Bitte Dachbodenfund bewerten

  • Hallo ihr Lieben,


    ich habe eine Geige auf dem Dachboden gefunden. Vielleicht kann ja mal jemand eine Einschätzung abgeben. Ich kann auch noch mehr Bilder machen. Im Inneren klebt so ein Antonius Stradiuarius Zettel ("Antonius Stradiuarius Cremonen... Faciebat Anno 1721"), es ist mir aber bisher nicht gelungen, diesen zu fotografieren ;)
    So wie sie auf den Bildern ist wiegt sie 349g.


    Ist dieses Instrument völlig wertlos oder lohnt es sich wenigstens noch als Übungsinstrument?


    Mit herzlichen Grüßen
    Michael

  • Manufakturinstrumente sind zwar auf dem Markt weniger wert, klanglich aber oft eine Überraschung (im positiven Sinne). Ihr Instrument gefällt mir sehr gut, es scheint mir eine überdurchschnittliche, sehr saubere Arbeit zu sein, die die Bezeichnung "Manufakturinstrument" schon fast nicht mehr verdient ;) Ich könnte mir auch sehr gut vorstellen, daß sie von einem unbekannteren Geigenbauer/Gesellen als Werkstattinstrument gefertigt wurde, aber wie so viele Geigen vom Großhändler aufgekauft wurde (da hatte der kleine Geselle wenigstens einen Abnehmer), und dann als "Manufakturinstrument" abgehakt wurde...


    Auch bei "Manufakturinstrumenten" von Großhändlern gab es verschiedene Preisklassen, bis hin zum "Konzertinstrument" (welches nach heutigen Maßstäben gute bis sehr gute Mittelklasse ist)- das waren dann genau solche von "nicht-alleine-lebensfähigen-Werkstätten".


    Ich glaube, nach einer Restauration (die sich, soweit ich das erkennen konnte, im Rahmen hält) haben Sie ein sehr schönes Instrument... Auch wenn es bei Ebay vielleicht nur 200-400 Euro werden würden: beim Geigenbauer oder bei Corilon wäre die Geige meines Erachtens das 3-4fache wert. Je nach Klang...

  • Vielen Dank für eure Einschätzungen.


    Ich habe jetzt die Gesamtlänge mal gemessen und komme da auf 56,5cm. Der Bogen der mit in dem Kasten war ist nur 64cm lang.


    Meines Erachtens nach müsste das ein 3/4-Instrument sein, liege ich da richtig?
    Aber den Bogen kann ich irgendwie gar nicht einordnen.

  • Der Endknopf wird nicht mitgemessen. Es gibt zwei einfach zu messende Maße: Die Gesamtlänge (ohne den Endknopf) und die Korpuslänge, wobei letztere ohne den Halsansatz gemessen wird. Man mißt am besten auf der Rückseite in der Mitte, weil vorne ja das Griffbrett und der Saitenhalter im Weg sind. (Dann gibt es noch die Mensur, die wird aber oft mit der klingenden Saitenlänge verwechselt. Die richtige Messung setzt einen korrekt aufgestellen Steg voraus.)
    Auf der Startseite hier: https://www.geige24.com/ (Elterninfo/mein Kind lernt Geige) findest du in dem Kapitel "Welche Größe soll meine Geige haben" eine Tabelle, mit der du dann die Größe der Geige und auch des Bogens zuordnen kannst. Ich hoffe, das war jetzt genau genug... ;)
    Gruß

  • Also es scheint tatsächlich eine 3/4-Geige zu sein.


    Ich habe mal noch den Stradivarius Zettel fotografiert. Der sieht irgendwie verblüffend ähnlich mit dem hier: http://www.geigenbauer.ch/index.php?id=595 (suchen nach: "21. Oktober 2008")


    Beim genauen Hinschauen sieht man auch, dass die Einlage an den Ecken (an ALLEN) eine putzige Form hat, das habe ich so noch nicht gesehen. Vielleicht kann man ja da auf einen Erbauer schließen? Gab es jemanden, für den solche Einlagen typisch waren? Ist dies eine Manufakturarbeit?

  • hm?
    einige große Geigenbauer, darunter Stradivari, haben die Furche für die äußere Lage der Einlage bewusst in die Kante hineingezogen, um Spiel zu haben, da erst die innere Lage diese in Fasson drückt.
    Es gehört zum schwierigsten im Geigenbau, das Mass dieses "Zurechtrückens" optimals zu bestimmen -dass die äußere Lage soweit zurückgedrückt wird, dass sie äquidistand zum Rand endet.
    Dieser Geigenmacher hat sich nicht viel darum gekümmert -er liess die äußere Lage nach gusto über die Kante raushängen und schnitt die einfach an der Kante ab, nachdem er die innere Lage eingefasst hatte -ist also eher ein Zeichen von Manufaktur.
    Übrigens sehr toll findest Du das hier:
    http://www.violins.ca/forums/v…s=0&postorder=asc&start=0
    erklärt.