unsachgemässe Reparaturen geben, die man auf den Bildern einfach nicht sehen kann, aber die den Wert mindern können.

  • Ich kann Braatschs Optimismus bei aller Wertschätzung nicht teilem. Es mag sein, dass der Zettel sogar original ist, aber das beweist noch nicht das Alter der Geige.
    Das ist schon wieder so eine Thier oder Füssener oder Widhalm (Stainer) oder... Geige. Diese wurden von vielen wegen ihrer extremen Wölbung für besonders alt gehalten. Mag sein, dass irgendein pfiffiger Händler so vor 100 Jahren einen alten Reparaturzettel von einer Schrottgeige reinklebte.
    Mich irritiert, dass der Hals offenbar noch immer original ist -also nicht angeschäftet ist, was man von einer uralten Geige, die angeblich mehrmals repariert worden sein hat müssen, erwarten müßte (aber sogar so etwas wurde oft gefälscht!!).
    ABER, trotzdem ist sie eine gute Arbeit und würde wie Braatsch eine Schätzung in natura empfehlen. Es kann sein, dass meine Bedenken sich dann in Luft auflösen.

  • Doch, der Hals ist angeschäftet. Auf dem Bild Nr. 6 meine ich den Anschäfter erkennen zu können. Desweiteren ist mir das Deckenholz viel zu fein für eine "normale Kopie".


    Auch die Schneckenform-offene, tief ausgekehlte Windung bei breitem "Kragen"-ist typisch für Geigen des ausgehenden 18./beginnenden 19. Jahrhunderts, taucht aber natürlich auch bei jüngeren Kopien auf. Bei Manufakturgeigen, also den "typischen" Billig-Imitaten ist sie seltener zu finden (natürlich nicht ausgeschlossen!).


    Eine Schätzung von Bildern ist immer vage. Ich tendiere dennoch zu "wirklich alt", auch wenn natürlich nicht ausgeschlossen ist, dass es sich um eine spätere, gute Kopie handelt, die im Glauben an ihre Echtheit mal richtig gut restauriert wurde.

  • wie ich es jetzt betrachte, ist da wirklich eine Anschäftung vorhanden. Die ist sehr gut gemacht. Aber wie schon gesagt, das wurde auch oft vorgetäuscht, um ein höheres Alter zu suggerieren.
    Ich habe einfach schon zuviele dieser Thier oder Widhalm Geigen gesehen, die allesamt mehr oder weniger gute Fälschungen waren bzw. von namhaften Geigenmachern im guten Glauben repariert worden sind, sodass ich sehr kritisch bin. Sollte das mal eine echte alte sein, dann wäre das wirklich mal etwas außergewöhnliches.