Danke euch für die anregenden Gespräche und den Input
Eine ganz kleine Korrektur. In diesem Video gehst Du ab Minute 15:10 erst auf den Horizontalwinkel der Geige ein und dann auf den Verbindungspunkt zum Hals/Schlüsselbein, der durch die Position der Kinnstütze gegeben ist. Hier deutest Du bei etwa 15:30 an, dass bei einer eher seitlichen Montage der Kinnstütze der Ellenbogen weiter unter die Geige müsse und dadurch der Supinationswinkel (Eindrehwinkel) des linken Armes größer würde. Tatsächlich aber kann er kleiner werden, wenn der Knopf der Geige etwas nach rechts wandert und gleichzeitig die Schnecke etwas nach links, und dann muss auch der Ellenbogen nicht mehr so weit unter die Geige.
Da gebe ich dir vollkommen Recht, dass der Winkel auch kleiner werden kann, wenn die Geige weiter nach links schaut. Eine Geige ist ganz dreidimensional einstellbar und je nach den an welcher Achse ich sie drehe, mach das einen großen Unterschied aus, auch ich habe das selbe eingeschränkte Supinationsproblem, unter anderem habe ich mich deswegen auch schon länger damit beschäftigt. Ich finde auch, dass die Kippung der Geige (quasi ob sie ganz grade über dem Boden ist oder schräg) ein weiterer wichtiger Aspekt der bei der Supination zu beachten ist. Das Video soll auch das Thema nicht vollständig ausarbeiten sondern die Vielseitigkeit aufzeigen sowie eben hauptsächlich die Reaktionen der Amateurin. Spannendes Thema aber, und ich bin froh, dass das hier auch viel Beachtung findet.
Ich halte eine stets gleiche Haltung für eher nicht so geeignet.
Vielmehr sorgt Bewegung und Variation dafür, dass kein Muskel zu lange einseitig
beansprucht wird. Ich wechsle beim Üben zwischen Stehen und Sitzen, und die Geige ist
mal höher auf der Schulter, mal weiter unten, mal mehr seitlich (russische Schule) oder
mehr nach vorne (französisch). Ich fühle mich tatsächlich bei unterschiedlichen Stücken
in verschiedenen Haltungen „wohl“ ... die einzige exakt richtige Haltung kenne ich nicht.
(Das ist ähnlich wie am Computer .. die eine ergonomische Haltung gibt es nicht, ich wechsle
ständig ab, auf dem Stuhl, in der Höhe, mit dem Arm.)
Man kann das bei vielen berühmten Geigern auch beobachten. Der Kopf dreht sich zum Beispiel
herum, zum Griffbrett und zurück, legt sich zur Seite, Schnecke wird etwas angehoben, je nach
Intensivität des Spiels.
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Dabei musst du mir dann erstmal erklären, was du unter einer stets gleichen Haltung verstehst.
Ich stimme dir aber in der Hinsicht zu, dass jede Haltung dynamisch sein soll, wenn du das so meinst. Das heißt, in den Muskeln steckt eine Bewegungsbereitschaft drin, was nur geht, wenn dieser Muskel nicht festgehalten wird. Wenn die Stütze und der Kinnhalter gut angepasst sind, muss das aber auch nicht sein (wie du sagtest, dann kann sogar der Kopf beweglich bleiben und sich mal drehen etc.). Wenn ich es schaffe, eine Körperhaltung zu etablieren, die frei im Oberkörper und bewegungsbereit ist, glaube ich, dass die Geige an Ort und Stelle bleiben kann. Es gibt genauso berühmte Geiger, bei denen man das sehen kann (z.B. Augustin Hadelich, Frank Peter Zimmermann, Hilary Hahn...).
Ich denke auch dass die Vorstellung von "der einen ergonomischen Haltung", dass ich nur den Körper einmal richtig ausrichten muss, und dann kann ich in dieser idealen Position verharren, problematisch ist. Aber ich denke die Vorstellung von z.B. "die Geige mit dem Kopfgewicht balancieren", anstatt sie einzuklemmen, kann helfen, den Nacken- und Schulterbereich dynamisch zu lassen, und die Geige trotzdem mit einem guten Gefühl zu stabilisieren. Das hat den meiner Meinung nach großen Vorteil, dass die linke Hand keinerlei Haltearbeit mehr machen muss und frei um die Geige schweben kann (Siehe genannte GeigerInnen). Meiner Meinung nach kann bei manchen Leuten eine ständig wechselnde Haltung bedeuten, dass sich immer wieder langsam Spannungen anbahnen, die dann durch das variieren wieder etwas nachlassen, aber dann an anderen Orten wieder kommen, anstatt eine Lösung zu finden diese ungünstigen Haltespannungen im Oberkörper loszuwerden.
Ich hoffe ich konnte ein wenig einen Gedankenanstoß anregen, ich verstehe, dass es ein kontroverses Thema ist, und ich kann auch erstmal nur von meiner persönlichen Erfahrung sprechen. Ich freue mich von euren zu hören.