Werteinschätzung dieser Geige gewünscht

  • Hallo!


    ich möchte diese Geige aus meiner Sammlung gerne hier im forum zum Kauf anbieten, und bitte deshalb um eine Werteinschätzung.

    im Inner ist ein alter Zettel mit Aufschrift Emmanuelle Bausch Firenze, Jaheszahl zu schwach um lesbar zu sein...(nur zur Ergänzung, nicht weil ich daran glaube ;))

  • es gab wirklich mal einen Bausch, der in Italien so irgendwann im 19.Jh. sein Glück versuchte. Das wird er durchaus gewesen sein, doch auch der wurde zig mal in seiner alten Heimat, Sachsen, gefälscht.
    Mir wurde so eine sogar mal mit einem echten Zertifikat aus dem Dorotheum, Schätzwert 4000€, für 500€ angeboten (warum wohl?). Sie sah dennoch nicht überzeugend aus, ähnlich wie diese.
    Breitjährige Decke, uninteressante Schnecke, Boden so la la.
    Anzumerken bleibt, dass eine Schätzung in natura durch eine via Bilder niemals ersetzt wird.

  • Ja, diesen Bausch gab es wirklich!


    Für eine "so la la" Geige kklingt sie aber "oh la la".
    Voll, kräftig (ohne laut oder aufdringlich zu sein) mit einem feinen Timbre ist sie klanglich eine positive Überraschung!
    Dabei sind "nur" Tonica Saiten drauf, da kann vielleicht noch mehr rausholen...


    freundliche Grüße


    Vanille123

  • Optisch ist sie jetzt nicht sonderlich auffällig, vor allem die Decke sieht eher nach "Manufaktur" aus... aber wie ich bereits an anderer Stelle schrieb, ist eine breitjaehrige Decke kein Problem, wenn sie entsprechend verarbeitet ist (die klanglich sehr gute Haselfichte z.B. ist manchmal extrem breitjährig...). Den Boden finde ich gar nicht mal so schlecht-klar ist das Holz nicht extrem geflammt, aber insgesamt ist er sauber gearbeitet worden. Bei dieser Geige ist meiner Meinung nach der Klang den Wert bestimmend (wie ich schon bei Deiner anderen Geige schrieb, bauen inzwischen auch die Chinesen fantastisch aussehende Instrumente). An dieser Stelle ist das mit dem Internetverkauf nicht ganz so einfach: Fuer die meisten Leute entscheidet der erste optische Eindruck, ob sie sich weiter mit dem Instrument befassen und es überhaupt probespielen wollen. Das Angebot ist riesig, und bisher habe ich noch nie in einer Anzeige gelesen, dass eine Geige schlecht oder nur durchschnittllich klingt. Daher ist das Internet voll mit "fantastisch klingenden" Geigen, und eine Entscheidung nach Optik (als erstes Auswahlverfahren) durchaus gerechtfertigt. Daher wird die Annoncierung und der Verkauf eines solchen Instrumentes nicht einfach.

  • Ja, es ist schon erstaunlich, wie sehr wir Menschen immer nach der Optik gehen - das ist ja nicht nur beim Geigenkauf so ;)
    Ich habe es mit dem Verkauf auch nicht eilig, werde auch an den Musikschulen mein Angebot mit fotos aushängen, wenn dann einmal jemand zum Probespielen kommt, dürfte der Verkauf kein Problem mehr sein...


    freundliche Grüsse


    Vanille123

  • Du triffst den Nagel auf dem Kopf!
    Wer um alles in der Welt sagt, dass fünf A Riegelahorn besser klingt als einfaches ungeflammtes?
    Warum muss breitjährige Fichte IMMER schlechter sein als engjährige oder gar feine Haselfichte??
    Dennoch: versuch mal eine einfache Hopf ohne Schnickschnack zum Preis einer Stradivari anzubieten, obwohl diese in diesem Fall tausendmal besser klingen mag als das Edelteil aus Cremona!

  • Der "Mythos Streichinstrument" hat eben mehrere Seiten. Einerseits sind es die Instrumente als "Kunstwerke", wo dann die Signatur entscheidend ist. Egal (..fast!) wie die Geige klingt. Wie bei einem Bild: es kann noch so hässlich sein, wenn "Picasso" druntersteht (und die Unterschrift echt ist) ist es was wert.


    Die zweite Seite ist: es gibt ein "Markenbewusstsein", "man gönnt sich ja sonst nichts" usw.- und da muss es eben ein "Meisterinstrument" sein. Da entsteht dann schnell der Myhos "nur Meisterinstrumente klingen gut", einfach um den Wunsch nach einem Meisterinstrument zu rechtfertigen. Dann wird zu dem Instrument "mit Zettel" gegriffen, auch wenn die Manufakturgeige daneben wesentlich besser klingt (im Hinterkopf schwebt auch der Gedanke der Wertanlage mit).


    Wenn man aber nun den Unterschied nicht hört, oder wie im Falle des Onlinehandels nicht hören kann, und gleichzeitig Tausender schöner Geigen umherschweben geht man natürlich "nach Optik". Der Gedanke, dass höherwertiges Holz auch sorgfältiger bearbeitet wurde (und daher die Gesamtqualität und auch der Klang der Geige besser ist) ist ja auch nicht ganz weit hergeholt. Und: es gibt einfach auch genug Geigen, die beides haben: ein fantastisches Aussehen und einen guten Klang. Da die meisten Leute auch eine Geige "für's Leben" oder zumindest für eine ganze Weile suchen, soll natürlich auch die Optik stimmen.


    Daher werden weniger ansprechende Instrumente gar nicht erst getestet, sondern schon vorher "aussortiert".

  • natürlich wird ein Sammler, der nicht Geige spielen kann, IMMER nach der Optik und dem Zettel , noch besser Zertifikat gehen...


    (Ich bin dagegen so spinnert und suche nach dem "schönsten klang" )


    die "Materne-Geige" aus dem Antiquitätengeschäft ist z.Bsp. optisch nicht umbedingt mein Fall, klanglich aber durchaus, !


    Ich bin voll und ganz davon überzeugt, dass es viele Geigen gibt, die es klanglich mit einer Stradivari aufnehmen können,nur kommen die halt erst gar nicht so weit, dass sie gegen eine Stradivari antreten können, da sie vielleicht optisch weniger ansprechend sind und deshalb schon gar nicht das Kaufinteresse eines guten Geigers/einer guten Geigerin wecken, denn auch diese wählen ganz instinktiv das optisch Schönere vor dem klanglich Besseren... ;)


    Ein gutes Beispeil ist da auch meine Gallhofer, die ja nun wirklich etwas "derb" daherkommt, klanglich aber ganz viel hergibt!


    Auch hier im Forum können wir ja auch nur die Optik beurteilen, weshalb sicher schon so manche(r) über das Werturteil seine(r) Geige enttäuscht war, da sie eben (subjektiv gesehen- besser gehört) höher eingeschätzt wurde, was ja durchaus seine Berechtigung hat, von uns aber nicht beurteilt werden kann.


    Es ist gut, dass darauf immer wieder hingewiesen wird...


    freundliche Grüsse





    :

  • Klar, es gibt eben auch immer das "gewisse Etwas", was eine Geige für dessen Besitzer zu etwas ganz Besonderem werden läßt. Da sind es dann Nuancen im Klang, die einen persönlich ansprechen, ein bestimmter Lack, oder manchmal auch etwas, was man gar nicht bestimmen kann und schon ist es DIE Geige.


    Ich selber hatte mich mal in eine billige Böhmengeige "verguckt". Ein Instrument einfachster Bauart, aber der Lack...! Der Boden war in der Mitte nur "klar lackiert", darunter schimmerte das Holz weisslich-hell, zu den Rändern hin nachlässig im üblichen Rot (aber ohne Gelbstich!) gewischt, und die Ränder waren sehr grobstrichig geschwärzt. Alles lieblos, billig und "schnell"- aber heraus kam ein ein Eindruck "a trois crayons"- das Instrument wirkte wie einem expressionistischen Gemälde entsprungen, und hatte etwas Einzigartiges...