Feine französische Geige aus dem späten 18 Jhd.?

  • Hallo zusammen,


    ich habe aktuell von einem Geigenbauer in Frankreich eine franz. Geige aus dem späten 18 Jhd. für einen Test zur Verfügung gestellt bekommen.


    Die Daten: Geige nach französischer Schule, Herstellung in Mirecourt, circa 1770, von Jean-Baptiste Lemarquis.
    Der Lack ist braun auf gelbem Grund. Auf der Rückseite ist "Le Marquis de l'Air d'Oiseaux anno" sehr fein eingebrannt (nicht gestempelt wie bei vielen späteren Kopien!) und im Innern ist "LEMARQUIS" eingebrannt (auch kein Stempel!). Siehe Bilder.
    Der Ton ist ausgezeichnet: Tief, ausgeglichen, warm und mit sonoren Akzenten.
    (Der Riss auf der Decke beim Bassbalken würde ich von meinem lokalen Geigenbauer noch professionell patchen lassen - ist aber nicht Gegenstand dieser Anfrage.)
    Maße:
    Länge-Korpus: 36,5 cm
    Obere Breite-Korpus: 17 cm
    Untere Breite-Korpus: 20,5 cm
    Gesamtlänge: 59 cm
    Nach einer professionellen Reparatur soll der Wert bei 5000 EUR liegen.


    Mein Frage: Kann so eine Geige aus dem 18 Jhd. aussehen? Gibt es eindeutige Merkmale, dass es sich um eine echte oder unechte Lemarquis aus ca. 1770 handeln könnte?
    Diese Geige soll von Lemarquis vor der späteren Massenfertigung in Fabriken hergestellt worden sein.


    Vielen Dank schon jetzt für Eure Einschätzung.

  • Wir hatten eine ähnliche Diskussion gerade in einem anderen Thread...wie gut kann eine Geige nach 200 Jahren erhalten sein ;) theoretisch kann ein Instrument perfekt erhalten sein, wenn es kaum gespielt wurde, Vitrinenobjekt war und unter perfekten klimatischen Bedingungen "gelebt" hat. Desweiteren kann auch eine Restauration ein altes Instrument wieder "wie neu" aussehen lassen. Ich persönlich halte Ersteres für unwahrscheinlich (aber nicht ausgeschlossen) und bin daher immer etwas zu skeptisch. Mit französischen Geigen kenne ich mich nicht so aus, aber mein Bauchgefühl (wirklich reines Bauchgefühl-die "Altfranzosen die ich gesehen habe waren doch etwas anders, aber wie gesagt, ich bin da bei französischen Geigen unsicher) schätzt die Geige jünger, und diese Stempel wurden meines Wissens nach bis Ende 19. Jahrhundert in Mirecourt verwendet (vielleicht auch noch länger), und zwar von verschiedenen Werkstätten. Siehe auch http://www.luthiers-mirecourt.com/marques_generiques.htm


    Hier kann man mit Bildern auch noch mal direkt anfragen: http://www.luthiers-mirecourt.com/expertise.htm#assistance


    Wenn die Geige aber wie 5000 Euro klingt, und es vordergründig um ein Gebrauchsinstrument und nicht um eine Wertanlage geht, ist es ja nicht ganz so entscheidend, ob sie "echt" ist und wie alt sie wirklich ist. Wenn man die Worte des Stempels mal bei Google eingibt, erfährt man, was ähnlich gestempelte Geigen (wie gesagt, Klang kann man nach dem Foto nicht beurteilen) bei diversen Auktionshäusern gebracht haben. Das war von 5000 Euro doch ein Stück entfernt. Wenn es also um eine Wertanlage geht, würde ich kein Instrument ohne mindestens eine Expertise eines anerkannten Fachmannes kaufen, und zwar eines, der nicht am Verkauf beteiligt ist. ;)

  • mir selber sind schon mindestens zwei Lemarquis d'air d'Oseuax angeboten worden -eine sogar mir gravierter Inschrift (!!!). Die waren nicht mal so selten und sind m.W. nach aus dem 20.Jh. aus besagter Manufaktur.
    Für eine 200 Jahre alte Geige sieht die mir einfach zu gut aus. Es wäre zwar möglich, dass die in irgendeinem Fürstenschloss wohl temperiert in einr Vitrine gehaust hat, aber das ist in etwa so wahrscheinlich wie ein Lottogewinn.

  • Eine Geige als Wertanlage ist immer schwierig, wenn man keine sichere Expertise hat.



    Und bei einer Geige zum Spielen ist das Alter völlig unerheblich, alte Geigen machen
    eher mehr Probleme, wenn Sie nicht optimal restauriert sind.