Beiträge von frank222

    Um das Thema nach längerer Zeit noch einmal aufzunehmen: Ich habe mir inzwischen - vermittelt durch einen Bekannten - einen nach außen gekrümmten Barock-Bratschenbogen von einem holländischen Bogenbauer besorgt, übrigens für noch mäßige 600 €. Ein wunderschönes Teil, aus Schlangenholz und sehr gut verarbeitet. Ich bin begeistert über den "Biss", den man beim Spielen barocker Stücke damit hat. Meiner Meinung nach ist dagegen das Spielen ohne Kinnhalter und Schulterstütze mehr ein ästhetisches Problem - die Klangbeeinflussung durch diese Anbauten dürfte sich doch allenfalls bei sehr guten Spitzeninstrumenten bemerkbar machen. Der richtige Bogen aber - und für mich ist das jetzt eindeutig ein konvex gebogener - erleichtert den typischen Barockstrich ungemein und ist unbedingt zu empfehlen.
    Es ist wirklich bedauerlich, dass solche Bögen so schwer zu bekommen sind!

    Hallo Anneca,
    leider habe ich mit solchen Rohlingen - ich vermute, das sind die von der Firma Song Chung in Hengshui - noch keine Erfahrungen, habe aber schon mehrfach überlegt, mir so ein Instrument zu besorgen.
    Vor ein paar Jahren habe ich ja mal eine einfache China-Geige zu einer Art Hardanger umgebaut, ein ziemlich amateurhaftes Unternehmen, das aber Spaß gemacht und mich zum Spielen einiger einfacher Hardanger-Fiedel-Stücke gebracht hat, Link.
    Eine echte Hardingfele aus Norwegen zu besorgen, ist mir entschieden zu teuer, und da interessiert mich natürlich sehr, welche Erfahrungen Du mit diesem Rohling aus China machst. Wie ist die Holzqualität und die Verarbeitung? Kann man die Firma empfehlen?
    Was mich noch interessiert, ist die etwas heikle Problematik des Stimmens der Resonanzseiten (Wirbel mit geringem Durchmesser helfen etwas, Feinstimmer anzubringen ist eine ganz schwierige Geschichte) und überhaupt, welche Saiten man nehmen soll (ich hatte mir aus Norwegen Originalsaiten besorgt, weil meine umgebaute Geige aber 4/4-Größe hat, passten die nicht richtig, da Hardanger-Fiedeln ungefähr 3/4-Größe haben).
    Herzliche Grüße!
    Frank

    Gestern habe ich auf einem Flohmarkt eine ganz passable ältere Schülergeige gekauft, die einen recht merkwürdigen Steg mit drei Holzringen in der Mitte hat. Auf der einen Seite ist er gestempelt "KUSEL" auf der anderen "D.R.P. 418187".
    Kann mir jemand mehr darüber sagen? Dass in der Vergangenheit viel mit alternativen Stegformen experimentiert wurde, ist klar - auch, dass sich keine dieser Alternativen durchgesetzt hat. Mich würde interessieren, was sich der Erfinder dieses Drei-Ringe-Stegs dabei gedacht hat bzw. wie er die Vorteile seiner Erfindung in der Patentanmeldung begründet. Über das Deutsche Reichs-Patent 418187 scheint aber zumindest im Netz nichts herauszufinden sein.
    Klanglich ist er - zumindest auf den ersten Höreindruck - keine große Offenbarung. Ich habe testweise einen "normalen" Steg etwa gleicher Höhe und Masse angepasst und den Klang verglichen. Der Drei-Ringe-Steg klingt nicht viel anders, ist allenfalls einen Tick lauter.
    Entschuldigt bitte die schlechte Qualität der Fotos - die gute Kamera ist derzeit nicht einsatzbereit...


    PS: Optisch wirkt das Ding ja ein wenig brutal. Ob da ein Schlagring der Ideengeber war???

    Vielen Dank, Violaine!
    Vor allem für den Link zu dem Aufsatz von Hans Reiners. Das Ganze scheint danach doch sehr kompliziert zu sein. Was er über die Vorzüge der Steckbögen schreibt, kann ich noch einigermaßen nachvollziehen, wenn ich auch denke, dass die Nachteile (aus "barocker" Sicht) des Schraubfroschbogens nicht so gravierend sind wie die geänderte Stangenform. Denn auch wenn Reiners schreibt, dass die echten Barockbögen in entspannter Form "kaum jemals konvex (d.h. nach außen gebogen)" waren, so zeigen die Gemälde doch, dass sie in gespannter Form sogar sehr stark konvex gekrümmt waren. Das muss beim Spielen ein gravierender Unterschied sein: Während (so wurde es mir mal erklärt) bei konkavem Bogen durch den Druck der Haare auf die Saite die Haarspannung leicht erhöht wird, ist dies beim konvexen Bogen umgekehrt - wenn die Bogenkrümmung sich erhöht, neigen sich Frosch und Spitze beim konkaven Bogen nach außen, beim konvexen Bogen nach innen, d.h. zur Saite hin. Das soll angeblich beim modernen, konkaven Bogen die Ansprache schnell und präzise, beim Barockbogen umgekehrt leicht verzögert machen.
    Überzeugender als das Sol Gabetta-Video (da hab' ich nicht viel erkennen können) finde ich z.B. das hier - alle spielen mit leicht konvex gekrümmten Schraubfroschbögen, und das nicht schlecht:
    http://www.youtube.com/watch?v=Vtu9seqYu-Y

    Danke!
    Beim Geigenbauer zu fragen, daran hatte ich auch schon gedacht. Da ich mich in die barocke Spielweise aber erst einarbeiten will, hatte ich zunächst an einen billigeren Bogen gedacht - so 100 bis 200 ? höchstens. (Ich fürchte ein wenig die Diskussion: Unter 500 ? sollte man gar nicht erst anfangen etc., und dann gehen einem als Laien schnell die Argumente aus...). Aber nun werde ich mal beim Geigenbauer unverbindlich anfragen. Vorteil ist dann ja auch, dass man die Bögen dort in die Hand nehmen und ausprobieren kann.
    Ich wundere mich nur, dass es so viele "Barockbögen" gibt, die an Frosch, Schraube und Spitze barock geformt sind, auch barocke Längen haben, aber eine modern geformte Stange. Historisch korrekt ist das wohl nicht, oder?

    Kann mir jemand sagen, wo man Barockbögen mit nach außen gewölbter Stange bekommt?
    Im Internet habe ich eine Vielzahl von Bögen gefunden, die als Barockbögen verkauft werden, aber alle die heute übliche Biegung der Stange nach innen (zu den Haaren hin) haben. Für die typisch barocke Spielweise und die historische Aufführungspraxis scheint man aber wohl doch Bögen mit Außenbiegung zu brauchen - zumindest spielen alle Barockensembles, die ich gesehen habe, mit solchen Bögen. Sind das alles Spezialanfertigungen?


    Beste Grüße!
    Frank

    Dieser "Geigenintoneur" hatte für das Messen der Boden-Decken-Spannung ein eigenes Gerät. Ich habe aber keine Ahnung, wie das aussah und welche Druckwerte er für welche Geigen da ansetzte.
    Nach dieser Theorie müsste man also weniger mit der Position der Stimme, sondern mehr mit ihrer Länge experimentieren. Das macht die Angelegenheit natürlich komplizierter: Wenn man die Position nach außen verschiebt, müsste man also die Stimme gleich ein wenig kürzer feilen bzw. im umgekehrten Fall eine neue, etwas längere Stimme schnitzen...

    Hallo allerseits - ich kenne das Problem, dass man beim Verändern der Position der Stimme oft ziemliche Überraschungen erlebt, d.h. der Klang verändert sich nicht so, wie man es nach dem Lehrbuch erwarten könnte.
    Von einem "Geigenintoneur" - also jemandem, der kein Geigenbauer war, sondern davon lebte, Geigen klanglich zu optimieren - habe ich mal eine interessante Meinung zu dem Thema gehört: Er behauptete, die Position der Stimme sei für den Klang gar nicht so entscheidend, viel wichtiger sei die Spannung, also der Druck, den sie auf Boden und Decke ausübt. Die meisten positiven Effekte, die man durch Verschieben der Stimme erziele, lägen ganz einfach daran, dass durch die Wölbung von Boden und Decke z.B. jede Verschiebung nach außen dazu führe, dass die Stimme strammer sitzt (und umgekehrt beim Verschieben nach innen). So könne auch rein zufällig an einer eigentlich ungünstigen Position die richtige Spannung entstehen, die für einen guten Klang das Allerwichtigste sei.
    Was haltet ihr davon?

    Wahrscheinlich interessiert's niemand, der Vollständigkeit halber trotzdem: Es waren sehr alte Pirastro Flexocor-Saiten, wie ich jetzt herausgefunden habe. Flexocor wird von Pirastro ja als "weiche" Stahlsaite beschrieben, trotzdem ist es erstaunlich, dass sie auf dieser Bratsche (ein solides Mittelklasse-Instrument) wirklich auch sehr weich klingt. Das Zusammenspiel von Saite und Instrument ist eben immer wieder für Überraschungen gut...

    Ja, eine Stunde kann's schon dauern! Und die Klangunterschiede zwischen einem gut und einem schlecht angepassten Steg sind, wie ich finde, durchaus hörbar.
    Die Geigenbauer haben übrigens noch den Trick mit der Kreide: Man trägt auf die Geigendecke etwas Kreide auf, setzt den halb angepassten Steg auf und sieht dann, an welchen Stellen man noch mehr vom Stegfuß abnehmen muss. Aber wirklich einfach wird's für uns Amateure dadurch auch nicht - Geduld muss man haben.
    Gruß
    Frank