Zierliche alte Geige — Einschätzung

  • Hallo retour,


    ja, ich meinte eigentlich das Einhängseil, nicht den Saitenhalter, hab ich ein bisschen unklar formuliert. Diese Einhängseile wurden um die Zeit der Jahrhundertwende meines Wissens gerne genommen, bei neueren Instrumenten nach dem 2. WK wär mir sowas nicht mehr untergekommen...


    Die f-Löcher schauen für mich auf den Fotos recht schön und schwungvoll und auch groß aus, ja. Viellleicht fallen sie durch ihre Größe einfach auch mehr ins Auge ;)


    Das mit der Decke, das hab ich dann glaub ich missverstanden. Ich habe gedacht du hast die Deckendicken nachgemessen und festgestellt dass es eine sehr dünne Decke ist. Wenn nur die Ränder dünn auslaufen kann das auch vielleicht von mehrmaligem Auf- und Zumachen der Decke und deren Trennung von der Zarge herrühren..? D.h. dass ja da jedes Mal doch Material verloren geht, evtl. abgetragen wird und deswegen dann die Decke dünner aussieht. Bei manchen Violinen muss ja dann auch bei der Zarge aufgedoppelt werden... nur so eine Idee. Vielleicht hat der Geigenbauer auch nur etwas viel bei der Decke weggehobelt und dann alles dünner gemacht, und das dann als seine Eigenkreation verkauft... ;)


    Schönes Wochenende,
    pharus

  • Hi Pharus,


    dass sie mal geöffnet wurde ist möglich, sogar wahrscheinlich, wenn man
    die Reparaturen an den Zargen und am Halsansatz sieht, womöglich hat sie
    sogar einen ganz neuen Halsansatz bekommen, hier sind Ausgleichshölzer
    verbaut, wie ich bei entferntem Hals sehen konnte.


    Allerdings hat auch eine andere meiner Geigen diese dünnen Ränder,
    die wurde als Wiener "Stadelmann" Geige eingeschätzt, um 1800.


    Grüße
    Fiddler

  • Ist eigentlich die Dicke (oder Dünne?) der Decke bei der Stadlmann verlaufend auslaufend zum Ende hin oder abrupt? Und wie verhält sich dies mit der hier vorgestellten anonymen Violine?


    Wäre eine interessante Frage... Die Stadlmann soll ja insgesamt eine eher dünne Decke haben - ob er das generell gemacht hat bei Geigen weiß ich nicht. Ist das bei der hier gezeigten Geige ebenso der Fall oder ist sie nur bei den Rändern extrem dünn, die Deckendicke aber normal?


    pharus

  • Zitat

    Original von pharus
    Ist eigentlich die Dicke (oder Dünne?) der Decke bei der Stadlmann verlaufend auslaufend zum Ende hin oder abrupt? Und wie verhält sich dies mit der hier vorgestellten anonymen Violine?


    Wäre eine interessante Frage... Die Stadlmann soll ja insgesamt eine eher dünne Decke haben - ob er das generell gemacht hat bei Geigen weiß ich nicht. Ist das bei der hier gezeigten Geige ebenso der Fall oder ist sie nur bei den Rändern extrem dünn, die Deckendicke aber normal?


    pharus


    Ein Meßgerät habe ich nicht. Hier liegen die 3 Geigen vor mir, ich kann die
    Deckenstärke nur im Bereich der F-Löcher abmessen.


    - neue Geige (einfaches Strad-Modell)
    F-loch mitte (am Baßbalken) ca. 3,7 mm, außen ca. 2,8 mm, Ränder (Decke) 4 mm
    - Stadelmann
    F-loch mitte (am Baßbalken) ca. 2,2 mm, außen ca. 2,1 mm, Ränder (Decke) 2,1 mm
    - unbekannte Geige
    F-loch mitte (am Baßbalken) ca. 3,2 mm, außen ca. 2,8 mm, Ränder (Decke) 2,0-3,0 mm


    Die Stadelmann hat eine extrem feinjährige Decke (teilweise 0,5mm !!), sowas habe
    ich sonst noch nie gesehen.

  • Zitat

    Original von BellaVita
    Wenn Interesse an einem Verkauf besteht, möchte ich mein Kaufinteresse bekunden. zion1730@gmx.de


    Danke für das Angebot.
    Evtl. verkaufe ich eine der Geigen. Es besteht aber keine Eile, auf jeden Fall
    gehe ich vorher noch zu einem Geigenbauer, um weitere Infos zu erhalten.
    (Aber noch nicht in den nächsten Wochen)
    Im Falle eines Verkauf würde ich mich gerne wieder melden!

  • Interessant, dass die Stadlmann so eine dünne Decke hat. Bringt aber nicht nur Vorteile klanglich...
    Danke für die Mühe mit dem Abmessen... :)


    So extrem feinjährige Decken findet man gerne bei kalten Sommern über mehrere Jahre ("kleine Eiszeit"), so zB bei Strads um 1700-10 gibt es derart feinjähriges Holz. Eine dendrochronologische Untersuchung beschäftigt sich mit genau dieser Problematik...


    Wünsche einen schönen Abend... :)
    pharus

  • Stimmt .. an den Jahresringen müsste man das Alter des verwendeten
    Holzes feststellen können. Vor allem eine Stelle mit 13 Jahresringen in nur 5 mm Holz ist ziemlich auffällig ... vielleicht finde ich da was drüber.


    Dass eine dünne Decke nicht optimal ist für den Klang ist klar. Die Geige
    klingt in etwa so wie ein Strad-Modell mit Dämpfer.


    Meinen Großvater hat das nicht gestört, er hat damit in Kaffeehäusern Geld
    verdient (30er Jahre) und bis in die 80er damit im Orchester gespielt.