Neue Geige - eine Steigerung?

  • Hallo liebe Forenmitglieder,


    während meiner Recherche, rund um das Thema Geige, bin ich immer wieder auf dieses Forum gestoßen. Weil hier die Antworten durchgehend nett und kompetent ausfallen, möchte ich mich mit meiner Frage an euch wenden.


    Ich habe kürzlich eine alte China-Geige auf meinem Dachboden gefunden, die ich vor etlichen Jahren mal für 99 DM kaufte, und mich spontan dazu entschlossen, ein bisschen zu üben und zu lernen, rein hobbymäßig.
    Ich habe zunächst versucht meine Ramsch-Geige etwas "aufzubereiten". Ich habe die Wirbel gang- bzw. haltbar gemacht (sie sprangen natürlich immer raus), den Steg neu ausgerichtet, neue Saiten aufgezogen usw. So lässt sich die Geige mittlerweile gut stimmen. Sie hält die Stimmung auch geradezu vorbildlich (hätte ich nie für möglich gehalten ; ) und man kann gerade Töne produzieren, aber, aber, aber... Nachdem ich einige Tage mit einem Dämpfer geübt hatte, diesen dann abnahm und ich den natürlichen Klang der Geige im Kontext zu dem Dämpferklang hörte, überkam mich das Grausen.
    Der Klang ist dünn, hohl und metallisch (liegt sicher auch an den neuen Saiten, die alten waren 14 Jahre alt und dementsprechend ausgeleiert).
    Kurz gesagt, ohne den Gummidämpfer, der den Ton tiefer bzw. dumpfer macht, ist dieser kreissägenartige Klang kaum zu ertragen, weshalb ich mir gern eine andere Geige zulegen würde. Ich bin aber leider ein typischer Fall von "kann mir auf Dauer kein Leihinstrument leisten". Für mich heißt es sozusagen, friss oder stirb.


    Bei meiner Suche nach Angeboten, die für mich bezahlbar sind, bin ich natürlich auf die Seite von Musikinstrumente Steinbach gestoßen und habe dort ein Set ins Auge gefasst.
    Die Frage die sich mir konkret stellt, ist die, ob eine solche Geige für mich überhaupt eine Verbesserung darstellen würde oder ob ich am Ende mit einem ähnlich schrillen Instrument dastehen könnte, wie ich es jetzt habe.


    Geige-Violine/Steinbach-4-4-Geige-im-SET-Ebenholzgarnitur-angeflammter-Boden



    Alternativ gibt es noch dieses Set hier, für etwas mehr Geld. Hier kann ich wiederum nicht einschätzen, ob es Sinn macht, 70 Euro mehr zu investieren, oder ob es sich bei der Geige nicht um dasselbe Instrument wie im obigen Set handelt, nur mit anderen Saiten? Ist vielleicht eine dumme Frage, aber es mag ja sein, das solche Gepflogenheiten üblich und Insidern bekannt sind.


    Geige-Violine/Steinbach-4-4-Geige-im-SET-Ebenholzgarnitur-angeflammter-Boden-THOMASTIK-DOMINANT-SAITEN



    Ich hatte mir auch noch andere Angebote angesehen, zum Beispiel eine 200 Euro Geige von Gewa und ähnliche, dort hat mir jedoch nicht gefallen, dass sie Saitenhalter aus Metall oder Kinnstützen aus Plastik hatten. Holz würde mir rein vom Gefühl her eher zusagen, ohne genau zu wissen, wie sich zum Beispiel ein Saitenhalter aus Metall auf den Klang auswirkt.


    Mir ist völlig klar, dass keines von beiden Angeboten der Renner sein wird, aber ich möchte ja auch nur etwas, worauf ich erst mal ohne Gehörschutz üben kann, also eine Geige, die auch wie eine Geige klingt, bevor meine Begeisterung gänzlich flöten vergeht.


    Vielleicht hat hier schon jemand Erfahrungen mit diesen oder vergleichbaren Instrumenten gemacht? Bis auf die Kundenbewertungen auf der Homepage des Shops, habe ich keine Informationen im Internet zu speziell diesen Geigen gefunden, sondern höchstens allgemeine Meinungsäußerungen, denen ich nicht wirklich etwas entnehmen konnte.



    Für einen Rat wäre ich sehr dankbar!

  • Wie lange hast denn insgesamt ohne Dämpfer gespielt? Wenn ich eine gewisse Zeit lang viel mit Dämpfer gespielt habe, klingt auch meine Geige dünn, hohl und metallisch. Aber sie berappelt sich nach ein, zwei Spielstunden, sodass der Klang wieder so voll, satt und warm wird, wie ich es gewohnt bin. Auch die lange Liegezeit kann dazu geführt haben, dass diese Geige durch intensives Einspielen erst wieder "wachgeküsst" muss.


    Von daher würde ich Dir - gerade wenn Dein Budget knapp ist - empfehlen, sie erst mal trotz des scheußlichen Klangs ein bisschen zu spielen. Wenn Du Glück hast verändert sich der Klang dadurch wieder zum Besseren. Nach vierzehn Jahren Liegen würde ich der Geige fünf, eher sogar zehn Stunden Wiedereinspielzeit, zugestehen, ehe ich über ihren Klang urteilen würde. Wenn sich das als vergebliche Liebesmühe erweist, kannst Du immer noch eine neue Geige bestellen. Die laufen ja nicht weg.

  • Für meinen Geschmack sind 10 Stunden noch viel zu niedrig gegriffen, wenn es um Wiedereinspielzeit nach 14 Jahren geht. Preis und Herkunft der Geige lassen jedoch nicht erwarten, dass es ein Spitzeninstrument wird, egal wie lange man es spielt.


    Mr.Aranton hat aber recht, was den Klang nach spielen mit Dämpfer angeht, zusätzlich ist noch ein starker Gewöhnungseffekt vorhanden, man stört sich oft an einem normalen Geigenklang, nachdem man lange mit Dämpfer gespielt hat.


    Die andere Frage ist für meinen Geschmack auch, ob Sie 14 Jahre Spielpause hatten, falls ja würde ich auch die Technik als Grund für einen spitzen Klang miteinbeziehen. Zu guter letzt kann das Ganze auch noch am Bogen liegen. Der Einfluss des Bogens auf den Klang ist keines Falls zu vernachlässigen.


    Mein Tipp wäre, zu einem Geigenbauer zu fahren und ihn zu bitten, ihre Geige mit einer günstigen der seinen vergleichen zu dürfen und zusätzlich einen anderen Bogen auf Ihrer Geige auszuprobieren. Alternativ können Sie natürlich auch in Ihrem Bekanntenkreis fragen, falls dort Spieler vorhanden sind.

  • Vielen Dank für eure Rückmeldungen!


    Ich muss gestehen, ich habe erst im Nachhinein gesehen, dass dieses Forum an einen InternetShop angeschlossen ist (keine Ahnung, wie mir das entgehen konnte).
    Meine verlinkten Angebote sind natürlich rein exemplarisch, stellvertretend für alle Modelle dieser Art bzw. Preisklasse, die hier und dort ihr Unwesen treiben ; )


    Dass das mit dem Klang täuschen könnte, kam mir auch in den Sinn, deshalb habe ich in der letzten Woche den Dämpfer immer mal wieder runter genommen und ausprobiert und ausgehorcht, ob ich mir den unangenehmen Ton nur einbilde.
    Beschwören kann ich natürlich nichts, dazu fehlt mir das Know-How, aber ich tendiere auch eher dazu, dass das Problem in der Verarbeitung der Geige liegt. Ich kenne dasselbe Problem von den Discouter-Konzertgitarren (da bin ich etwas versierter). Bei denen hat der Korpus auch nur einen reinen "Verstärkereffekt", er formt den Ton nicht. Nur dass besagte Gitarren dann eben nach Plastik klingen.
    Gespielt wurde die Geige nun seit 3-4 Wochen, mindestens 30 Min. pro Tag. Die Saiten habe ich vor etwa zwei Wochen gewechselt.
    Das meine mangelhaften Fertigkeiten das ihre zu dem Klang beitragen, möchte ich nicht abstreiten. Aber mein gesunder Hörverstand bleibt skeptisch und sagt mir, dass so kein halbwegs gesundes Instrument klingen sollte. Es sei denn, es handelt sich um ein Kinderspielzeug.


    Ich werde mir eure Tipps dennoch zu Herzen nehmen, noch etwas weiter testen, den Dämpfer einfach mal weglassen und Vergleiche mit anderen Instrumenten anstellen. Man weiß ja nie, vielleicht liegt es wirklich an mir, irgendwie habe ich die Geige ja auch ins Herz geschlossen.



    Das vom Admin vorgeschlagene Set, das Erste, macht mich allerdings neugierig (ich will meinen faux pas gerne wieder wett machen) Ich gebe zu, dass es rein vom optischen Eindruck wesentlich seriöser auf mich wirkt, als meine Vorschläge.
    Falls die Frage hier erlaubt ist, würde mich interessieren, worauf man sich bei diesem Instrument einlässt. Was positiv hervorzuheben wäre und wo man Abstriche machen muss.
    Ich habe eine Ahnung davon, was man für eine Qualität bekommt, wenn man sich ein Instrument für 50 Euro kauft und kann mir denken, wie es sich bei 500 Euro oder noch höheren Beträgen verhält. Aber, ich kann mir nichts unter einer Geige oder einem Set von 150 (+/- 20) Euro vorstellen.

  • Altair,


    wenn man vierzehn Jahre Inflation berücksichtigt, hast Du für Deine jetzige Geige nach heutigen Preisen nicht 50 € sondern ungefähr 80 € ausgegeben. Von daher würde ich von einer Geige für 125 € keine wirklich epochale Verbesserung erwarten. Schon gar nicht, wenn die Spieltechnik noch sehr ausbaufähig ist. Wie wäre es damit, eine Weile zu sparen, bis Du für eine neue Geige drei bis vierhundert Euro flüssig machen kannst? Wenn dieser Mehrbetrag nicht allein ins Zubehör (als das Etui oder die Schulterstütze) fließt, sollte das dann doch eine sehr viel deutlichere Verbesserung darstellen.


    MrAranton

  • Alternativ kann auch eine klangliche Einrichtung weiterhelfen. Alleine der Steg bietet häufig großes Verbesserungspotential. Vielleicht kann man mit der Stimmstockposition auch noch Verbesserungen erziehlen. Ein neuer Steg und die Suche nach einer neuen Stimmstockposition würde bei einem Geigenbauer in der Regel unter 100€ kosten.


    Ich erwarte , wenn ich Ihre Beschreibung höre, nicht, dass dort eine Konzertgeige schlummert, die darauf wartet geweckt zu werden. Ich vermute diese aber auch nicht bei anderen Instrumenten in der von Ihnen benannten Preisklasse, daher sollten Sie meiner Meinung nach zumindest über diese Alternative nachdenken.


    Außerdem bleibe ich dabei, dass der Bogen als Ursache mit einbezogen werden muss.


    Eine bessere Aussage darüber, ob der Klang normal ist und worin er besonders begrenzt ist kann ich so nicht treffen, ich denke auch sonst niemand.

  • Vielen Dank euch beiden für das erneute Feedback!


    Ich habe heute noch mal ein bisschen mit der Geige herum probiert. Es stimmt, das nach längerem spielen der Klang ohne Dämpfer etwas besser wird. Überzeugen tut er mich allerdings immer noch nicht.
    Klar, dass niemand eine Aussage über den Klang treffen kann, der ihn nicht gehört hat. Ich wollte eigentlich auch nur wissen, ob es sich lohnen könnte, diese Discountergeige gegen ein neueres Modell einzutauschen oder ob das vergebene Liebesmüh wäre. Zumal die Geige nun so lange auf dem Dachboden gelegen hat und extremen Temperaturen ausgesetzt war. Die E Saite hat während all der Jahre gefehlt. Ich weiß nicht, ob die Geige sich dadurch verzogen haben könnte.


    Die Geige hat damals einen Aubert Steg bekommen, da der ursprüngliche Steg beim Kauf schon fehlte. Ich denke, der Steg an sich sollte in Ordnung sein, sofern ihm die Jahre nicht geschadet haben. Ich habe aber tatsächlich den Eindruck, dass der Stimmstock nicht optimal steht. Zumindest wenn ich mich an dem Wissen orientiere, dass ich mir angelesen habe. Nachdem ich den Steg nach den Kerben der f-Löcher ausgerichtet habe, scheint mir der Abstand zum Stimmstock zu groß.


    Der ursprüngliche Bogen der Geige war (glaube ich), nicht ganz verkehrt, das Haar hat eine glattere und dichtere Struktur, als der des Bogens, den ich jetzt habe. Leider ist er völlig überspannt, deshalb habe ich ihn ausgetauscht.
    Ich gehe davon aus, dass mein jetziger Bogen (auch ein Billigmodell, weil ich mir dachte, dass ich mich geigentechnisch in absehbarer Zeit eh komplett neu ausstatten würde), nicht empfehlenswert ist. Er ist sehr uneben und es waren kleine Verklumpungen darin (keine Ahnung woher), die ich erst mal raus fitzeln musste.
    Ich habe auch den Eindruck, dass nicht genug Spannung drauf ist, wenn ich ihn ordnungsgemäß spanne, also so, dass ein Bleistift hindurch passt.


    Und das sind so die Probleme und Unsicherheiten, die sich geläppert und mich zu der Überlegung bewogen haben, ob es nicht ratsam wäre ein ganz neues Instrument auszuprobieren. Aber, wie gesagt, wenn sich die Geigen in der besagten Preisklasse sehr ähneln, halte auch ich es für sinnvoller noch etwas zu warten und zu sparen. Ist zwar schade aber die Vernunft muss siegen ; )

  • Hallo!


    Das sehe ich ähnlich wie MrAranton. Von dem "Mönnich"-Set (ebenso wie auch von den Steinbach-Sets) würde ich keine groß Verbesserung gegenüber Ihrer jetzigen Geige erwarten. Von dem "Armonia"-Set schon. Da gefällt mir auch der Koffer besser, und es ist ein Carbondix***-Bogen dabei. Den Bogen gibt es auch einzeln hier zu kaufen, ich finde ihn im Preis-Leistungs-Verhältnis wirklich unschlagbar. Holzbögen in dieser Preisklasse taugen meiner Erfahrung nach nicht viel.


    Zweitens haben natürlich auch die Saiten einen enormen Einfluss auf den Klang. Bei den Billiggeigen sind meistens Stahlsaiten drauf, und die klingen eben metallisch. Da würde ich Kuststoffsaiten empfehlen. Pirastro Tonica sind recht günstig, haltbar und für den Amateurgeiger klanglich absotut ausreichend. Alternativ Thomastik Dominant. (Gibt es auch beide hier im Shop)


    Den Stimmstock Ihrer jetzigen Geige kann man sicher für wenig Geld beim Geigenbauer begutachten und evtl. versetzen lassen. Bevor Sie allerdings noch in einen neuen Steg usw. in Ihre Billiggeige investieren, würde ich auch eher für eine bessere Geige sparen. Ein neuer Steg macht bei einer Geige dieser Preisklasse klanglich keine große Verbesserung. Solange der alte nicht krumm geworden ist oder gar Risse hat, tut er es noch.

  • Zitat

    Es stimmt, das nach längerem spielen der Klang ohne Dämpfer etwas besser wird. Überzeugen tut er mich allerdings immer noch nicht.


    Bis die Geige ihr klangliches Endstadium erreicht wirst Du noch eine ganze Weile ohne Dämpfer spielen müssen. Bis jetzt weißt Du nur, dass sich durch das Spielen etwas tut. Wie es am Ende klingt, ist momentan vermutlich noch nicht abzusehen. Wenn Du ohnehin noch etwas sparen willst, um wirklich in eine höhere Preisklasse zu kommen, hast Du ja auch Zeit zu beobachten, wie sich der Klang weiter entwickelt.

    Zitat

    Ich habe auch den Eindruck, dass nicht genug Spannung drauf ist, wenn ich ihn ordnungsgemäß spanne, also so, dass ein Bleistift hindurch passt.


    Von solchen Richtwerten halte ich nicht viel. Die gelten nur, wenn die Bespannung die richtige Länge (worauf man sich bei Bögen dieser Preisklasse ganz ausdrücklich nicht verlassen kann!) hat und Temperatur und Luftfeuchtigkeit in einem bestimmten Rahmen liegen. Bogenhaare sind ein Naturstoff, der sich je nach Umweltbedigungen verändert. Konkret: Bei feuchtem Wetter werden die Haare länger und man muss den Bogen stärker spannen als bei trockenem Wetter um sinnvoll spielen zu können. Deshalb benutzen Geiger auch seit Jahrhunderten keine Steckfrösche mit fester Höhe mehr sondern Schraubmechanismen, mit denen man die Spannung regulieren kann.


    Wenn ich bei feuchtem, schwülen Wetter wie jetzt mit meiner elektrischen Zweitgeige und dem dazugehörigen Bogen spiele, muss ich, weil dessen Haare mindestens zwei Zentimeter zu lang sind und die Stange sehr weich ist, den Bogen so spannen, dass nicht nur ein Bleistift sondern ein ganzes Schreibset durch passt. Würde ich mich an den Bleistift-Richtwert halten, würde die sich Stange dieses Bogens spätens ab mezzoforte so durchbiegen, dass sie die Bespannung zur Seite schiebt und die Saiten berührt, auch wenn ich gar nicht col legno spielen will...
    Insofern: Wenn Du den Eindruck hast, dass die Spannung zum Spielen nicht reicht, spanne ihn stärker an, auch wenn dann mehr als ein Bleistift zwischen Stange und Bezug passt. Der Abstand zwischen Spannung ist nicht so wichtig wie der auf die Haare ausgeübte Zug. Der muss passen und dafür kriegt man irgendwann ein Gefühl.