Gebrauchsspuren und Alter

  • Hallo Geigenfans,
    ich sammele Geigen, aber im Gegensatz zu einigen anderen achte ich immer auf Instrumente mit schönem Klang und gutem Preis-Klang-Verhältnis und nicht so sehr auf den Namen und die Herkunft. Aus diesem Grunde konzentriere ich mich beim Besichtigen meist darauf, ob das Instrument viel gespielt ist, denn meiner Meinung nach ist das in 90% ein sehr gutes Zeichen: eine Geige, die exzessiv gespielt wurde, kann a) nicht ganz neu sein b) nicht ganz schlecht sein ist c) oft schon durch mehrere Hände gegangen und hat nicht selten Berufsmusikern gehört, die mit Sicherheit ihr Instrument sorgfältig ausgewählt haben. Dies ist aber meine persönliche Theorie, daher frage ich Euch was ihr dazu meint. Ich achte z.B. auf den Wirbelkasten; wenn die Wirbellöcher bereits neu ausgebuchst wurden oder die Wirbel tief reingedreht sind, hat offensichtlich jemand viel gespielt. Kann ich mich da doll täuschen? Gibt es z.B. alte Italiener, die in so gutem Erhaltungszustand sind, daß die Wirbel nie groß erneuert wurden? Kann ich mir zwar kaum vorstellen, aber ich habe zu wenig Ahnung.
    Auf was achtet Ihr so bei einer Geige auf den ersten Blick?
    Freue mich auf Eure Meinungen!

  • Hallo, am wichtigsten ist für mich als Sammler der Zustand, dies beinhaltet auch, ob ein Instrument im Originalzustand ist. Es sollte beispielsweise nichts am Lack passiert sein, dies ist für mich schlimmer wie ein gut reparierter Bodenstimmriss.


    Schöne Instrumente wurden überall gebaut, daher kann ich nicht sagen ob ich rein vom ästhetischen her eine Deutsche Geige einem Italiener bevorzugen würde. In den meisten Fällen ist es eher anders herum, es sei denn natürlich es ist vom Preis her ein Angebot was man nicht abschlagen kann.


    Die Seltenheit spielt für mich auch eine große Rolle. Selten kann auch eine sehr gut erhaltene 250 Jahre alte sächsische Geige sein. Kriterien für Seltenheit sind also auch ( Zustand, Anzahl, besonders schöne Exemplare, Klang etc.).


    Zu guter letzt ist natürlich auch ein realistischer Preis wichtig, denn niemand möchte für ein Instrument mehr bezahlen als es in Wirklichkeit auch wert ist, es sei denn es ist was ganz besonderes in das man sich "verliebt" hat.

  • ...ich "sammel" Streichinstrumente nicht wirklich, sondern habe nur ein paar zum Spielen (allerdings mehr als eines...). Auch für mich steht daher der "Spielwert" (und nicht der Sammlerwert) im Vordergrund, auch wenn ich durchaus auf "Namen" achte. Einfach deshalb, weil ich ein Instrument auch zu einem guten Preis wieder verkaufen möchte (falls ich das denn mal muß), und das geht bei einem authentisch bezettelten eben besser als mit einem "namenlosen".


    Nun sind antike authentische Instrumente meist erheblich teurer als welche, die erst 10/20/30 Jahre alt sind. Diese sind in meinen Augen allerdings nicht schlechter, sondern oft in hervorragendem Zustand-insofern ist das Preis-Leistungsverhältnis (bezüglich Klang/Gebrauchswert) für gute Gebrauchtinstrumente, die noch nicht antik sind, oftmals recht gut. Eben weil diese (noch) nicht für Sammler interessant sind.


    Diese Instrumente wurden noch nicht "restauriert"- daher sind für mich ausgebuchste Wirbellöcher und sonstige Reparaturen uninteressant. Ich teile auch nicht die Meinung, daß alte Instrumente zwangsläufig besser sind. Tendenziell KANN es sein, daß ein oft repariertes/gespieltes Instrument "besser" ist, das muß aber nicht sein. Es kann auch sein, daß ein wirklich gutes Instrument entsprechend sorgsam behandelt wurde (und deshalb weniger Reparaturen nötig hatte), und andererseits Leute -aus persönlichen Gründen oder weil sie von einem geschäftstüchtigen Geigenbauer überzeugt wurden- wertlose Ruinen restauriert haben.


    Für einen Spieler geht eben nix übers Anspielen- je nachdem liegt einem das Instrument, oder eben ein anderes besser.