Beiträge von geigerlein

    Ich möchte Euch eine Geige vorstellen. Sie hat mir wegen der asymmetrischen F-Löcher gefallen. Es ist eine 3/4-Geige, aber sie hallt beim Anklopfen schön nach und verspricht einen guten Klang. Die Decke hat viele Risse, darunter Stimm- und Bassbalkenriss. Bis auf letzteren sind alle geleimt. Der Bassbalken ist vermutlich eingeleimt, aber so zierlich, dass ich dazu tendiere, ihn zu ersetzen. Der originale Stiefelhals ist erhalten, auch der Unterklotz könnte original sein. Die Reifchen sind recht sauber gemacht, allerdings z.T. ungleichmäßig. Die Geige hat keine Eckklötze.


          


       


    Der Boden ist rissfrei, und es gibt einen Zargenriss und ein Loch in der Zarge, das irgendwie hinterfüttert zu sein scheint. Der Lack ist etwas weniger rötlich als auf den Bildern. Die Einlage hat einen breiten Mittelspan.


       


    Auffällig sind die beiden Pins in der Decke und im Boden. Außerdem hat die Schnecke jeweils ein Loch als Markierung der Mitte, was für mich darauf hindeutet, dass sie mit Hilfe eines Zirkels konstruiert wurde.


          

    Die F-Löcher sind recht eigenwillig, auch wenn man die starke Wölbung "herausrechnet". Die Geige sieht mir eher wie eine individuelle Arbeit aus, keine Massenfertigung. Vielleicht wurde sie sogar von einem Amateur-Geigenbauer gebaut. Dann könnte sie auch jünger als von 1820 sein, wenn der Hals durch Unwissenheit zu kurz geraten ist und später auf das korrekte Maß gebracht wurde. Geigen mit Anschäfter sind oft vor 1820 gebaut worden.


    Zum Bau wurde gutes Holz verwendet, und der Lack sieht auch sehr schön aus. Vielleicht stammt sie auch aus England/Schottland. Die Geigenbauer dort haben zum Teil extravagante Instrumente gebaut (die meisten Geigen dort wurden aber aus dem sächsisch-böhmischen Musikwinkel importiert).

    Eine Decke, die sich an einer Fuge von der Zarge löst, kann recht einfach von außen wieder zugeleimt werden. Das ist nicht das Problem. Hat der Stimmriss ein Futter bekommen? Wenn ja, sollte er mehrere Jahrzehnte halten, wenn die Geige nicht starken Temperaturschwankungen ausgesetzt ist oder Dir auf den Steg fällt. Und wenn die übrigen Risse alle belegt sind, sollten sie auch problemlos halten.


    Meine Tochter spielt eine 3/4-Geige, deren Decke auch mehrere gravierende Risse und auch einen Stimmriss hatte. Dafür hab ich mein erstes Stimmfutter gemacht. Wir lieben den kräftigen, vollen Klang dieser Geige, und bisher sind alle Reparaturen stabil.


    Ich bin ein absoluter Fan alter Geigen, und wenn Du Klang und Spielbarkeit dieser alten Geige liebst, nimm sie.

    Selbst wenn das ein Originalzettel aus jener Zeit ist, bedeutet das nicht unbedingt, dass er auch original zu der Geige gehört. Genau das wird z.B. im Rahmen einer Zertifizierung untersucht.

    Was hat denn der/die Restaurierende zu den Eckklötzen gesagt? Wurden sie zusammen mit Ober- und Unterklotz nachträglich gemacht? Meiner Meinung nach wären Bilder von innen eine Geige im Originalzustand für Hopf-Fans interessant, nicht solche einer nachträglich veränderten Geige.

    Ich bin mir ziemlich sicher, dass Chiocciola die Geige so hinbekommt, dass sie gut klingt. Das hat er bei Hannes' amerikanischem "Monster" auch geschafft. Und soweit ich das bisher gelesen habe, können Zargen gar nicht dick genug sein für einen guten Klang. Darum würde ich mir keine Gedanken machen.

    Das mit der "Geige fürs Leben" ist so eine Sache. Die eigenen Ansprüche ändern sich ja mit der Zeit und mit fortschreitendem Können. Und man weiß ja zum jetzigen Zeitpunkt nicht, wie die Geige klingen wird.


    Ich würde Option B wählen, also die Decke nacharbeiten, Bassbalken neu und sie für Anfänger perfekt spielfertig einrichten lassen. Dann kann man erst mal ein, zwei Jahre auf ihr lernen. Auch wenn der Klang nicht so toll sein sollte, würde das erst mal reichen, und er lässt sich ja auch in Grenzen durch die Saiten beeinflussen. Vielleicht ist es auch ganz gut, wenn die Geige eher leise ist und bei den ersten Streich- und Greifübungen nicht direkt alle Nachbarn aus den Betten schmeißt...

    Wichtig sind in dem Stadium perfekte Spielbarkeit und eine gewisse Gutmütigkeit des Instruments.

    Ich frage mich, ob die Eckklötze original sind oder nachträglich gemacht wurden. Sie scheinen auch nicht ganz bis in die Ecken zu gehen, wären also Blender. Eigentlich sind Hopf-Geigen immer aufgeschachtelt, und die Geige hatte ja mal einen durchgesetzten Hals, wie das Plateau des Bodens beweist.


    Gibt es zu der Geige ein Gutachten/Zertifikat, das sie als echte Hopf-Geige ausweist?

    Wenn sie im Bereich des Unterklotzes offen ist, könnte man sie mit Hilfe eines (mittigen) Kinnhalters provisorisch schließen, so dass man sie einrichten und testen kann. Weiß nicht, ob das eine Option ist. Das hängt davon ab, wie weit die Fuge offen ist und an welcher Stelle.

    Damit hätte man weiterhin die Option, sie leicht aufzumachen, bekommt aber zumindest einen ersten Klangeindruck.


    Grundsätzlich ist es natürlich zum Zweck der Informationsfindung gut, eine Geige aufzumachen, wenn sich das schon so anbietet.


    Wie schätzt Du ihr Alter Chiocciola? Wäre es eine Option, sie mit dem originalen Bassbalken barock einzurichten?