Restauration einer Ebaygeige

  • Hallo,


    da ich in absehbarer Zeit eine Geige bauen möchte, habe ich zunächst bei Ebay eine Geige ersteigert (unter 200 Euro) um ein wenig zu experimentieren und Erfahrungen zu sammeln, bevor ich mich an mein eigenes Instrument wage. Da ich wohl des öfteren, solange ich damit niemandem auf die Nerven gehe, die reichhaltige Erfahrung einiger Forumsmitglieder beanspruchen werde, habe ich beschlossen, einen eigenen Thread zu diesem Thema zu erstellen und bei der Gelegenheit das Vorgehen und Irren zu dokumentieren. Das Ganze wird sich über einen etwas größeren Zeitraum strecken, abhängig von meiner verfügbaren Freizeit.
    Ich will diese Geige öffnen, im Inneren, falls nötig nacharbeiten. Dann einen Deckenriss, der keine sonderlich großen Folgen zu haben scheint, aber dennoch existiert, reparieren. Ein weiterer, offener Riss liegt an einem der F-Löcher, dieser soll auch repariert werden. Außerdem gedenke ich neue Wirbel, eventuell auch Löcher in der Schnecke zu platzieren, das Griffbrett zu erneuern und einen neue Steg anzupassen.
    Im Folgenden will ich einmal das Instrument vorstellen. Dabei will ich doch vor Ebaykäufen warnen. Ich habe dieser Geige gekauft und habe dabei bewusst in Kauf genommen, dass diese Geige Schäden aufweisen kann, da ich eben genau an diesen arbeiten will. Das Angebot machte allerdings keinerlei Angaben zu Rissen oder Ähnliches und diese waren auf den Bildern nicht zu erkennen. Des Weiteren fehlte bei der Lieferung der Steg, auf Nachfrage bekam ich diesen nachgesandt, nun ist, vielleicht beim Transport, jedoch einer der Füße abgebrochen. Spielbereit ist diese Geige also nicht, auch wenn das Angebot einen anderen Eindruck hinterließ.
    Nun endlich zur Geige. Einordnen würde ich sie als solide Schülergeige die für die ersten Jahre gut sein sollte. Ausprobiert habe ich sie mit dem geleimten Steg (Johan Jacobs) und sie ist durchaus spielbar, jedoch kein Vergleich mit einem wirklich hochwertigen Instrument. Im Inneren klebt ein Zettel
    Vuillaume a Paris
    Rue Croix de Petits Champs 46
    Die Geige hat eine für mich eher ungewöhnliche, dabei starke Wölbung. Das Griffbrett ist aus Ebenholz, Saitenhalter und Wirbel auch. Handwerklich liegt sie abgeschlagen hinter meiner Gütter auch hinter meiner Osmanek. Ich habe allerdings wenige Erfahrungen mit günstigen Instrumenten gesammelt und kann sie daher schwer in eine Kategorie einordnen. Weder klanglich noch handwerklich.
    In Ermangelung von Tageslicht hier leider nur geblitzte Bilder.
    Am Ende plane ich, sollte die Geige am Schluss klanglich zufriedenstellend sein und alles Wichtige repariert sein, diese günstig an einen Schüler abzugeben.

    • Offizieller Beitrag

    Ich freue mich sehr dass Sie dieses Projekt in unserem Forum dokumentieren. Das wird sehr interessant.


    Falls mal wieder jemand eine Bastelergeige sucht: Einfach PN an Admin: Kriegt er was für 30 - 50 Euro inkl. MwSt. Ist jede Menge da... 8)

  • Zitat

    Original von Colding
    Otto Möckel: ?Geigenbaukunst? S. 258: ?Für die Lostrennung der Decke von den Zargen eignet sich ein flaches, dünnes Tischmesser, dessen Klinge man auf dem Schleifstein an allen Ecken und Kanten gut verrundet hat?. Die Schneide soll weder zu scharf noch zu stumpf sein. Man halte ferner bereit: ein Stückchen Leinwand, etwas Alkohol, um das Messer mit der mit Spiritus getränkten Leinwand von Zeit zu Zeit zu benetzen??
    Man setze das Messer zuerst an die beiden Stellen, die den Hals durch die Deckenränder einschliessen, und führe es mit starkem Druck links und rechts zwischen Hals und Rand, damit später beim Abheben der Decke an dieser Stelle keine Randverletzungen oder gar Brüche entstehen; ebenso verfahre man mit den Rändern links und rechts vom Untersattel.
    Ist dieser vorsichtig an beiden Seiten freigelegt, so führe man mit einem kleinen Hammer einige kurze, bestimmte Schläge gegen den Sattel (in der Richtung nach dem Knopf zu), um ihn von den Zargen zu lösen?.Man sucht eine Stelle, an der die Zargen nicht allzu fest mit der Decke verbunden sind?. Man befeuchtet das Trennungsmesser mit Alkohol und drängt es vorsichtig in die Öffnung ein und erweitert sie durch leichten Druck auf den Messerrücken?..?


    Viel Spass!


    So, der erste Schritt ist getan. Nach der Anleitung aus Möckel ( Wie öffnet man eine Geige? im Forum nachzulesen) habe ich die Geige geöffnet. Das erste Problem, dass sich mir stellte war, dass mein Stimmsetzer noch nicht hier ist und ich sicherheitshalber den Stimmstock vorher kippen wollte. Mit einem Bleistift kann man den Stimmstock jedoch auch ohne Schäden kippen.
    Das nächste Problem war, dass speziell am Hals die Decke kaum zu lösen war, hier wurden Unmengen an Klebstoff verwendet. Nun habe ich die Decke auf jeden Fall unten, ohne weitere Risse zu verursachen. Der Lack hat an einer Stelle etwas gelitten, ich werde diesen wohl etwas nachbessern müssen am Schluss. Die vorher erkannten Risse sind auf der Unterseite klar zu erkennen. Am zweiten F-Loch hat das Instrument auch einen Riss, ich vermute fast, dass dieser bereits vor dem Lackieren auftrat, da er von oben durch Lack verdeckt ist.
    Einen ergänzenden Tipp kann ich noch geben: Mit dem Messer aufpassen, dass man nicht zu weit in den Korpus gerät und damit den Bassbalken beschädigt.
    Die Decke ist nicht so schlimm wie im Nachbarthread Öffnen einer Geige, ich werde an zwei, drei Stellen mit Ziehklingen dennoch etwas nachhelfen. Der Boden hat auch eine etwas ungenau gefertigte Stelle, die ich nachbessern werde.
    Bilder werde ich morgen diesem Post anfügen.


    Eine Frage zum Griffbrett habe ich noch. Wie auf den Bildern am Anfang zu erkennen hat es einen Riss. Sollte ich da etwas machen oder kann ich diesen Riss ignorieren? Bewegen kann ich ihn selbst mit einiger Kraft nicht.

  • Hier nun wie versprochen noch die Bilder. Bisher ist alles erstaunlich einfach, dazu gehört bisher kein großes handwerkliches Geschick. Den schwierigen Teil sehe ich momentan vor allem bezüglich der Lackretuschen auf mich zukommen. Außerdem überlege ich, ob ich etwas bezüglich der Eckklötzchen unternehmen möchte, was natürlich etwas aufwendiger wäre. Den Griff im Rissbrett werde ich heute Abend beheben um es morgen dann abziehen zu können. Ein neues Griffbrett werde ich nicht machen, da das alte eigentlich nicht allzu schlecht ist.
    Der bisherige Zeitaufwand für das Öffnen der Geige und abnehmen des Griffbrettes beträgt etwa zwei Stunden wobei ich sehr langsam gearbeitet habe.
    Bisherige Kosten außer der Geige:
    2 Euro Spiritus
    1.50 Euro billiges Messer zum Öffnen


    Admin: Sind da auch Bastelbratschen dabei? Ein Freund von mir, Student, will möglichst günstig an eine Bratsche fürs Orchester kommen. Sollte das mit der Geige hier funktionieren, könnte ich für ihn eine Bratsche richten.

  • Ja, über die Eckklötze hate ich bei meiner ebaygeige auch ein Weilchen philosophiert. Letztendlich habe ich dann nur ein wenig Leim mit Holzpaste vermischt in die Ecken geschmiert, um dem ganzen etwas mehr Stabilität zu verschaffen. Bei dieser Geige sind wenigstens auch auf den oberen Ecken Blenden drauf, sodass Decke und Boden auch so genügend Halt haben sollten, auch die 8er-Form ist damit gegeben. Daher würde ich das, falls es einen stabilen Eindruck macht, so lassen. (Allerdings handelt es sich bei meiner Meinung sicher nicht um Expertenwissen!)
    Eine Bitte: Könntest du das Innere der Decke mal etwas schräg fotografieren, damit man den Bassbalken von der Seite sehen kann? Nur so zum Vergleich mit meiner Bastelgeige...


    Admin: an einer Bastelbratsche wäre ich auch interessiert, aber nur wenn sie höchstens 38cm groß ist... Könnte man eigentlich eine Geige zu einer kleinen Bratsche umbauen? Welche Änderungen müsste man da vornehmen?

  • Ich denke nicht, dass sich in diesem Fall Eckklötzchen im Sinne des Verhältnisses zwischen Aufwand und Nutzen lohnen. Dennoch bin ich versucht, diese anzufertigen, da mein Ziel weder produktives noch gewinnbringendes Arbeiten ist, sondern mich auf den Bau einer eigenen Violine vorzubereiten.
    Auf welcher Achse soll ich die Decke kippen? Geht es um die Höhe des Bassbalkens oder eine andere Dimension?


    Eine Bratsche sollte meines Wissens höher als eine Geige sein, daher würde ich von einem Umbau nicht allzu viel erwarten. Auch ich bin eher an einer kleinen Bratsche interessiert.

  • Ich meinte ob du die Decke so fotografieren kannst, dass man den Bassbalken im Profil sehen kann (Höhe und Form). Vielleicht könntest du ihn auch vermessen (Höhe, Breite, Länge?) Das wäre toll.
    Ich glaube, dass das Anpassen und Einsetzen von Eckklötzen in die fertige Geige von den Arbeitsschritten her wenig damit zu tun hat, beim Neubau einer Geige von vorneherein Eckklötze zu machen. Von daher ist der Lerneffekt vielleicht nicht so groß...? Aber falls du Eckklötze einsetzt, wäre dann auch ein Foto davon sehr interessant für mich, so als Erfahrungsaustausch.


    Viel Spass! Ich werde demnächst auch wieder an meinem Tread weiterschreiben...

  • Sieht doch schon ganz gut aus, die Geige hat scheinbar keine Schäden durch das öffnen genommen. Es wäre auch schön, mal die Wölbung von innen zu sehen. Ich würde gucken, dass ich die Übergänge zwischen Eckhölzern und geige "abrunde", in einem gewissen übergang bringe. Da wäre ich gespannt, was sich dadurch am Ton tut, in gewisser Weise sind das ja stellen, wo dieser gebrochen wird.

  • Der Bassbalken ist (240.0 +/- 0.5)mm lang, am durch die Kerben im F-Loch markierten akustischen Mittelpunkt (15.0 +/- 0.5)mm hoch und (2 +/- 1)mm dick.
    Einen Deckenmesser habe ich noch nicht und meine Schieblehre ist verschwunden, daher kann ich die Dicke nur etwas ungenau vermessen.
    Die Krümmung innen entspricht in etwa der außen mit etwas weicheren Übergängen. Ich habe das Gefühl, dass die Decke in der Mitte etwas zu stark ist, aber das muss ich noch vermessen, bevor ich mich da festlege.
    Entschuldigt die insgesamt sehr lieblosen Bilder.