Beiträge von lh-fiddle

    Hallo CGDA, das klingt doch nach einer tollen Sache.

    Warum solltest du das nicht dürfen? Was du damit machst, ist doch deine Entscheidung.

    Wie du schreibst, war an dem Instrument ja auch vorher schon etwas unorthodox herumgewerkelt worden.

    Und dieses womöglich einmal gute Instrument noch einmal neu zum Leben erwecken: Das ist doch ein dankbares Lernprojekt.

    Entsprechen die Maße des neuen Halses dem alten? Der neue sieht geringfügig kräftiger aus. Kann aber an den Fotos liegen.

    Viel Erfolg!

    Ich stöbere gerne auch noch einmal nach der schwedischen Quelle, die ich erwähnte. Ist schon eine Weile her.

    Hallo geigerlein, ich habe die schwedische Quelle gerade wiedergefunden:

    Es handelte sich um eine Stockholmer Masterarbeit von 2015 ("... Perspectives on Left-handedness in Violin Playing and Violin Pedagogy"):

    Krista Pyykönen Master Thesis, Final - FULLTEXT01.pdf

    Sehr nett die Zeichnungen auf der letzten Seite (S. 63) mit Vorschlägen zur Anordnung im Orchester ;)

    Wenn die A-Saite schwer anspricht, könnte man es mit einer etwas leichteren Saite versuchen, die weniger Zug braucht.

    Viel wird es nicht ausmachen. Ein Versuch wäre es wert.

    Ein kleiner Nachtrag von mir: Ich habe ein wenig mit dem Klang experimentiert, indem ich den Kinnhalter getauscht habe.

    Ursprünglich: Modell Teka (s. Foto oben), den ich eigentlich sehr bequem fand.

    Getauscht gegen: Modell Guarneri, den ich noch liegen hatte, aber eigentlich nicht ganz so bequem finde.

    Der Guarneri hat zwei (im Vergleich kleinere) Auflagepunkte links und rechts des Saitenhalters, der Teka eine recht lange durchgehende Auflagefläche nur auf einer Seite.

    Durch den Tausch klingt die ganze Geige eine Nuance kräftiger, die A-Saite deutlich freier, ohne dass ich sie tauschen musste.

    Erstaunlich.

    Lieber Abalon, vielen Dank für deine ausgleichenden Worte.


    Lieber Braaatsch, es ist mir nicht ganz klar, welcher wunde Punkt gerade wodurch bei dir getroffen wurde.

    Was auch immer es war, sagtest du nicht selbst

    Da haben wir zwei verschiedene Meinungen, und das darf dann auch gerne so stehen bleiben, Wissenschaft ist Diskurs.

    Ich für meinen Teil empfand den Diskurs bislang als sehr anregend und bereichernd.


    Und an den linkshändig Gitarre spielenden Rechtshändern wäre ich nach wie vor interessiert ;)

    Es gibt eine ganze Reihe genialer Künstler*innen und Musiker*innen, die sich bei näherem Hinschauen als Linkshänder entpuppten. Ob ihr Lebensweg anders verlaufen wäre, wenn sie händigkeitsgemäß hätten agieren können, darüber kann man nur spekulieren.


    Paganini war hochbegabt, ein genialer Geist, früh von körperlichen Einschränkungen gezeichnet, eckte bei so einigen an. (Von dieser Neigung zu Reibung und Widerspruch bei umerzogenen Linkshändern gibt es auch bei Frau Sattler einiges zu lesen ;) , ebenso wie über diverse körperliche Spätfolgen)

    Vielleicht wäre die geniale Musik von Paganini nie entstanden, wenn er sich nicht ständig hätte reiben müssen, wer weiß das schon.

    Paganinis Musik ist enorm linkshandbetont, unglaubliche Akrobatik auf dem Griffbrett, und er hat ja offenbar seine Geigen so eingerichtet und gehalten, dass seine linke Hand sich bestmöglich austoben konnte.


    Aber wie viele Paganinis gibt es unter uns? Gibt es nicht vielleicht viel mehr, die einfach schöne Musik machen wollen, Freude am Musizieren haben wollen, ohne sich so dermaßen aufreiben zu müssen, selbst um den Preis, dass es dann etwas weniger genial wird?


    Fragen über Fragen ;)

    ;) Die Fragen kannst du wohl am allerehesten selbst beantworten. Deinen Bekannten kenne ich nicht, und von dir weiß ich ja auch nur das, was wir bisher ausgetauscht haben.


    Aber ich kann natürlich ein paar unverbindliche Gedanken aus der Ferne beisteuern


    - Fechten mit links: Wäre schon sehr ungewöhnlich, wenn jemand ausgerechnet eine solches Unternehmen, bei dem es so auf Reaktionsschnelligkeit und Treffsicherheit ankommt, ausgerechnet seiner nicht dominanten Hand überließe

    - Geige/Bratsche aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben: Ich musste da sofort an einen anderen rechtshändig spielenden Linkshänder denken, der ebenfalls sein Hauptinstrument aufgegeben hat...


    Bin ich jetzt ein umerzogener Linkshänder

    Wenn du eine solche Frage stellst, ist ja davon auszugehen, dass du dich bislang für einen Rechtshänder gehalten hast. Tatsächlich?

    Kurios, denn ich war, spätestens nachdem du von deinem Fechten mit links geschrieben hattest, eigentlich davon ausgegangen, dass du einer von den zahlreichen rechtsspielenden Linkshändern bist und das auch weißt.

    In meiner Umgebung haben diesen Begriff bisher nur wenige Menschen benutzt. Ohne Ausnahme alle waren in Wirklichkeit umerzogene Linkshänder, die sich angepasst hatten und ihre angeborene Handdominanz so verdrängt hatten, dass sie sich spontan nicht mehr daran erinnern wollten. Es ploppte dann irgendwann doch auf im Gespräch. Bei mir blieb immer der Eindruck, dass die Umerziehung (So, wie ich es eigentlich als richtig empfinde, ist es nicht richtig. Richtig ist etwas anderes als das, was mein Gefühl mir vorgibt) hier ganze Arbeit geleistet hatte. De facto zu tiefer Verunsicherung geführt hatte.


    Von Frau Sattler gibt es einen Forschungsbericht von 1992. Die Zusammenfassung kann ich dir hier mal zitieren:


    "In Hypothesen über Entstehung und Entwicklung der Händigkeit wird der Begriff ``"Beidhänder" (auch "Ambidexter") sehr unterschiedlich definiert und oft nur durch reine Selbsteinschätzung und -beurteilung bestimmt. Bei Testuntersuchungen erwiesen sich die angeblichen Beidhänder entweder eindeutig als umgeschulte Linkshänder oder als Personen mit sehr inkohärenten, zum Teil sogar sich widersprechenden Ergebnissen. Bei der systematischen Untersuchung der letzteren Personengruppe stellt sich heraus, daß bei diesen Probanden durchgehend perinatale Hirnschädigungen nachzuweisen sind. Es wird die Hypothese diskutiert, daß Sauerstoffunterversorgung in der perinatalen Phase vornehmlich die Funktion der dominanten Gehirnhemisphäre stört. Diese ist für die angeborene Händigkeit zuständig, und so kommt es phänomenal zum zeitweiligen Wechseln des Handgebrauch, was fälschlicherweise dann als "Beidhändigkeit" diagnostiziert wird."

    (abgedruckt in: Sattler, Der umgeschulte Linkshänder oder Der Knoten im Gehirn, S. 350ff.)


    Einen weiteren interessanten Satz fand ich noch an anderer Stelle: "Der gesunde Mensch kann nicht leicht links- oder leicht rechtshändig sein, ebenso wie man nicht - eine volkstümliche Metapher - ein "bißchen schwanger" werden kann. Ein verminderter Grad der Händigkeitsausprägung signalisiert eine physiologische Funktionsstörung." (a.a.O. S. 342)

    Kulturell bedingt wird die Rechtshändigkeit als "richtig", als Norm angesehen.

    Gottseidank sind wir davon inzwischen schon ein gutes Stück entfernt.

    Aber auch nur deswegen, weil immer wieder engagierte Menschen da für Aufklärung und Weiterentwicklung sorgen. Dass diese engagierten Menschen oftmals selbst Betroffene sind, liegt in der Natur der Sache.

    Da sind immer wieder neue Anstöße und viel Stehvermögen erforderlich. Es ändert sich nicht von alleine.

    Wie lange haben Frauen die Vormachtstellung des Mannes in Gesellschaft und Ehe als kulturell bedingt richtig, als Norm angesehen? Wenn sich niemand aufgemacht hätte, das zu ändern, wer weiß, wo wir heute stünden mit Wahlrecht, Gleichberechtigung, BGB?


    Dass eine extrem ausgeprägte Händigkeit zu echten Problemen (physisch wie psychisch) führen kann -und dass das gerade für Linkshänder ein Problem darstellt, weil sie in einer "rechtshändigen Welt" leben, steht ausser Frage.

    Nein, keine extrem ausgeprägte Händigkeit, sondern jede ganz normale Händigkeit führt zu Problemen, wenn man sie ignoriert oder unterdrückt. Jede Anpassungsleistung an nicht händigkeitsgemäßes "falsches" Agieren verursacht Stress und zieht unnötige Energien ab, die bei händigkeitsgemäßem Agieren für mühelosere und bessere Ergebnisse zur Verfügung stünden.

    Deswegen halte ich es für elementar, sich von dem Gedanken zu verabschieden, dass eine "rechtshändige Welt" in Stein gemeißelt ist.

    Wir ändern das gerade. Aber wie gesagt: Es braucht immer wieder neue Anstöße und viel Stehvermögen...