Wichtiges Thema! Als erwachsene Anfängerin (spiele jetzt fast 2 Jahre + ein Jahr Unterricht als Jugendliche, von dem ich noch heute profitiere) finde ich natürlich auch, dass man sich diesen Traum in jedem Alter verfolgen sollte, wenn man ihn hat. Allerdings gibt es auch viele Faktoren, die über Erfolg und Misserfolg entscheiden und darüber muss man sich im Klaren sein. Sehr hilfreich und für Erwachsene schwerer zu erlernen als für Kinder, deren Gehirn noch in der Entwicklung ist: Intonation. Es gibt Leute, die können ohne musikalische Vorbildung ein Lied korrekt intoniert vorsingen und es gibt Leute, da erkennst du den Song so gut wie gar nicht (s. Karaoke-Bar ;)). Letztere haben mit einem Streichinstrument schon arg zu kämpfen. Auch das persönliche Koordinationsvermögen ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich und kann die Geige bei wenig angeborener Koordination zum Hölleninstrument mutieren lassen. Außerdem muss man - wenn man über ein einfaches Stück in der ersten Lage hinauskommen möchte, schon sehr viel Zeit investieren und wirklich mit Leidenschaft dabei sein. Aus meiner Sicht sind sind folgende Faktoren relevant:
1. Richtig Bock auf ausgerechnet dieses Instrument haben (wenn es nur so eine vage Idee ist, irgend etwas Musikalisches zu machen, ist vielleicht ein anderes Instrument erfolgsversprechender)
2. Zeit und Lust, mehrmals in der Woche zu üben
3. Bereit, in Unterricht zu investieren
4. Bereit, ab einem gewissen Zeitpunkt in ein vernünftiges Instrument und einen vernünftigen Bogen zu investieren (gerade wenn man weiterkommt, kann einem eine Schrömmelgeige den Spaß an der Sache verderben)
5. Viel Geduld haben (Erfolge lassen oft auf sich warten und kommen manchmal in Schüben, manchmal erlebt man auch Rückschritte)
6. Spaß am Prozess haben und in Jahren statt in Monaten denken
Für mich ist es trotz "the struggle is real" das tollste Instrument. Nach einem Jahr Unterricht hat mein Lehrer mich überredet, auch an einem Laienorchester, das er dirigiert, teilzunehmen. Das habe ich mich anfangs nicht getraut und habe mich dann doch überwunden. Das ist teilweise immer noch hart für mich, weil ich eine schlechte Notenleserin bin und mich das Erarbeiten des Repertoires inkl. der Sachen, die ich wöchentlich für den Unterricht erarbeiten muss, EXTREM viel Zeit kosten. Aber es bringt mich auch total weiter, weil man natürlich in so einem Orchester auch unter Druck steht, z. B. vom Blatt zu lesen, wenn etwas Neues aufgetischt wird. Außerdem finde ich es total toll, mit anderen Leuten - mit denen man sonst nicht unbedingt Gemeinsamkeiten hat - einen gemeinsamen Nenner zu finden und die Begeisterung für Musik zu teilen.
Mein Fazit ist also auch: Probiert's unbedingt aus, aber erwartet gerade in den ersten Jahren nicht zu viel!
VG