Alte Geige mit den Initialen L und W + Monarchieadler

  • Hallo,
    ich habe eine alte Geige geerbt und möchte diese gerne nun Spielfertig machen, da ich vor einigen Wochen auch mit dem Geigenspiel angefangen habe.


    Die Geige hat im Innern die eingebrannten, oder mit dunkler Farbe eingedruckten Initialen L W mit einem abgebildeten Adler, der Änlichkeit mit dem Adler aus der Monarchiezeit aufweist.


    Ich habe zwei Fragen:
    1) Weiß jemand, wie alt die Geige sein könnte und von welchem Geigenbauer sie stammt und was die Geige wert sein könnte?


    2) Auf den ersten Blick sehe ich keinen Stimmstock. Kann es sein, dass dieser raus gefallen ist? Wenn ja, wie teuer wird es ungefähr, wenn man diesen wieder einsetzen lässt. Merkwürdig ist, dass ich im Innern, an der Stelle wo der Stimmstock sein sollte, auch keine Druckspuren sehe. Es scheint die Geige hat nie einen gehabt oder er ist heruas gefallen. Kann das sein?
    Auf der Geige wurde viel gespielt.
    Deshalb auch meine erste Frage, um die Rentabilität einer Reperatur zu prüfen.


    ich freue mich auf Eure Antwort und bedanke mich schon mal im voraus.

    • Offizieller Beitrag

    Die Geige ist eine in Anlehnung an das Stainer-Modell bzw. Widhalm - Modell gebautes Instrument. Es scheint, dass auch die Initialen auf Leopold Widhalm verweisen sollen. Eine echte Widhalm (Nürnberger Geigenbaumeister aus dem 17. Jhdt.) ist es meiner Meinung nach jedoch nicht.


    Das Instrument schein nach den Fotos solide gebaut zu sein und dürfte je nach Klangeigenschaften zwischen 700 und 1500 Euro Wert sein.


    Wenn eine Stimme ordnungsgemäß eingestetzt war hinterlässt sie auch kaum Druckspuren, diese kommen ja im Endeffekt einer Beschädigung der Decke bzw. des Boden gleich.


    Das Einsetzten einer Stimme dürfte um die 40-70 Euro kosten. Ansonsten bräuchte man noch einen vernünftigen Saitensatz wie z. B. Pirastro Tonica (erhällich: http://www.geige24.com/shop), der Kinnhalter müsste wieder montiert werden und die Wirbel müssten noch auf Funktionsfähigkeit geprüft werden.


    Zum selber spielen ein druchaus interessantes Instrument. Wahrscheinlich sächsisch/böhmischer Herkunft und um die 80 Jahre alt.

  • 100% Zustimmung! Noch zur Frage des Stimmstocks: Jede Geige muss einen haben, und er steht zwischen Boden und rechtem Stegfuß bzw. etwas vor diesem. Wenn die Saiten abgenommen werden, fällt die "Stimme" aber häufig um, klappert in der Geige und wird deswegen dann von Laien gerne durch die F-Löcher herausgeschüttelt und als wertloses Holzstäbchen ("Dübel") "entsorgt".
    MfG
    Rainer

  • Hallo,
    ich bedanke mich recht herzlich für die Antwort. Auf Widhalm oder einem Nachbau habe ich auch getippt. Es ist ein handgeschriebener Zettel im Geigenkasten beigefügt, mit dem Text: "Leopold Widhalm, 1740-1790, in Nürnberg". Wer diesen Zettel damals geschrieben hat und warum, weiß ich nicht.


    Aber durch Ihre Meinung ist es auf jeden Fall ein Versuch wert, die Geige wieder spielfertig zu machen. (Was ich auch moralisch als wertvoller ansehe, als eine China-Giege zu kaufen.)
    Eigentlich wollte ich dies selbst tun. Alle Teile sind vorhanden, auch neue Saiten, die zwar eingepackt sind, aber auch mindestens 80 Jahre alt sind. Weiß natürlich nicht, ob diese noch brauchbar sind.


    Mir fehlen zwei Dinge, um die Geige selbst spielfertig zu machen:
    1) Der Metall-Bügel(Klammer), womit der Saitenhalter am Korpus der Geige befestig wird. Der Saitenhalter aus Holz liegt mit drei Feinjustierungen bei. Gibt es diesen Bügel auch bei Geige24, oder muß ich einen komplett neuen Saitenhalter kaufen?


    2) Das Stimmholz: Hier vermute ich aber, dass kann nur ein Geigenbauer einsetzen, oder?

    • Offizieller Beitrag

    Ja, also die Saiten werden wahrscheinlich nicht mehr zu verwenden sein, da sie auch altern wenn sie nicht in Gebrauch sind.


    Hier empfehle ich z. B.:


    http://www.geige24.com/shop/ar…___Violinsaiten_Satz.html


    Die Befestigung für den Saitenhalter gibt es hier:


    http://www.geige24.com/shop/ar…ng_von_Saitenhaltern.html


    Stimmstockholz und einen Stimmsetzer haben wir auch:


    http://www.geige24.com/shop/ar…ine___Laenge_ca_40cm.html


    http://www.geige24.com/shop/ar…___Bratsche_Standard.html


    Allerdings erfordert das Anpassen und Setzten einer Stimme einges an Erfahrung. Und bei unsachgemäßem Einbau kann die Geige auch beschädigt werden.


    Daher empfiehlt es sich, dies lieber den Geigenbauer machen zu lassen.


    Sollte man es aber dennoch selber wagen, dann wäre vorher die Lektüre zum Thema hier in diesem Buch empfehlenswert:


    http://www.geige24.com/shop/ar…9_95___statt_99_80__.html

  • Ich bedanke mich für die lehrreichen Informationen. Ich habe nun die Geige in Graz bei einem Geigenbaumeister reparieren lassen, nachdem ein bekannter Geigenbaumeister in München mir die Geige abkaufen wollte.



    Ich habe nun die Geige von einem Geigenbaumeister spielfertig reparieren lassen. Nachdem mir ein bekannter Geigenbauer in München für die Geige 1000 EUR geboten hat und ein zweiter bekannter Geigenbaumeister in Graz eine Reperatur als sinnvoll erachtete. Laut dem Grazer Geigenbauer klingt sie jetzt schon hervorragend und hat erst ein Bruchteil erreicht, was mit ihr möglich ist. Mein Geigenlehrer, der übrigens eine echte zertifizierte Widhalm-Geige besitzt, spielte seine und meine Geige zum Vergleich und ist auch vom Klang angetan. Eventuell muß der Stimmstock nach einigen Monaten noch etwas versetzt werden.
    Ich muß sagen, es hat sich absolut rentiert. Sie klingt sehr gut. Anbei die Bilder vom aktuellen Zustand. Vielleicht interessant für nachfolgende ähnliche Fragen, hier in diesem Forum - und zum Mut machen. Ich habe nun für 430 EUR Reperaturkosten eine Geige, die sicherlich mehr wert ist.

  • Zitat

    Original von Bauckmann
    Laut dem Grazer Geigenbauer klingt sie jetzt schon hervorragend und hat erst ein Bruchteil erreicht, was mit ihr möglich ist.


    Die alte Mähr, dass man aus einer mittelmäßigen Geige durch spielen
    eine ganz herausragende Geige machen kann? Schön wärs.
    Eine gute Geige klingt von Anfang an gut. Der Klang glättet sich evtl.
    noch ein bisschen.


    Andererseits erzählt dir der Geigenbauer, dass man die Saiten auch immer
    wieder wechseln soll, weil sie im Lauf der Zeit schlechter klingen.


    Das ist alles objektiv schwer zu beurteilen und eher "Gefühlssache". Ich
    freu mich jedenfalls für dich, dass die schöne Geige gut klingt und wünsche
    dir, dass ihr gut zusammenwächst und viel Spaß mit ihr!