Beiträge von Emil

    @Gesche

    Zitat


    Geigenlehrer bekommen manchmal, gerade in gehobenen Preisklassen, Provision beim Geigenkauf ihrer Schüler

    Das war auch mein Gedanke. Wir haben dem auf den Zahn gefühlt, meine Frau hat ihm vorgeschlagen, dass er doch Provision nehmen soll, weil er doch so viel zeitlichen Aufwand (und Sprit) hat, da hat er sofort abgewunken, das mag er nicht und hat er noch nie genommen, der Jaumann in München (das ist "sein" Geigenbauer, wo er hingeht - seine einzige Bezugsquelle) hätte ihm das auch noch gar nicht angeboten. Deckt sich auch damit, dass er vieles für seine Schüler macht, ohne davon einen Nutzen zu haben. Straßenmusik z.B., am Ende des Tages wird das Geld an alle außer ihn verteilt, er will nichts dafür, will, dass die Kinder sich drüber freuen. Er überzieht auch immer endlos, gibt manchmal bis zu zwei Stunden Unterricht, obwohl wir nur für 45 Min zahlen. Und ist menschlich total nett und gutmütig, meine Frau mag ihn total gern. Das alles ist in sich stimmig, er hat wohl tatsächlich nichts davon, wenn er Geigen aussucht. Finanziell.

    Was schon sein könnte: Dass er die Geigen gewohnt ist selber auszusuchen, und nicht so gut klarkommt, wenn jemand ohne ihn sich selber informiert und Geigen aussucht, möglicherweise ist er da negativ voreingenommen, weil es lief ja nicht so, wie es üblich ist - nämlich über ihn.


    Seine Art, Geigen zu testen, ist mir allerdings etwas suspekt. Einmal haben wir ihm sieben Geigen hingelegt. Jede kurz angespielt, ein paar Tonleitern, gebrochene Akkorde über alle Saiten, dann wanderten schonmal fünf weg. Wir waren beeindruckt ob seiner Professionalität und Routine. Dann hat er auf den verbliebenen auf jeder Saite bis in die hohen Lagen die Töne möglichst nüchtern und gleichmäßig mit - seiner Aussage gemäß - etwa 70 Prozent Kraft gespielt. Um die Spitzen herauszufinden- wie gleichmäßig die Töne sind, ob da welche sind, die lauter als andere sind oder häßliche Nebengeräusche produzieren. Das war allerdings der Hauptteil des Tests, und das war's dann eigentlich. Die Töne, die dabei produziert wurden, waren alles andere als schön. Er provozierte direkt die Spitzen. Zunächst war ich immer noch beeindruckt, aber ich frage mich, ob das so entscheidend ist. Es ist sicher sinnvoll, so etwas zu integrieren. Aber Geigen, die zu viele Spitzen produzieren, dann sofort abzuurteilen, ohne zu entdecken, was sie vielleicht doch können, schien mir irgendwie nicht vollständig.


    Nur falls es jemand interessiert - jetzt käme eine kleine Geschichte: Es war eine für uns vielversprechende Geige dabei, ein Instrument aus den 50er Jahren vom dänischen Geigenbauer Pauli Merling, auf der meine Frau sehr gut zurecht gekommen ist. Auch 4000 Euro. Die klang auf diese Weise - mit dem gnadenlosen Einzeltongekratze - zumindest im Klassenzimmer grauenhaft, da waren so viele Spitzen dabei. Er meinte, mehr als 1500,- würde er für die nicht zahlen, und nehmen würde er sie sowieso nicht.


    Verwirrt haben wir am nächsten Tag eine uns bekannte begnadete Geigerin (hatte ich schon erwähnt) angerufen, ob wir mal mit drei Geigen bei ihr vorbeikommen dürfen. Das war ein völlig anderes Erlebnis: Sie hat ein, zwei Minuten gebraucht, um den Charakter der Geige zu erkennen, und hat sich auf jede eingestellt, und aus jeder Geige den schönstmöglichen Ton hervorgebracht. Sie hat - wohlgemerkt allen - Geigen Klänge entlockt, die waren zum Niederknien. Sogar die Tonleitern ;) Ich bin sehr anspruchsvoll, war auch in meinem Leben in vielen Konzerten, bin nicht so leicht zu beeindrucken, aber das hat mich so gepackt, die könnte man so, wie sie ist, auf eine Konzertbühne stellen. So klang also jede der Geigen wirklich schön und war ihrer Ansicht nach ihr Geld wert. Aber jede eignete sich für unterschiedliche Zwecke. Die besagte Pauli Merling war irre tragfähig und hatte einen fetten, breiten Ton bis in die wirklich allerhöchsten Lagen auf der E-Saite, das war der Hammer. Die eignete sich als Solisteninstrument, für den Durchschnittsgebrauch war sie aber eher zu laut und an manchen Stellen etwas vorlaut. Dann hatten wir noch einen Malagutti-Nachbau, die war wunderschön für Kammermusik. Etwas leiser, subtiler, perfekt für Kammermusik. Unser Favorit, den wir behalten haben (eine Müller), war die mit Abstand ausgewogenste, die kann irgendwie alles. Und klang ebenfalls wunderschön. Wäre das ein Konzert gewesen, für das ich Eintritt bezahlt hätte, wäre ich nicht auf die Idee gekommen, dass sie am Instrument gespart hätten - der Ton an sich war ein Genuß in ihren Händen. So ein Potenzial hat sie, hatten eigentlich alle. Meine Frau spielt auch viel im Schülerorchester und braucht daher ein etwas durchsetzungsfähiges Instrument, also war die "Malagutti" raus, so schön sie für sich genommen klang.


    Wir haben sie dann gebeten, möglichst lieblos und provozierend auf der Merling Tonleitern zu spielen - sie hat keine Spitze zustandegebracht, das kann nur unser Lehrer ;) Vielleicht war es auch die Akusik im Klassenzimmer.

    Diese Art, Geigen zu beurteilen - nach kurzem Abklopfen, ob irgendwelche Schwächen bestehen, herausfinden, wofür sie gut sind, was sie wirklich können, das hat mir viel besser gefallen als diese nüchterne Spitzendetektor-Methode ;)


    Aber meine Frau merkt immer mehr, was ihr selber gefällt, und wie Ihr schreibt, darauf kommt es letztlich an, dass es ihr damit Spaß macht und die Geige ihr liegt, dass ein Funke überspringt, das ist wichtiger als die Meinung des Lehrers, auch wenn es natürlich sinnvoll ist, letztere zu berücksichtigen. Da muss ich sie bestärken, auf ihren Eindruck zu vertrauen, sie gibt sehr viel auf die Meinung ihres Lehrers.


    Schöne Grüße + Gute Nacht allerseits !

    Also...nicht jede Geige liegt jedem. Wenn es nicht passt, passt es nicht.


    Tonholz: Ja, mit dem Alter wird ordentlich Werbung gemacht. Wenn es aber nur am Alter des Holzes liegen würde, würde jede böhmische Manufakturgeige die modernen Meisterinstrumente klanglich schlagen- erstere sind nämlich inzwischen 120-150 Jahre "abgelagert". ;)


    ....eine Geige für 3000 kann für den individuellen Spieler also durchaus besser sein/passen als eine für 5000.

    Sehr gute Gedanken, dankeschön !

    Unser aktuelle Mietgeige hat meine Frau, obwohl auch neu, sofort gut gefallen, auch wenn sie sich klanglich erst noch sogar recht deutlich entwickelt hat die letzten Wochen.

    Bei der Sandner war von Anfang kein Funke da, meine Frau wollte sie eigentlich gar nicht mitnehmen. Nächstesmal hör ich auf ihr Bauchgefühl...


    Super Hinweis, das stimmt mit dem abgelagerten - ich dachte zwar, nach dem Verarbeiten und Lackieren ist es nicht mehr dasselbe wie wenn es schon vorher ablagert wäre, aber das ist nur ein spontaner Gedanke von mir, bin da alles andere als ein Fachmann.


    Und der dritte Hinweis erleichtert mich insgesamt.

    Der Lehrer meiner Frau wirkt ständig auf sie ein, noch deutlich mehr Geld zu investieren, und hat sie jetzt so weit, dass sie demnächst zusammen mit ihm zu dem Geigenbauer geht, wo er grundsätzlich seine Geigen für seine Schüler aussucht. Irgendwie interessiert ihn unser Budget auch herzlich wenig ;) so gern ich ihn hab, das gefällt mir irgendwie nicht. Und dort wird er sie sicher "bearbeiten", eine teurere zu kaufen. Die aktuelle Geige gefällt und liegt meiner Frau allerdings so gut, dass vielleicht genau der von dir geschilderte Fall auftreten kann - dass eine Geige, obwohl teurer, trotzdem individuell nicht unbedingt besser gefallen muss.

    Mein Plan war: Aktuell ist meine Frau fortgeschrittene Anfängerin, die noch oft genug damit beschäftigt ist, die Töne sauber zu treffen; man kann überhaupt noch nicht beurteilen, wie talentiert sie ist, ob sie später einmal richtig virtuos, richtig gut werden wird. Sollte das eintreten, dass sie richtig gut wird, worüber ich mich wahnsinnig freuen würde, bin ich doch selber leidenschaftlicher Hobbymusiker, nur ohne Streichinstrumente, dann - und erst dann - würde ich eine "echte Meistergeige" ins Kalkül ziehen und evtl. auch in die 6000-plus-Kategorie gehen, falls ich mir das dann überhaupt leisten könnte. Aktuell fände ich das überdimensioniert; ich wollte ihr mit 3000-4000 Euro, zur Not, wenn da einfach nichts Überzeugendes kommt, notfalls vielleicht auch allerhöchstens 5000, ein schönes, solides Instrument für Fortgeschrittene kaufen, das schon einen schönen Ton hat und "alles kann", was man bei fortgeschrittenen Techniken braucht. Die aktuell gemietete Geige klingt mit ihren 4000 Euro, wenn sie von einem Virtuosen gespielt wird, so dermaßen schön, tragend und ausgewogen, und limitiert den Spielenden auch technisch keinesfalls, wie ich mir von unserer Supergeigerin, die wir besucht hatten, bestätigen ließ, so dass ich mir eigentlich gedacht hätte, das wäre für den aktuellen Stand die perfekte Geige. Nicht billig, aber noch nicht allzu teuer und für uns gerade noch leistbar.

    Na, ich denke, unser Lehrer ist es von praktisch allen anderen Schülern gewöhnt, dass Geld keine Rolle spielt - er unterrichtet an einer Schule und hat hauptsächlich meist lustlose Töchter aus reichem Haus, die Geige lernen sollen, weil das zum guten Ton gehört. Da spielt 10.000 Euro mehr oder weniger eben kaum eine Rolle. Bei uns ist das halt anders, wir sind eben nicht reich, das muss ich ihm vielleicht nochmal verklickern.... ;) Jetzt hab ich mir verratscht, sorry.... Aber ich lösch es jetzt auch nicht mehr ;)

    Wie gesagt, ich habe keinen Schmerz damit. Wollte nur nicht, dass wir die Geige zu schnell verurteilen ;)

    Es ist übrigens das Spitzenmodell von Franz Sandner. 4500 Euro.

    Da hätte ich mir ein wenig mehr erwartet.

    Aber auch gut, diejenige, die wir aktuell vorerst noch gemietet haben, kostet 500 Euro weniger und ist für den Preis und sogar etwas darüber hinaus echt toll.

    Ich hatte mir nur als allererste die Sandner eingebildet, die wollte ich wenigstens mal probiert haben, drum haben wir die Bestellung nicht gecancelt, nachdem wir unseren aktuellen Favorit gefunden hatten.

    Beim Hieber in München hat der nette Berater auch gemeint, die Sandner 890 wäre "unfassbar gut", deswegen habe ich die Bestellung laufen lassen und wollte ihr eine Chance geben, obwohl wir in der Zwischenzeit ein Instrument gefunden haben, mit dem meine Frau sehr zufrieden ist.

    Nun kann ich das Thema abhaken ;)
    sollte auf dem Transportweg etwas passiert sein, kann ich das jetzt auch nicht mehr berücksichtigen, ich werde damit nicht nochmal zu einem Geigenbauer gehen ;)

    Vom Hersteller wurde sie zu einem großen Musikhaus geschickt, dort hatte ich sie bestellt und abgeholt, wir hatten zwei zur Auswahl. Ich tu da jetzt nicht rum. Wenn die es nicht schaffen, eine optimal eingestellte Geige zu stellen, dann eben nicht.

    Der Steg steht optimal, sowohl von der Neigung her als auch die Position zwischen den F-Loch-Kerben.

    Stimmstock kann ich natürlich nicht beurteilen, aber wie gesagt, ich hatte ausführlich mit jemand aus dem Werk telefoniert, und sie sollte natürlich optimal spielfertig gemacht ankommen. Es ist ihr Spitzenmodell. Wenn das dann so klingt, weiß ich auch Bescheid und wir bleiben bei unserer derzeitigen.

    Es ist eine Manufakturgeige. Schon alles komplett in Deutschland in der Werkstatt gemacht, aber von unterschiedlichen Geigenbauern, die auf entsprechende Einzelschritte spezialisiert sind, wodurch insgesamt weniger Arbeitszeit anfällt, daher günstiger als eine echte "Meistergeige", die vom Geigenbauer persönlich ohne Zeitlimit gebaut wird.

    Ich wollte sie eigentlich schon abbestellen - hatte sie schon vor etlichen Wochen geordert - weil wir inzwischen eine sehr schöne gefunden haben, aber sie ist in höchsten Tönen gelobt worden, und ich hätte mir sonst ewig gedacht, ich hätte möglicherweise etwas versäumt.

    Habe bzw. hätte ich nicht ;)

    Hallo zusammen,


    meine Frau ist gerade dabei, sich für eine neue Geige zu entscheiden.

    Aktuell haben wir eine neue, an sich sehr hochwertige Geige zum Ausprobieren daheim.

    Sie ist "frisch" gebaut und praktisch ungespielt.


    Meine Frage:

    Welche grundsätzlichen Eigenschaften sollten gleich von Anfang an "voll da" sein, so dass man sie sofort beurteilen kann?


    Mir ist klar, dass sich die Klanghölzer erst noch richtig "einschwingen"/entwickeln müssen und der Ton an Volumen und Ausdruckskraft zunehmen wird, gerade in den hohen Lagen.


    Trifft das auch auf grundsätzliche wichtige technische Eigenschaften wie z.B. Ansprechverhalten zu?


    Die neue Geige spricht nämlich deutlich schlechter an als ihr aktueller Favorit - es ist mühsamer, einen vollen, schönen Ton aus ihr herauszubringen.

    Nicht selten reisst der Ton sogar irgendwie ab bei langen Bogenstrichen.

    Mit demselben Bogen gespielt natürlich.

    Sind das Eigenschaften, die jetzt schon voll da sein sollten?

    Oder müssen auch diese Eigenschaften sich erst noch entwickeln?


    Meine Frau ist nämlich kurz davor, die Geige einfach wieder zurückzugeben, es macht ihr einfach keinen Spaß, auf ihr zu spielen, sie ist nicht die allergeduldigste ;)

    Aber ich bin mir nicht sicher, ob das klug ist und wir eventuelles Potenzial nicht erkennen, wenn wir diese Entscheidung schon so früh treffen.

    Denn eigentlich hat diese neue Geige objektiv die besten, wertvollsten, am längsten abgelagerten Tonhölzer (mindestens 20 Jahre abgelagert z.B. für die Decke), und ich habe mir viel davon erwartet, ehrlich gesagt und bin etwas ernüchtert.


    Was meint Ihr?

    Ist es normal, dass sie noch nicht gut anspricht, oder sollte das von Anfang an stimmen?


    Vielen Dank und schöne Grüße

    Emil