Selbstversuch

  • Hallo alle miteinander!
    Habe ein Problem... bin Pianistin, eigentlich recht musikalisch und wollte schon immermal Geige spielen. Hab mir jetzt eine gekauft - zum Selbstversuch.. ne ganz billige...40,--?. Komme aber total nicht klar. Beim Stimmversuch habe ich erstmal die A-Saite reißen lassen. Und bis ich die Saiten erstmal zum Schwingen bringenkonnte-hat´s auch ne Weile gedauert. Is ja total schwer - hätte ich nicht gedacht. Naja Ihr seht - bin eine total Ahnungslose Verzweifelte. Könnt Ihr mir nicht ein paar Tips geben. Wo kriege ich die Saite her?Kann ich die alleine einziehen und wie stimmt man denn nun die Saiten und ist es richtig, dass sie auf dem Steg aufliegen?. Ich dachte is vielleicht n´bißchen wie bei der Gitarre, dass die so in der Luft hängen? Sonst kann man die doch garnicht "drücken". Und wie weit spannt man den Bogen......
    Bitte helft mir - habe leider keine Zeit für Unterricht. Will erstmal nur halbwegs ordentliche Töne rauskriegen.
    marichen

  • Hallo Marichen,



    Violinsaiten kriegst Du in jeder Musikalienhandlung und beim Geigenbauer. Nimm am besten die Geige oder die gerissene Saite mit, denn bei Violinseiten gibt es solche mit Kugel und solche mit Schlaufe am Ende - welche Du brauchst, hängt vom Saitenhalter Deiner Geige ab.


    Ein Tip: Bei einem Billiginstrument, nimm sehr gute Saiten mit warmem Ton! Es verbessert das Instrument unglaublich. (Meine 1. Geige ist eine Skylark, gebraucht von eBay, und war dem chinesischen Geschmack entsprechend sehr schrill im Ton - ein Satz Obligato-Saiten hat das behoben)


    Aufziehen kannst Du die Saiten selbst. Hänge dazu das Ende mit der Schlaufe bzw. Kugel in den Saitenhalter ein, das andere Ende fädelst Du durch das Loch im Wirbel und drehst dann den Wirbel so, daß die Saite glatt um den Wirbel aufgewickelt wird und in den Kerben von Steg und Sattel zu liegen kommt. Das durchgefädelte Ende sollte unter der Wickelung liegen, die einzelnen Windungen immer schön glatt nebeneinander


    . Von links nach rechts, wenn Du auf die Geige schaust, sind die Saiten g - d - a - e. Bei der g und d wird gegen den Uhrzeigersinn gespannt (g: Wirbel unten links, d: Wirbel oben links), bei a und e im Uhrzeigersinn (a: Wirbel oben rechts, extrem fummelig - benutz eine Pinzette zum durchfädeln; e: Wirbel unten rechts.)
    Immer langsam die Spannung der Saiten erhöhen, und niemals höher stimmen als vorgesehen. Neue Saiten strecken sich noch etwas und müssen ein paar Tage lang nachgestimmt werden.
    Die a-Saite sollte übrigens auf 443 Htz. gestimmt werden, die anderen Saiten entsprechend.


    Die Saiten müssen auf dem Steg aufliegen, der Steg überträgt die Schwingungen auf den Korpus. Tip: Zieh einen weichen Bleistift durch die Kerben des Stegs, wenn Du neue Saiten aufziehst.Das schmiert den Steg, und die Saiten können freier schwingen.


    Der Bogen muß kolophoniert werden, sonst greift er nicht (er rutscht dann nur über die Saiten, und wenn er überhaupt einen Ton erzeugt, klingt er dünn und seifig). Je dunkler das Kolophonium in der Farbe, desto weicher ist es, und desto wärmer klingt die Geige. Das erste Kolophonieren, wenn die Haare noch ganz neu sind, dauert eine Weile. Da mußt Du schon ordentlich ran. Danach reichen 2 - 3 Striche mit dem Kolophonium über die gesamte Länge des Bogens. Zuviel Kolophonium erzeugt kratzige, rauhe Töne.
    Der Bogen wird gespannt, indem Du die Schraube am Frosch (unteres Ende) im Uhrzeigersinn drehst. Achtung: nicht zu stark spannen! Es ist völlig ausreichend, wenn ein normaler Bleistift zwischen Haare und Bogenstange paßt. Nach dem Üben unbedingt den Bogen entspannen, das Holz leidet sonst und verzieht sich!


    Übrigens brauchst Du bei der Geige die Saiten nicht sehr fest herunterzudrücken, wie bei der Gitarre. Bei der Gitarre mußt Du wegen der Bünde fest drücken, die Saiten klirren sonst. Bei der Geige reicht es, die Saiten so eben auf das Griffbrett zu kriegen, ohne viel Druck. Am besten besorgst Du Dir ein Stimmgerät (sofern Dein Gehör nicht so extrem gut ausgebildet ist, daß Du einen Ton auf 1-2 Hertz genau hören kannst), und markierst für's erste die Lage der Töne mit Klebstreifen auf dem Griffbrett. Für den Zeigefinger: 2 Halbtöne höher als Grundstimmung, also a auf der g-Saite, e auf der d-Saite, etc. (ein Klebstreifen quer über das Griffbrett). Für den Mittelfinger: 2 Halbtöne höher als für den Zeigefinger, Ringfinger wieder 2 Halbtöne höher, kleiner Finger wieder 2 Halbtöne höher, so daß Du d auf der g-Saite hast, a auf der d-Saite, etc.
    Damit hast Du die erste Lage markiert, das hilft Dir für die erste Zeit, die Töne zu finden, bis der jeweilige Punkt auf der Saite ins Muskelgedächtnis übergegangen ist. Später braucht man diese Hilfen nicht mehr.


    Viel Spaß! :)

  • Hallo Llarian!
    Hätte nicht gedacht, dass ich so schnell, so´ne tolle Antwort kriege. Vielen Dank!
    Danke auch für die Begriffserklärung, denn ich dachte immer Steg und Griffbrett sind irgendwie dasselbe. Naja also ich habe noch Probleme, die Saiten zu stimmen, wenn ich versuche die Wirbel zu drehen, drehen die sich durch die Spannung der Saiten wieder zurück. Und die Saiten liegen auch auf dem Griffbrett auf - ist das auch richtig? Sodass man sie kaum drücken kann, was am Ton dann auch nichts ändert. Also die Saiten klingen immer gleich, ob ich die Saiten drücke oder nicht. Irgendwas mach ich da noch falsch. Manchmal rutschen sie auch einfach vom Ende des Griffbretts runter.
    Grüß marichen

  • Hallo marichen,


    gern geschehen.


    Beim Stimmen den Wirbel vorsichtig hineindrücken. Wirbel und die Löcher, in denen er ruht, sind konisch geschnitten. Vorsichtiges hineindrücken erhöht den Widerstand und verhindert das Zurückrutschen.


    Nein, Steg und Griffbrett sind nicht identisch - der Steg ist das kleine, lose Holzplättchen unter den Saiten. Er muß genau zwischen den Kerben der F-Löcher senkrecht zum Korpus stehen. Die Füßchen des Stegs müssen komplett Kontakt mit der Decke der Geige haben. Beim Stimmen neigt er sich gerne, bedingt durch den Zug der Saiten, in Richtung auf das Griffbrett. Das ist nur minimal, und man merkt es erst nach einer Weile, aber dann sollte er vorsichtig wieder aufgerichtet werden. Dazu nimmst Du die Geige im Sitzen zwischen die Knie, Decke nach vorne und Schnecke zum Boden weisend, greifst den Steg an beiden Seiten mit Daumen und Zeigefinger und drückst ihn ganz vorsichtig wieder in die richtige Lage - auf keinen Fall zu fest oder ruckartig, er kann sonst brechen! Ein neuer Steg wird vom Geigenbauer aus einem Rohling geschnitten und individuell an die Wölbung von Korpus und Griffbrett angepaßt.


    Auf dem Griffbrett sollten die Saiten auf keinen Fall aufliegen, da stimmt etwas ganz gewaltig nicht. Das passiert eigentlich nur, wenn gar kein Steg aufgesetzt ist (*kratzt sich ratlos am Kopf*). Was meinst Du damit, daß die Saiten vom Ende des Griffbretts herunterrutschen?


    Gruß,


    Llarian

  • Hallo Llarian!
    (Lacht!) Oh mann, hab wirklich total keine Ahnung! Also in meinem Geigenset ist tatsächlich kein Steg enthalten - jetzt ist alles klar! Hab mich schon gewundert, die Saiten können doch garnicht klingen, wenn sie aufliegen. Also nächstes Problem: Steg besorgen. Traue mich mit dieser Geige eigentlich nicht zum Geigenbauer. Können die mir im Musikladen da auch weiterhelfen?? Warum da wohl keiner bei ist? Ärgerlich! Aber wenigstens kenne ich jetzt des Rätsels Lösung. Deshalb ist die E-Saite auch manchmal vom Brett gerutscht, weil sie garnicht abgehoben war.(lacht schon wieder). Gestern war ich noch bei einem Schülerkonzert und hab´mich gewundert, was die Geigen da für ein komisches Ding zwischen Saiten und Körper haben... Dachte, vielleicht was, für Fortgeschrittene:-) Na gut alles klar kümmere ich mich erstmal drum - dann befasse ich mich nochmal mit Deiner Fingersatzbeschreibung - klingt kompliziert.
    Gruß marichen

  • Aua, Marichen,
    das ist aber wohl wirklich ein schmerzhafter Selbstversuch. Wurde der Steg evtl. versehentlich mit dem Verpackungsmaterial "entsorgt"?
    Damit eine Geige einigermaßen klingt und spielbar ist, muss der Steg indviduell angepasst werden. Im Handel gibt es - mit Ausnahme sog. Universalstege mit flexiblen Füßen - leider nur Rohlinge, deren Füße erst noch auf die Deckenwölbung zugeschniten werden müssen. Auch die Höhe und die obere Wölbung des Steges müssen individuell hergestellt werden. Darum kostet ein neuer Stgeg beim Geigenbauer auch so um die 50 Euro, also fraglich ob sich das für eine 40 Euro-Geige lohnt!
    Mit etwas Glück kannst Du beim Geigenbauer aber vielleicht einen alten, wenigstens ungefähr passenden Steg bekommen. Ansonsten hilft wahrscheinlich nur "Heimarbeit". Da wirst Du aber schnell feststellen, dass es wirklich nicht enfach ist, einen Steg selbst anzupassen.
    Viel Glück wünscht
    Rainer

  • Hallo marichen,


    also, wenn es ein Set mit Koffer ist, dann versteckt sich der Steg - sauber in einer Plastiktüte verschweißt - in dem kleinen Fach am "Kopfende" unter dem Tragegurt für den Koffer, gleich neben dem Kolophonium. Sollte er nicht auffindbar sein, hilft evtl. reklamieren im Laden. Also Umtausch gegen ein anderes Set. Vielleicht hatte ihn schon ein anderer Kunde herausgenommen beim Anschauen der Geige, und nicht wieder hineingelegt. Dann fliegt er wohl jetzt unter'm Regal herum und sammelt Staub.
    Ein Steg von einem anderen Set paßt nicht unbedingt auf Deine Geige, das Risiko würde ich nicht eingehen (die Deckenwölbung des Instruments könnte ganz anders sein, ebenso die Wölbung des Griffbretts).


    Zum Anpassen des Stegs braucht es Spezialwerkzeug (mindestens aber eine Kurvenleere); das Anpassen der Füßchen ist relativ einfach, schwieriger ist das Anpassen der oberen Wölbung und das Schneiden der Kerben für die Saiten. Die Wölbung des Griffbrettes muß mit einer Leere auf den Stegrohling übertragen werden, und dann der Rohling entsprechend abgeschliffen werden. Schleift man zuwenig ab, ist der Steg zu hoch, und damit die Saiten zu weit vom Griffbrett entfernt. Schleift man zuviel ab, ist der Steg zu kurz, und die Saiten sind zu nah am Griffbrett.


    Wenn Du den Steg nicht finden kannst, und die Geige auch nicht umtauschen, dann kauf Dir am besten ein paar Universalstege oder gehe zu einem Geigenbauer. Aber ich drücke Dir fest die Daumen, daß der Steg sich doch noch einfindet!


    Gruß,


    Llarian

  • Hallo Llarian!
    Ach Du Sch....! Entschuldigung, aber das ist ja blöd. Hab jetzt alles nochmal durchsucht, sogar den Müll, aber leider nix zu finden. Hab mir auch noch mal die Verpackung genau angesehen - auf der Abbildung hat diese Geige auch keinen Steg und beim aufgezählten Zubehör ist alles erwähnt außer ein Steg. Ist es möglicherweise so, dass der bei dem Set garnicht vorgesehen war? Kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber es gibt keinerlei Hinweise auf diesen Steg. Naja - ich werd´s wohl mal mit Reklamieren versuchen - ob die mir die Geige nochmal abnehmen mit der gerissenen Saite? Ich versuch´s morgen einfach mal - bis dahin nochmal tausend dank für die Hilfe (hätte mich im Musikladen wahrscheinlich total lächerlich gemacht) und meld mich dann wieder.
    Gruß marichen

  • Hallo marichen,


    kann eigentlich nicht sein - nur Geige, ohne Bogen, Koffer, Kinnhalter, das gibt es (Profis kaufen diese Dinge alle einzeln), aber ohne Steg, neh, da kann man genausogut die Saiten weglassen.


    Wo hast Du das Set gekauft? Real? Die hatten kürzlich so ein Angebot, ich habe vergangenes Jahr ein solches Set nur des Koffers wegen gekauft (alleine der war mehr als die 40 Euro wert!), die Geige war eher Dreingabe, der Bogen kam mir kürzlich gut zupaß, als mein P&H eine Haarwäsche (kein Witz!) brauchte.