Herkunft? Alter?

  • Das es sich bei diesem Stück höchstwahrscheinlich nicht um eine original von Guarnerius hergestelle Violine handelt, ist mir wohl bewusst, doch hätte ich gerne gewusst woher sie stammt und wie alt sie wohl ist?


    Zettel:


    Joseph Guarnerius fecit +
    Cremonae anno 17 IHS
    ("ae" bei Cremonae ist zusammen geschrieben)


    Sie wurde auf jeden Fall schon vor dem 2. WK in einem Orchester benutzt. Der damalige Besitzer verlor jedoch im Krieg seinen linken Ringfinger und konnte nur noch sehr eingeschränkt spielen bis er es wohl schließlich aufgab und sie auf dem Dachboden verweilte.


    Sie wurde dann Anfang der 90 er Jahre restauriert (Risse u. Holzwürmer) und wie mir erzählt wurde, hat der damalige Geigenbauer über dieses Instrument verlauten lassen, dass es sich um eine recht gute Geige (zumindest vom Klang her) handelt (jedenfalls quakt sie nicht so wie moderne Billiginstrumente, sondern hat nen schönen vollen, sanften Klang). Griffbrett ist (relativ) neu, darunter ist vieles von Holzwürmern zerfressen gewesen und vom Geigenbauer ausgebessert worden.


    Wert ist mir auch unbekannt, dürfte aber bei all den Macken nicht sehr hoch liegen.


    Was meint Ihr?

  • Ja, das ist wohl eine schöne "Kopie", ca. 120-150 Jahre alt und wahrscheinlich aus Böhmen stammend. Der Wert derartiger Geigen hängt entscheidend vom Klang ab, wobei Geigen ohne bzw. mit falschem Namen leider eher unterbewertet werden.
    MfG
    Rainer

  • Die "richtige" Bewertung von Geigen ist ein weites Feld. Zweifellos dient(e) das Einkleben berühmter Zettel mit dazu, den scheinbaren Wert für unbedarfte Käufer zu erhöhen. Für den Kenner ist aber eher das Gegenteil der Fall: ein falscher Zettel ist fast noch schlechter als gar keiner, weil ein guter Geigenbauer es wohl kaum nötig hätte, seine Identität zu verbergen. Aus finanziellen Gründen war es für viele Produzenten oder Händler aber offensichtlich viel attraktiver, einen falschen Zettel einzukleben. Selbst bei sehr gutem Klang einer von einem anonymen Erbauer stammenden "Imitatgeige", wird sie heute deutlich niedriger bewertet werden als eine vergleichbare mit ehrlicher Geschichte von einem "namhaften" Erbauer.
    MfG
    Rainer

  • Gut, ich will sie ja auch zum Glück nicht verkaufen, sondern bespielen und dafür ist sie bestens geeignet.
    Woran kannst Du denn erkennen, ob sie nur 100 oder 150 Jahre alt ist? Baustil? Lack? Gebrauchsspuren (wohl weniger)?

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Was haben damals denn Böhmische Geigen eigentlich gekostet? relativ viel oder wenig?


    Diese Frage würde mich auch interessieren. Was hat man damals für eine böhmische Geige bezahlen müssen und wie verhält sich das kaufkraftbereinigt - also z. B. wie lange müsste man heute dafür arbeiten bzw. wieviel Laib Brot würde man dafür erhalten usw.


    Aber ich fürchte diese Frage ist gar nicht so einfach zu klären. Naja - falls jemand Infos darüber hat?! :rolleyes:

  • Genaueres dazu müsste man im Musikinstrumentemuseum von Markneukirchen erfahren können. Nach meinem Wissen reichte es für die Handwerker und deren Familien gerade so zum Leben. Den großen Gewinn haben die Aufkäufer und Zwischenhändler, die sog. Verleger, und die Musikalienhandlungen n den Städten gemacht Es ist eigentlich erstaunlich, dass sich nicht mehr Geigenbauer in den Großstädten niedergelassen und direkt vermarktet haben.
    MfG
    Rainer