Jakob Kliment in Brünn 1875

  • "Ob nun Böhmen oder Maehren spielt fuer die Preisgestaltung kaum eine Rolle, da in beiden Regionen viel Massenware produziert wurde, welche den Ruf ruinierte."


    Massenware aus Mähren kenne ich nicht aus dem 19. Jahrhundert!!!


    Kennen Sie eine Manufaktur in Brünn vor 1903??


    Gab es aber in Brünn eine Manufaktur?
    • Ja es gab die „Firma Josef Lídl, die ab 1903 Trompeten, Streichinstrumente, Harmonikas und vor allem Waldhörner herstellte, die diese Marke weltbekannt machen sollten.“ (1., S 21)



    Quelle:
    Zielmarktanalyse
    Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer / AHK Services s.r.o.
    2012

  • Zitat

    Kennen Sie eine Manufaktur in Brünn vor 1903??


    Ich verkaufte mal -es war schon Jahre her- auf Ebay eine Manufakturgeige von A Lutz und Comp. Bei meinen Internetrecherchen fand ich einen OCR Scan eines Eintrages einer Fabrik A Lutz & Comp. ins Handelsregister von Brünn so um 1860. Leider finde ich diesen Link nicht mehr.
    Anton Lutz und die Sippschaft von Ignaz Sander hatten diese Manufaktur gegründet. Am Kiel war stilvoll die Zahl 73 eingeritzt (irrtümlich las ich das damals als "Ertl" [ein damals berühmter Geigenmacher in Pressburg / Bratislava]). Wird wohl 1873 bedeuten??

  • Die Manufaktur Anton Lutz and Company war primär in Wien ansässig und hatte nach


    http://www.dmk-oeu.uni-bonn.de…1_Register/IBReg_BBd1.pdf


    auch in „Brno“ ihren Geschäftssitz:
    Anton Lutz and Company <Geigen-baufirma, Wien/Brno> 67“


    Die Schreibweise Brno verweist auf die Zeit nach der Donaumonarchie, also nach dem 1. Weltkrieg!


    Die Diskussion unter
    Wer kennt Geigenbauer Antonini Galla
    zeigte bereits auf, dass Mähren gute Geigenbauer hatte und eben nicht einfach "böhmische Manufaktur" ist!


    Nach Lütgendorff (1) gibt es zwei Nachfolger der Werkstatt von Jakob Kliment in der Schwertgasse 6: Ignaz Beer (der die Werkstatt vor 1900 übernommen haben muss gem. den Angaben über den Schüler Franz Travniczek) und Karl Goll, der nach Lütgendorff erst 1903 nach Brümm kam und die Werkstatt dann übernommen hat. Beide Nachfolger zeichneten sich nicht mehr mit "k.u.k. mit Doppeladler", sondern mit „Musik-Instrumenten-Erzeugung“ - was auf Manufaktur hindeutet - und trotzdem ging aus der Werkstatt Ignaz Beer der Franz Travniczek hervor, dessen „Arbeit sowohl im Neubau wie in der Wiederherstellung“ schon zu Lebzeiten sehr gelobt wurde. „1907 und 1908 erhielt er in Wien und in Paris Ausstellungspreise.“


    Nach meiner Ansicht kann eine Violine von "Jakob Kliment 1875" keine Manufakturware sein!


    1.
    http://archive.org/stream/dieg…eigenundlaut02lt_djvu.txt
    Full text of "Die Geigen und Lautenmacher vom Mittelalter bis zur Gegenwart"
    Lütgendorff
    DRUCK DER SPAMERSCHEN BUCHDRUCKEREI IN LEIPZIG
    COPYRIGHT 1921 BY FRANKFURTER VERLAGS-ANSTALT A.-G. IN FRANKFURT A.M.

  • 1. niemand bezweifelt, dass es gute Geigenmacher auch in Böhmen bzw. den habsburg. Ländern unter der Wenzelskrone gab (Uhlmann, Heinicke, die Hannabachs [die heute sehr gute Gitarren in D fertigen] etc.), aber nur wenige Namen schafften es aus Gründen welche auch immer zu etwas dauerhafterer Berühmtheit (wie z.B. Heinicke ).
    2. viele in Wien ansässige Firmen von angesiedelter Vogtländer produzierten nach wie vor in ihrer angestammten Heimat v.a wegen der Infrastruktur und billiger Arbeitslöhne, wie die Placht, Ignaz Lutz Vater, und Anton Lutz und dessen Söhne (übrigens wurde die Fa. eben nach A. Lutz Tod in Gebrüder Lutz umbenannt). Warum die dann ausgerechnet in Brünn, und nicht was logischer gewesen wäre, in Prag nur so eine Dependance unterhielten, wäre mir schleierhaft. Die Placht unterhielten Handelsfirmen in Prag, Budapest und sogar in New York.

  • Brünn „Vorort Wiens“ und man könnte sagen "reicher Vorort Wiens nach dem 1. Weltkrieg".


    Diplomarbeit "Karl Norbert Mrasek in Brünn"


    "Seine Hochschuljahre verbrachte er in der Kaiserstadt Wien, die ja für den Brünner und die Deutschen Mährens im allgemeinen den großen kulturellen Mittelpunkt darstellte. Man hat Brünn oft einen „Vorort Wiens“ genannt und damit diese sehr enge Verbundenheit andeuten wollen."


    Die kulturelle Verbundenheit "Mährens" mit Wien resultierte aus dem hohen deutschen Bevölkerungsanteil (bis zum 2. Weltkrieg). Zudem war die Tschecheslowakische Republik nach dem ersten Weltkrieg wirtschaftlich sehr stark! Der Vielvölkerstaat umfasste bei einer Volkszählung 1921 3,1 Mio. Deutsche (23 %). Die neue Republik nahm aufgrund ihrer Wirtschaftskraft einen Aufschwung – ein starker Kontrast zur enormen Inflation in Deutschland und Österreich.