Geigenumbau

  • Da seit einem halben Jahr niemand antwortet, will ich's mal tun.
    Ja, ich bin gerade dabei, dieses Rezept zum Umbau einer Billig-Geige in eine Hardanger-Fidel auszuprobieren. Das Aushöhlen des Halses und Griffbretts für den Resonanzsaiten-Kanal war in der Tat überhaupt kein Problem, auch der Steg war fürs erste einfach durch Ausschneiden einer zusätzlichen mittigen rechteckigen Öffnung in einem Standard-Violinsteg problemlos herzustellen. (Einen stilechten Hardanger-Steg kann ich später immer noch anfertigen.) Allerdings gefiel mir der Vorschlag von Dennis Havlena für den Wirbelkasten (Absägen des alten Wirbelkastens und Ersetzen durch einen einfachen Holzblock, in den 2 Mandolinmechaniken eingesetzt werden) aus ästhetischen Gründen nicht - ich habe den alten Wirbelkasten also durch Einsetzen eines etwa 7 cm langen Holzstückes verlängert, um Platz für die zusätzlichen 4 Wirbel zu bekommen. Vorteil dieser Methode ist nicht nur, dass das Instrument nun immer noch wie eine Geige aussieht, sondern auch, dass man, wenn man das Ganze noch gut 1 cm länger macht, auch noch eine fünfte Resonanzsaite unterbringen könnte. Ein Nachteil scheint mir zu sein, dass gerade die Resonanzsaiten mit traditionellen Wirbeln nur schwer zu stimmen sind. Eine Schraubmechanik dürfte da deutliche Vorteile haben. Und eine befriedigende Lösung, wie man 4 zusätzliche Feinstimmer am Saitenhalter anbringen kann, will mir nicht einfallen. Aber das ewige Stimmen scheint ja wohl zum Hardanger-Fideln dazuzugehören. It's called a Hardanger, because it's dang hard to get it tuned!

  • Es wäre schön, wenn Du einige Bilder von Deinem interessanten Umbau einstellen köntest. Hat er sich denn auch klanglich bewährt? Für welche Art von Musik, ist denn so eine Fidel am besten geeignet?
    MfG
    Rainer

  • Ja, das will ich gern tun, aber erst in ein paar Wochen. Ich habe nämlich eine ziemlich minderwertige China-Geige für den Umbau genommen und mich entschlossen, sie erst einmal mit einem besseren Lack zu versehen. Das hat sich als schwieriger erwiesen als gedacht, denn der vorhandene Lack (besser gesagt ein Lackpanzer, der jeglichen Klang, zu dem das Instrument vielleicht noch fähig wäre, erstickte) hat meinem bewährten Ätznatron als Abbeizmittel komplett widerstanden, und nun musste ich alles mit Zieheisen und Schleifpapier mühselig entfernen. Eigentlich zu viel Mühe für so ein Instrument, aber als Bastler rechnet man die Stunden ja nicht... Ich mache vielleicht mal ein paar Bilder von der "Rohfassung", in der sich das Ganze jetzt befindet. Wie das Ganze einmal klingen wird, ist auch für mich eine spannende Sache. Als ich die unlackierte Fidel neulich testweise zusammenbaute und besaitete, klang sie noch ziemlich unausgeglichen und roh (aber immerhin weit besser als mit dem vorigen Lackpanzer). Auch muss ich mir noch passendere Saiten besorgen - man muss Saiten mit geringer Stärke nehmen, wie ich gelesen habe, vor allem wohl für die Resonanzsaiten.
    Der Reiz der Hardanger-Fidel ist, dass sie durch die mitschwingenden Resonanzsaiten einen "singenden" Klang bekommt, der sich aber nur bei der besonderen Spielweise entfaltet, bei der stets 2 (oder bei einem speziellen, flachen Hardangersteg sogar 3) Saiten zusammen angestrichen werden, also meist der Grundton der jeweiligen Harmonie immer mitklingt. Das klappt bei der typischen norwegischen Hardanger-Volksmusik, aber auch z.B. bei amerikanischer u.a. Fiddlemusik sehr gut. Einige interessante Klangbeispiele findet man bei youtube (nach "Hardanger Fiddle" und "Hardingfele" suchen). Großartig finde ich z.B. das "Concerto No. 2 for Hardanger Fiddle" von Geirr Tveitt. Aber auch das, was der wilde Bastler Dennis Havlena auf seinem Eigen-Umbau spielt, klingt nicht schlecht (youtube, nach "Dennis Havlena" suchen).
    Beste Grüße
    Frank

  • Hier nun endlich die Fotos vom fertigen Umbau. Da ich die Verlängerung des Wirbelkastens aus dunklerem Holz gemacht habe (es ist ja nur ein Versuch, bei dem es auf Schönheit nicht ankommt), kann man die Verbindungsstellen gut erkennen. Als Resonanzsaiten habe ich einfache, billige Stahlsaiten genommen, die oberen Saiten sind Pirastro Wondertone. Ich bin mit dem klanglichen Ergebnis übrigens recht zufrieden. Das eher unangenehm "blecherne" im Klang dieser billigen Geige ist durch die Umlackierung schon deutlich besser geworden und wird durch die mitsirrenden/-singenden Resonanzsaiten weiter gemildert. Ohnehin kommt es bei der Hardingfele - so mein Eindruck - weniger auf einen vollen, runden, sondern mehr auf einen obertonreichen Klang an. Ein Hardanger-Umbau ist also vielleicht das beste, was so einer einfachen Geige passieren kann. Fiddlemusik in den passenden Tonarten (A und D bei Standardstimmung) kommt auf ihr ziemlich gut!

  • Hallo, ist zwar schon ne Zeitchen her, aber gibts neues von deimen Projekt?



    ich bin fastziniert von diesen Geigen, nach dem Gleichen Prinizip funktionnieren ja auch die Viole d'Amore...


    Ich möchte mir diesen Sommer auch eine anfertigen. Wäre es möglich ein Bild von der Unterseite der Schnecke zu bekommen, oder hat sonst wer eine neuere Anleitung mit Bildern? Bei dem oben genannten Link soll man 10eu bezahlen für die Bilder X(



    Ich hoffe dass sich in diesem threat nach zwei Jahren noch was regt ^^




    Liebe Grüsse, Michael

  • Hallo Michael,


    ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben, dass sich noch mal jemand hier meldet (und vielleicht einen eigenen Erfahrungsbericht beisteuert...).


    Erst einmal: Hier die Unterseite des Wirbelkastens - wahrlich kein Meisterwerk, am unteren Ende musste ich, wie man sieht, die Fuge schon mal mit einem Zusatzplättchen und 2 Schrauben fixieren. Immerhin hält jetzt alles. Wie Du siehst, habe ich die Resonanzsaiten nicht an der Unterseite des Wirbelkastens durchgeführt, sondern ganz normal oben, wie die Normalsaiten. Das geht gut, wenn man zwischen dem 4. und 5. Wirbel einen zusätzlichen kleinen Sattel (Steg) einleimt, der verhindert, dass die Resonanzsaiten auf den Wirbeln der Hauptsaiten aufliegen.


    Die Wirbel der Resonanzsaiten habe ich, wie man sehen kann, in der Mitte dünner gedreht, damit ist das Stimmen ein wenig (aber nicht viel) leichter.

    Das Problem mit dem Stimmen der Resonanzsaiten war auch der Grund für ein anderes Projekt:
    Die restlichen Bilder zeigen meinen zweiten Hardanger-Umbau, eine alte, mittelmäßige Hopf-Geige, bei der ich den (ziemlich defekten) Wirbelkasten komplett durch eine Platte mit 2 Mandolinen-Mechaniken ersetzt habe - also in etwa so, wie in der Anleitung von Dennis Havlena. Das Stimmen ist nun wirklich einfach - ganz schlecht ist jedoch das Gewicht der Mechaniken, die das Spielen sehr ermüdend machen. Ich bin also auf Dauer von dieser Lösung nicht wirklich begeistert.


    Hat jemand Erfahrung mit den seit einiger Zeit auf dem Markt befindlichen Feinstimmwirbeln (Wittner, Pegheds, Knilling)? Die sind leider teuer, für normale Geigen sicherlich entbehrlich, aber für das Hardanger-Stimmproblem könnten sie die Lösung sein...


    Welche Erfahrungen hast Du gemacht? Über eine Meldung würde ich mich freuen!


    Gruß, Frank