Es ging mir nicht daraum, Leuten, die "was gönnen wollen" irgendwelche Vorwürfe zu machen. Mir geht es darum, dass der Konzertbetrieb und der "große Solist" zu einem mehr oder weniger allgemeingültigen Maßstab erhoben werden, ohne daran zu denken, dass ja nicht jeder Solist oder Profimusiker ist und daher objektiv andere Anforderungen ans Material hat.
Vielleicht liegt es daran, dass ich in der Provinz wohne, wo ein Musikgeschäft im Umkreis von sechzig Kilometern keine Konkurrenz hat. Als ich da einem Verkäufer zu verstehen gegeben habe, dass ich keine fündundsiebzig Euro für Eudoxas ausgeben möchte, kam der mir mit: "Wenn Sie nicht wollen, dass ihre Geige gut klingt, kann ich ihnen auch was *billiges* verkaufen." Gut, er konnte nicht, weil ich in dem Augenblick beschlossen habe, Saiten künftig im Internet zu bestellen und den Laden ohne weiteres Wort verlassen habe.
Dieser Snobismus von wegen ist mir da nicht das erste Mal begegnet. Meine Geigenlehrer waren ähnlich drauf und haben auf teuren Saiten und teurem Kolophonium bestanden. Manchmal hört man auch Sprüche wie: "Ich spiele diese sündhaft teuren Saiten, weil mein Können auf dem billigen Kram nicht zur Geltung kommt." Ich denke, in vielen Fällen ist das Selbstbetrug, der durch das teure Material unterstützt wird. Wenn man Anne-Sophie Mutter eine 150€ Böhmenfiedel mit Billigsaiten in die Hand drückt, wird sie - vorausgesetzt, das Instrument ist technisch in Ordnung - damit immer noch schönere Musik machen als Amateure, die meinen, nur mit Saiten spielen zu können, die auch von Profis verwendet werden.
Ich bin für eine Demokratisierung von Musik und finde: Dieser Snobismus muss doch wirklich nicht sein. Zumal diese Haltung sich auf das Angebot auswirkt. Bei Gitarrenspielern scheint dieser Snobismus nicht so weit verbreitet zu sein. Die Folge: Wenn ein Gitarrenspieler einen Satz (also insgesamt sechs!) neue Saiten braucht, muss er dafür oft weniger bezahlen als unsereins für eine einzige (!) Saite. Das kann nicht allein daran liegen, dass die Herstellung von Geigensaiten aufwändiger wäre. Zumal ich auch daran zumindest mal Zweifeln anmelden möchte; Gitarrensaiten sind länger, brauchen mehr Material und die Fehlertoleranzen sind auch nicht kleiner als bei Geigensaiten.
Mein Aufruf lautet nicht: "Kauft kein teures Material" er lautet: "Orientiert Euch bei der Wahl Eures Materials an euren tatsächlichen, persönlichen Bedürfnissen und nicht an jenen irgendwelcher Stars, die ganz andere Anforderungen haben."