Beiträge von Braaatsch

    Sachsen/Böhmen war seinerzeit die Region, wo sehr sehr viele (also die meisten) Manufakturinstrumente herkamen (es gab auch andere große Zentren, z.B. Mirecourt). Da wurden einfach riesige Stückzahlen produziert. Die sächsischen/böhmischen Geigen wurden damals nach ganz Europa und auch bis nach Amerika exportiert, von Großhändlern geordert und weiterverkauft. Es kann also gut sein, daß der Uropa die Geige ganz woanders gekauft hat- trotzdem ist eine sächsisch/böhmische Herkunft sehr wahrscheinlich. Zudem hatten die Leute damals nicht immer viel Geld, sodaß er vielleicht -im Verhältnis zu seinem Einkommen- damals eine Menge Geld dafür gezahlt hat, und die Geige hoch in Ehren hielt. Sie ist ja offensichtlich auch noch in recht gutem Zustand.


    Der Wert beider Instrumente wird entscheidend von ihrem Klang abhängen. Den kann man anhand eines Fotos nicht beurteilen- und ein "lauter" Klang muß nicht ein "guter" Klang sein. Desweiteren schriebst du, daß dein Bekannter an den Geigen Teile ersetzt hat. Welche Schäden hatten/haben die Instrumente...?


    Das mit dem "Wert" ist immer so eine Sache. Eine Wertangabe heißt noch lange nicht, daß man auch das Geld bekommt. Bei ebay gibts solche Geigen sehr günstig (die sächsische VIELLEICHT ca. 200-300 wegen ihres auf den ersten Blick guten Zustandes und sofern sie nicht "verbastelt" wurde; die "Italienerin" eher weniger- die würde ich persönlich -zumindest nach dem Foto beurteilt-gar nicht kaufen wollen).


    Aber eine Beurteilung nach Foto ist immer relativ: Wenn euch der Wert interessiert, geht zu einem Geigenbauer. Und fragt ihn, für wieviel er die Geigen ANKAUFEN würde.


    Was meinen die anderen dazu?

    Hmmmm.... also die zweite sieht mir nach sächsisch/böhmischem Manufakturinstrument aus, da bestimmt eher der Klang den Wert. Je nach Klang ein nettes Schülerinstrument, viel wert ist sie nicht- der ideelle Wert ist sicher höher. Das verwendete Material ist durchschnittlich, die Farbgebung typisch für Manufakturinstrumente, wie es sie zu zigtausenden gab.


    Und die "Italienerin"? Ich halte sie nicht für "antik", und ob sie aus Italien stammt...? Auf Auskünfte von Trödlern, Antiquitätenhändlern, Flohmarktverkäufern usw. gebe ich persönlich gar nix ;) Die wollen meist möglichst teuer verkaufen! Manch einer hat wirklich keine Ahnung was er verkauft, manch anderer flunkert nur eine hübsche Geschichte zusammen, und gelegentlich gibts welche, die die mit Unwissenheit gepaarte Schnäppchenmentalität ihrer Kunden betrügerisch ausnutzen. Meine ehrliche Meinung: ich halte sie für ein Billiginstrument, keine "Geigenbauerarbeit". Sie hat keinen Zettel-das muß zwar nichts heißen, stimmt mich aber schon mal skeptisch. Das verwendete Material ist nicht sonderlich hochwertig, und alles in allem scheint mir das Instrument sehr lieblos lackiert worden zu sein, eher "im Lack ertränkt".


    Aber vielleicht sehen das andere anders? Oder ich irre mich total? Wie klingen denn die Instrumente?


    Und darf ich fragen, was die "Antiquität" gekostet hat (nur interessehalber...) ;) ?

    Zu den "Stradivaris" gibts schon ne Menge Forumsbeiträge. Du kannst ja mal spaßeshalber auf Ebay schauen, wieviele Stradivaris da tagtäglich im Angebot sind... da staunt man, wieviel der Herr Stradivari zusammengezimmert hat! Und manch' Angebot zufolge ist deine Tante nicht die Einzige, die ihre Geige für "original Stradivari" hält.


    Des Rätsels Lösung: Stradivarizettel in einer Geige sind so ne Art Modellbezeichnung, d.h., bei den Maßen hat man sich mehr oder weniger an die klassischen Maße Stradivaris gehalten.


    Und ich stimme der Einschätzung zu: das Instrument scheint mir nicht aus dem 19.Jahrhundert zu stammen, sondern ich schätze es ebenfalls auf 1950-1970, typische tschechische Manufakturarbeit.

    Ach ja, noch was: Du kannst dich auch an das Forum des Musikinstrumentenmuseums Markneukirchen (Google...) wenden, da sitzen die absoluten Profis was Auskünfte über Firmen, Bauweisen usw. aus dem sächsischen Raum angeht. Die können Dir vielleicht nochmal weiterhelfen, und haben garantiert noch mal mehr Erfahrung auch bezüglich der Preiseinschätzung.

    mmmmhhhh..... mit einer Preiseinschätzung tue ich mich sehr schwer. Da gibts ja einerseits die Geigenbauerpreise, und die Ebaypreise...das sind so die beiden Pole. Der wahre Wert liegt irgendwo dazwischen.


    Schau, ob das Instrument rissfrei ist, bzw. irgendwo reparierte Risse hat. Bei sächsischen Bratschen liegen die gerne mal nahezu unsichtbar unter dem Saitenhalter. Am besten läßt Du das Instrument mal von einem Geigenbauer begutachten, der kann dir in etwa auch den Wert sagen, und sagen, was evtl. die baulichen Schwachpunkte des Instrumentes sind, ob Reparaturen zu erwarten sind usw.. Aus der Ferne (und ohne das Instrument gesehen/gehört/gespielt zu haben) ist deine Frage nahezu unmöglich zu beantworten. Danach solltest du mal den privaten Kleinanzeigenmarkt durchwühlen (z.B. Vioworld), oder bei corilon (oder so ähnlich) schauen, für wieviel Geld vergleichbare Instrumente im Allgemeinen angeboten/verkauft werden.


    Wenn sie vom Lack her und von der Verarbeitung (Ebenholzgriffbrett? Ebenholzwirbel?...) eher "billig" und abgeschrabbelt aussieht, drückt das den Preis unter Umständen erheblich. Desweiteren ist die Größe entscheidend: kleinere Instrumente (so bis 39/39,5cm) sind weniger gefragt, und oft deutlich billiger als größere (40-42cm). Wie ist der allgemeine Zustand... Saiten neu? Stimmstock gut eingepaßt? Zustand des Steges...? Zustand der Wirbel und Wirbellöcher...?


    Ganz ganz grobe Einschätzung (die du aber mit eigene Recherchen verifizieren solltest, ich habe das Instrument ja auch nicht gesehen): Ebay: hier kosten sächsische Bratschen (kleinere) IN ETWA 300-500 Euro. ABER: das sind nicht immer sofort spielbare Instrumente, und man kauft auf Risiko (ohne Probespiel usw.). Beim Geigenbauer: 700-2500 Euro, je nach Zustand, Größe, Klang, Lack/Optik... Bei Ebay steht gerade eine Schuster-Bratsche für 780 Euro drin- den Preis wird der Verkäufer bei Ebay nicht erzielen (dort herrscht die Ein-Euro-Mentalität), aber es könnte dem realistischen Wert durchaus nahekommen. Mit solchen Recherchen (druck dir einfach ein paar Anzeigen aus...) hast du dann auch eine gute Argumentationsgrundlage für den Verkäufer.


    Aber vielleicht hat ja jemand noch eine andere Meinung dazu?

    Schuster war, soweit ich weiß, ein Händler, welcher Manufakturinstrumente aufkaufte und unter seinem Namen verkaufte. Er hatte verschiedene Qualitäten im Angebot, soweit ich weiß sind viele seiner Instrumente aber von recht guter Qualität... sowohl optisch als auch klanglich. Teilweise sind sie auch datiert. Bei Manufakturinstrumenten darf man im Prinzip leider keine großen Preissteigerungen erwarten, da ist eher der Klang ausschlaggebend, und ob Dir das Instrument "liegt". Viele Manufakturinstrumente sind -in meinen Augen- unterbewertet. Das kann sich aber günstig auf den Preis auswirken: da kann man durchaus klanglich gute Instrumente für relativ wenig Geld bekommen. Manch' Manufakturinstrument kann klanglich (fast) mit Meisterinstrumenten mithalten, nur fehlt ihm eben der "adlige Stammbaum". Ich habe selber eine sächsische Manufakturgeige, die trotz substanzzerstörender dilettantischer Reparaturen und liebloser Bauweise (man könnte sie getrost als wirklich hässlich bezeichnen) recht gut klingt (Geigenbauer schätzte Geige optisch auf 150 Euro, klanglich auf 1800(!!) Euro. Wer weiß, wie sie mal geklungen hat, bevor sie ein "Schreinermeister" verbastelt hat). Insofern: wenn der Klang gut ist und sie dir gefällt (und der Preis in Ordnung ist), kauf sie.

    Ich glaube, mit Billig-Geigen kann man Glück haben, aber auch sehr viel Pech. Wenn ich bedenke, wieviel Arbeit in so einem Instrument steckt, verstehe ich nicht, wie man das -faire Arbeitsbedingungen vorrausgesetzt- so billig anbieten kann...


    Für Dich ist das "Problem" wahrscheinlich erledigt, aber anderen Anfängern würde ich unbedingt zu einem Leihinstrument raten. Wenn man es am Anfang sowieso schon sehr schwer hat, sollte es das Instrument nicht noch schwerer machen (weil es z.B. falsch eingestellt ist, die Wirbel nicht halten,...). Die Motivationbleibt auch höher, wenns schön klingt... Ich habe das Glück, ab und zu ein Meisterinstrument spielen zu dürfen, und merke den Unterschied zu meiner -sehr guten- Schülerbratsche sehr deutlich. Natürlich muß es für den Anfang kein Meisterinstrument sein!!!! Ich glaube nur, daß der Unterschied von Billigstware zu gutem Schulinstrument ähnlich immens ist, aber vielleicht können das die Billigstgeigenspieler auch widerlegen?


    Wenn einem sein Hobby etwas wert ist, und man sich ganz ganz sicher ist, daß man beim Geigen bleiben will, lohnt sich natürlich die Investition in ein eigenes Instrument. Aber dann sollte man auch genug Geld in die Hand nehmen (3-6 Monate Zeitungsaustragen genügen) und ein -evtl. schönes gebrauchtes- Instrument kaufen, in das man sich optisch und klanglich "verliebt", und welches über Jahre hinweg DAS Instrument ist, oder was sich im Falle des Scheiterns auch zu einem guten Preis wieder verkaufen läßt.


    Wie seht ihr das?

    Als Ergotherapeutin melde ich mich auch mal zu Wort... Ich würde dir raten, mal einen Termin bei einem netten Physiotherapeuten/Ergotherapeuten zu machen, möglichst einem mit Schienenkurs. Der kann (sollte er zumindest können) sehen, ob die Verkrampfung in der Hand aus der Schulter kommt (evtl. zu weit hochgezogen...), ob sie aus dem Rücken oder der anderen Schulter/Hand/... (zu schwerer Bogen...) kommt oder ob sie wirklich nur in der Hand ihre Ursache hat. Danach richten sich dann auch die Lösungsansätze: Haltung entsprechen korrigieren (z.B. Schultern nicht hochziehen, Nacken nicht verdrehen) und Muskeln entsprechend trainieren und dehnen (wie die anderen schon gesagt haben...). Lieber kurze Übungseinheiten (5-10min), und dafür öfters üben, nie über die Schmerzgrenze gehen. Verkrampfung ist meist eine Antwort des Körpers auf Überlastung, und gerade wenn man älter ist dauert es eben eine Weile, bis die Muskeln so trainiert sind daß ein langes Spielen möglich ist. Wenn du es "mit Gewalt" versuchst, provozierst du nur Sehnenschäden...


    Warum der Physiotherapeut/Ergotherapeut einen Schienenkurs haben sollte: der kann dir deine Schulterstütze so modifizieren, daß "es paßt". Also: eine anatomisch angepaßte Platte aus Plastik biegen, die dann unter deine Schulterstütze geschraubt wird (kann auch ein Orthopädiemechaniker). Evtl. hilft es ja, den Bügel einfach so zu verlängern, daß er wie "ein Haken" auf der Schulter sitzt und dadurch das Instrument vorne nicht herunterfallen kann.


    Viele herzliche Grüße, und viel Glück!

    Danke Euch schon mal!!


    Das mit der "peppigen Farbgebung" kommt auf den Bildern falsch rüber, sie ist eher "farblos"/holzfarben/braun. Eindeutig keinerlei rötlicher/"bunter" Einschlag, eher "lehmfarben" ;) Auffällig fand ich die stark abgeflachte Rundung am unteren Ende (Umriß), kommt mit das nur so vor oder ist das eher ungewöhnlich?


    Klanglich ist sie für ein Instrument ihrer Größe wirklich gut.