Beiträge von MrAranton

    Vom Fingersatz her schenken sich "Stille Nacht, heilige Nacht" und "Morgen kommt der Weihnachtsmann" nicht viel. Trotzdem halte ich drei Wochen für zu wenig Zeit, um selbst einfache Stücke als Erwachsener einigermaßen vorzeigbar spielen zu lernen. NIcht weil man als Erwachsener langsamer lernt, sondern weil die meisten Menschen bei Kindern ist man da weniger anspruchsvoll und kritisch sind.
    Die Seele des Geigenspiels ist der Umgang mit dem Bogen. Und darauf lässt sich von der Gitarre kommend gar nichts übertragen. Strichtempo und Druck so zu dosieren, dass man einen sauberen Klang in der gewünschten Lautstärke erzeugt, ist ziemlich komplex und völlig anders als alles, was beim Gitarrespielen mit der rechten Hand macht.
    Unter Umständen könnten Deine Erfahrungen mit der Gitarre Dich sogar ausbremsen, weil das Griffsystem ein anderes ist. Das ist wie beim Tippen. Die Fingerfertigkeit, die man dabei entwickelt, hilft einem nicht sonderlich weiter, wenn man statt einer deutschen QWERTZ plötzlich eine französische AZERTY-Tastatur unter den Fingern hat.

    Geigenzettel wurden mindestens so fleißig gefälscht wie Geld. Ohne Bilder des Instrumentes kann man unmöglich beurteilen, wie viel es wert sein könnte. Also: Bitte Bilder von Vorder- und Rückseite, Zargen und Schnecke nachreichen.

    Also ich würde ausschließen, dass diese Geige eine echte Stradivari ist. Schön ja. Alt auch, aber nicht so alt.


    Begründung:
    Die jetzt moderne Mensur kam erst so um 1800 auf. Stradivari war da schon tot, er hat noch mit der barocken Mensur gearbeitet. Seine Geigen wurden deshalb nach 1800 auf die neue Mensur umgebaut. Das schließt das einsetzen eines neuen Halses ein. Die "Anschäfter" genannte Maßnahme hinterlässt deutlich sichtbare Spuren am Übergang vom Hals zum Wirbelkasten und zum Korpus, die hier nicht zu erkennen sind. Das heißt: Diese Geige wurde nach 1800 gebaut und kann somit nicht von Stradivari sein.


    Aber es ist definitiv keine billige Böhmenkratze; das Instrument könnte durchaus profitauglich sein. Aber in dem Fall spielt der Klang eine derart große Rolle, dass ich Wertschätzungen nur anhand von Bildern für unseriös halte. Ich schließe mich Rainer an, und empfehle den Gang zu einem Geigenbauer. Der wird - wenn er sich dazu nicht in der Lage sieht - Adressen für seriöse Bewertungen und Verkäufe nennen können.

    In den Händen von Anfängern klingen Geigen meist alles andere als toll; eher in Richtung gefolterter Katze. Inwieweit das geduldet wird, hängt von der Schalldichtigkeit der Wände und der Toleranz der Nachbarn ab. Ich würde Dir empfehlen Unterricht zu nehmen, denn beim Geigen gibt es eine Menge Sachen die man falsch machen kann. Und wenn man sie sich einmal falsch angewöhnt hat, ist es schwer sich zur richtigen Technik umzugewöhnen. Von den körperlichen Schwierigkeiten, die man sich mit einer schlechten Geigenhaltung einhandeln kann, ganz zu schweigen.

    Bis überschüssiges Kolophonium aus dem Bogen gespielt ist, kann es eine ganze Weile dauern. Selbst wenn Du jetzt sparsamer mit dem Kolophonium umgehst, wäre es möglich, dass die Überschüsse noch im Bogen sind; oder wurde die Bespannung ausgewaschen? Trage versuchshalber mal eine Weile gar kein Kolophonium auf, und beobachte, wie sich der Klang mit schwindendem Kolophonium verändert. Wenn der Ton dünn und pfeifend wird und dem Bogen Grip fehlt, sodass er sich "seifig" spielt, ist zu wenig drin und dann kannst Du welches auftragen.


    Das Gefühl "moll zu spielen" und die Unsicherheit, ob die Finger richtig liegen, könnte eine Sache der Wahrnehmung und Tongewöhnung sein. Du hast am Anfang des Threads erwähnt, dass Du schon lange Querflöte spielst. Soweit ich weiß transponieren manche Querflöten. Wenn Du vor allem eine solche Transponierende Flöte spielst - sagen wir eine in b - klingt ja wenn Du ein c spielst, nicht etwa ein c sondern ein b. Das heißt: Wenn Du gedanklich eine "C-Dur"-Tonleiter in Deinem Kopf erklingen lässt, wäre es in Wahrheit eine B-Dur-Tonleiter. Wenn Du nun zur Geige wechselst, wo C-Dur nicht wie B- sondern wie C-Dur klingt, kann Dein Harmonieempfinden Dir Streiche spielen und die falschen Töne erwarten, z.B. das c nicht als Grundton sondern als zweiten Ton der vertrauten B-Dur-Tonleiter wahrnehmen. Aber das geht nur gut, bis Du beim e ankommst; da erwartet ein transponierte Tonleitern gewöhntes Gehör ein es und schon klingen die Töne "falsch" obwohl sie richtig sind.


    Eine andere mögliche Ursache könnte eine schlechte Stimmung sein. Da Du beim Stimmen Schwierigkeiten hattest, wäre es durchaus denkbar, dass die leeren Saiten nicht ganz stimmen, und dann stimmt die Grifftabelle natürlich auch nicht. Andererseits sollte Deine Lehrerin gemerkt haben, wenn die Geige schlecht gestimmt ist...
    Wie lange sind die aktuellen Saiten schon in Betrieb? Saiten verschleißen ja (Stahlsaiten können sogar Rost ansetzen) und verlieren im Lauf der Zeit ihre Quintenreinheit. Auch das führt dazu, dass Grifftabellen nicht stimmen. Das kann man wie folgt überprüfen: Wenn man zwei benachbarte Saiten (und richtig gestimmte!) an derselben Stelle aufs Griffbrett drückt und anstreicht, müsste eine Quinte erklingen. Das ist ein recht harmonisches Intervall sodass Abweichungen schnell unharmonisch klingen. Jedenfalls: Wenn der Quintgriff passt und es schräg klingt, sind die Saiten hinüber und müssen ausgetauscht werden. Wenn es Dir schwer fällt, mit einem Finger zwei Saiten herunter zu drücken, solltest Du Deine Lehrerin das überprüfen lassen. Aber auch das hätte sie eigentlich merken müssen.
    Deshalb die meiner Ansicht nach wahrscheinlichste Erklärung dafür, warum es nicht so klingt, wie Du gern hättest. Ein stumpfer Klang ist bei Anfängern relativ normal. Da hat Violaine Recht, bis es so klingt, wie Du gerne hättest, braucht es vor allem Übung und Zeit.

    Bei den Problemen mit dem Stimmen könnte etwas Wirbelpflege helfen. Behandle sie mit Wirbelpaste (wie z.B. dieser hier). Die hat zwei Funktionen: Zum einen enthält sie eine schmierende Komponente, wenn die Wirbel gut und leichtgängig laufen, ist die Belastung im Wirbelkasten geringer, so dass andere Wirbel nicht so leicht beeinflusst werden. Aber es gibt auch eine Komponente, die für Reibung sorgt, dadurch halten die Wirbel gleichzeitig besser als wenn ihre Pflege vernachlässigt wird. Ggf. kann man den Grip mit etwas Kreide erhöhen. Erwarte aber keine Wunder; schlecht eingepasste Wirbel passen dadurch nicht besser, aber einigermaßen passende Wirbel, die bockig sind, weil sie sich etwas festgesetzt haben, können so gezähmt werden.
    Ach ja: Kurze Gebrauchsanweisung: Nimm die Wirbel heraus (nacheinander, nicht gleichzeitig, damit der Steg nicht umfällt), und streiche die Stellen, an denen sie in den Löchern des Wirbelkastens liegen mit der Wirbelseife ein. Dann stecke den Wirbel in seine Löcher zurück und drehe ihn einige Male mit Schmackes darin, um die Paste zu verteilen, bevor Du die Saite wieder einhängst. Wenn Du das bei jedem Saitenwechsel machst, sollten derartige Probleme der Vergangenheit angehören.


    Um Dir zu dem "seltsamen Klang" zu helfen, müsste man wissen, was ihn so seltsam macht... also: mehr Infos bitte.

    Ja, es handelt sich um eine echte Geige. Aber nein, es ist garantiert keine Stradivari. Um die ganzen Geigen mit Stradivari-Zetteln bauen zu können, müsste der Mann heute noch in seiner Werkstatt stehen. Ich würde auf Böhmen oder Sachsen spätes 19. frühes 20. Jahrhundert tippen. Gibt es wie Sand am Meer.


    Der Wert ist anhand der Bilder nicht seriös einzuschätzen, dürfte aber, da das Instrument ein wenig Renovierungsbedarf hat (zumindest der fehlende Steg müsste ersetzt werden), nicht allzu hoch sein.

    Nein, ganz so einfach ist das mit den Obertönen nicht. Saiten können nicht nur auf ihrer gesamten Länge schwingen, sondern auch mit "Knoten", an denen sich die Schwingung in mehrere kleine Teilschwingungen zerlegt. Beim Spielen von Flageolett-Tönen erzeugt man diesen Effekt bewusst.
    Außerdem können neben der Eigenfrequenz auch andere Frequenzen eine Saite zum Schwingen anregen, wenn auch nicht so stark. Wenn die Geige wirklich gut auf reine Quinten gestimmt ist, kann man das sogar sehen. Wenn man auf der g-Saite ein fff spielt, fängt die d-Saite an, sichtbar mit zu schwingen, z.T. sogar so stark, dass sie ihrerseits die a-Saite zum sichtbaren Schwingen anregt.
    Was die Spieltechnik betrifft, versuche keine Heldentaten. Das Handgelenk und die Finger müssen sich an die Bewegungsabläufe beim Geigen gewöhnen. Die entsprechende Beweglichkeit hat man nicht von Anfang an, sie muss antrainiert werden. Von daher denke ich nicht, dass Dein Lehrer nicht darüber nachgedacht hat, sondern es als Fernziel gesehen hat, das er in Angriff nehmen wollte, wenn Dein Handgelenk und Deine Finger fit genug sind.


    Ich bin ein Mann. Ich habe zwar nicht unbedingt Pranken wie ein Bär, aber meine Finger sind recht kräfig. Mit der hochgezogenen Hand und dem leicht abgeknicktem Handgelenk ist es für mich kein Problem, meine Finger so senkrecht aufs Griffbrett zu setzen, dass ich die Nachbarsaiten nicht berühre. Aber ich kenne auch jemanden, der, nachdem seine Finger für die Geige zu wuchtig wurden, erst zur Bratsche und dann zum Cello gewechselt ist.

    Es wäre schon besser, wenn Du Dir das abgewöhnen könntest. Die Berührung der Nachbarsaite dämpft die mitschwingenden Obertöne, so dass der Klang "dünner" und weniger komplex wird.
    Ohne zu sehen, wie Du die Finger setzt, ist es schwer, Dir Hinweise zu geben, wie sich das Berühren der Nachbarsaite vermeiden lässt, aber so in Blaue hinein habe ich zwei Tipps:
    1. Nimm die linke Hand etwas höher und knicke sie im Handgelenk ein wenig in Richtung G-Saite ab, so wird es leichter, die Finger senkrecht von oben auf die Saiten zu setzen.
    2. Setze die Finger etwas weiter in Richtung Bassseite auf die Saiten. Nicht so weit, dass Du anstelle der höheren Saite die tiefere berührst, aber halt etwas mittiger.