Hopf Geige mit alter Mensur, was beachten?

  • Hallo,
    ich besitze seit letztem Sommer eine Geige mit Hopf-Brandstempel, vom Geigenbauer, überholt und eingerichtet.
    Sie hat einen Keil unterm Griffbrett, aber einen kurzen Hals mit einer schwingenden Saitenlänge von 322-323 mm.


    Jetzt im Winter fiel mir auf, dass der Ton (Saiten: Tonica medium) deutlich schärfer wurde.
    Ich habe Eudoxa aufgezogen und sie einen halben Ton runtergestimmt, die Geige klang sofort besser und schwang auch stärker mit.


    Im Sommer war sie mit Tonica medium-Saiten völlig normal.


    Ich als Laie vermute, wenn ich mir so ansehe, wie mein Holzbogen auf Luftfeuchtigkeit reagiert, dass es durchaus damit zusammenhängen kann.


    Meine Frage ist nun:
    Ist es riskant, wenn ich auf so eine Geige Saiten normaler Stärke aufziehe?
    Weiche Eudoxa-Saiten sind schwierig zu bekommen, gibt es, abgesehen von reinen Darmsaiten, Saiten mit noch weniger Spannung als Eudoxa?


    Sollte ich sie im Winter lieber runterstimmen, oder ist das übertrieben?


    Vielen Dank schonmal!

  • Ich würde im Zweifel den Geigenbauer um Rat fragen, der das Instrument kennt bzw. direkt beurteilen kann, welche Saiten am Besten zu ihr passen. Eine Geige, die keine normalen mittelstarken Saiten bzw. keine normale Stimmung verträgt, ist m. E. nicht mehr alltagstauglich. Meist sind entsprechende Sorgen aber unbegründet.
    MfG
    Rainer

  • ...wenn es wirklich eine alte Geige ist, ist sie vielleicht (sogar wahrscheinlich) für die Barockstimmung gebaut worden- die lag bei a = 415 hz. Wenn dem so ist, tust du deinem Instrument nix Gutes, wenn Du sie auf 440 hz hochzwingst (auch wenn sie das aushält, ist die höhere Spannung dauerhaft risikoreich bezüglich Rissen und so). Ich hab eine Bratsche, die würde zwar auch die Normalstimmung aushalten (ist kein Barock/Kurzhalsinstrument), klingt in Barockstimmung aber auch deutlich schöner- ich hab sie deshalb dauerhaft in Barockstimmung, und bin damit sehr zufrieden. Ich hab mir da lieber noch ein Zweitinstrument zugelegt, welches neueren Baujahrs ist, und die 440 hz locker mitmacht. Was bringt es, sich ein wertvolles Barockinstrument/altes Instrument zu verderben, oder sich mit schrill gequälten Tönen selber zu ärgern?

  • @ Braaatsch: In vielen Fällen lässt sich das aber durch die Einrichtung merklich verbessern.
    Wenn eine Geige wirklich bei 415Hz am schönsten klingt macht für mich nur noch ein Rückbau zur Barockgeige sinn. Ich stimme meine umgebaute Barockgeige auf 443Hz, ohne Probleme.
    Nachdem sie ein Barockbogenbauer in der Hand hatte und die Einrichtung überabeitet hat, klingt sie auch in diesem Bereich am schönsten. Davor hatte sie ihren "Sweetspot" bei etwa 420 Hz.
    Er hat mir sogar Saiten mit einer hohen Saitenspannung empfohlen, da diese dem Klang zuträglich seien. Von Oliv, die ich zuvor auf der Geige hatte, hat er mir explizit abgeraten. Ich fand es anfangs auch eher verwunderlich, aber das Ergebniss spricht wirklich für sich.
    Wenn ein Instrument natürlich wirklich Probleme hat, mit der Saitenspannung physikalisch umzugehen, ist das sicher keine gute Idee. Das Instrument hätte für mich im modernen Ensemble dann auch wenig Wert.
    Was mache ich mit einem modernen Instrument in Barockstimmung? Ich kenne kein Ensemble, bei dem ich da mitspielen könnte. Wenn dann wirklich mit blankem Darm und Barockbogen.




    Das eine Geige schärfer klingt, kann auch mit der Luftfeuchtigkeit zusammenhängen. Es könnte sich auch einfach der Stimmstock etwas verrückt haben, oder ähnliches. Ich denke, da kann nur ein Geigenbauer, der das Instrument zu Gesicht bekommt helfen. Meiner Erfahrung als Laie nach macht man sich oft viel zu große Sorgen um sein Instrument. Ich kann nicht mehr zählen wie oft ich beim Geigenbauer stand und es nur winzigste Kleinigkeiten waren.


    Viele Grüße

  • Ja, es kann sein, daß ich mir da zu viele Sorgen mache. Das gebe ich gerne zu, ich hänge sehr an meinen Instrumenten. Ich stimme Dir auch zu, daß das Zusammenspiel in Barockstimmung problematisch ist, man sollte da nicht einfach mal "zwischendurch hochstimmen". Ich habe daher auch eine moderne Bratsche, die diesbezüglich völlig normal und unproblematisch ist, da "stell ich mich auch nicht so an" ;)


    Das Instrument, von dem ich spreche, kann sicher entsprechend eingerichtet werden, aber da mir der Klang gefällt, und ich persönlich die alte Stimmung sehr mag (und bevorzugt Barockmusik spiele), ist das für mich ok. Ein "Rückbau" lohnt sich nicht, weil es nie ein "Barockinstrument" war, und eine optische "Pseudobarockisierung" ist auch Blödsinn. Für mich paßt das so, aber das ist sicher eine individuelle Lösung.


    Ich persönlich würde aber vorsichtig sein, eine Kurzhalsgeige ohne weiteres auf 440hz zu stimmen. Ist auch die Frage, ob das sein muss, oder ob man nicht auf Dauer mit einer modernen Geige glücklicher wird. Ich persönlich halte nichts davon, ein Barockinstrument (sollte es eines sein!) auf "modern" zu trimmen: es gibt genug moderne Geigen, die entsprechend gebaut sind. Ich bin Barockfreund, daher ist meine Meinung da auch sicher etwas "beeinflusst". Das mit der höheren Saitenspannung kann gutgehen, muss aber nicht. Aber wie gesagt: vielleicht bin ich zu vorsichtig, vor allem wenn ich ohne das Instrument zu kennen übers Internet Ratschläge erteile....auf jeden Fall würde ich das nicht ohne Geigenbauer machen.

  • Also nochmal kurz zu meiner Geige:
    Ich habe sie ja vom Geigenbauer.. modern eingerichtet. Dass es eine Kurzhalsgeige ist hat meine Nachmessung ergeben.. als ich sie kaufte wusste ich nicht, dass es sowas gibt.. der Korpus hat Normalgröße.
    Im Moment spiele ich sie mit dampit und Eudoxa-Saiten auf 440 hz, und es geht.. schärfer als im Sommer klingt sie schon, aber das wird sich dann ja auch wieder geben.
    Wenn ich weniger Stress und mehr Geld habe, überlege ich schon, mit meinem Instrumentenpark mal einen Geigenbauer zur Klangoptimierung aufzusuchen. Aber das ist nicht das Fachgebiet meiner GB hier, und für mehr reichts im Moment einfach nicht (alle Instrumente schnappen und in eine andere Stadt fahren).
    Vermutlich mach ich mir zuviele Sorgen.. ich denk mir dann, die Geige ist 150 Jahre alt, die hat schon viele Winter und Sommer überstanden.

  • Meine hat keinen kurzen Hals mehr. Die Geige wurde 1848 umgebaut, dabei wurde unter anderem der Hals ersetzt, ich habe eine "normale", moderne Mensur. Lediglich die Deckenkrümmung ist noch Barock. Ich bin auch ein Freund der Barocken Spielweise, aber ich finde es noch einmal wesentlich schöner auf einer wirklich dafür eingerichteten Geige zu spielen. Ich kann Dich aber durchaus verstehen und es auch nachvollziehen.


    Wie das bei dieser Hopfgeige wirklich ist, kann ich nicht beurteilen. Da es beim TO plötzlich aufgetreten ist, macht unsere kleine Privatdiskussion aber eigentlich unnütz in diesem Bereich.
    Nichts ohne einen Geigenbauer zu machen ist aber in diesem Fall sicher keine schlechte Idee!


    Viele Grüße

  • Ich bin der Threadersteller, und ihr dürft hier gern weiter diskutieren, ich finds interessant :)


    Ich hoffe doch, dass der Geigenbauer das in diesem Falle wusste.