Neue Geige - welche Eigenschaften müssen sich noch entwickeln, welche müssen von Anfang an vorhanden sein ?

  • Das sehe ich genau so, ich biete gerade ein Jan Basta Geige bei ebay Kleinanzeigen an. Es war wieder ein Projekt um meiner Tochter das nächste bessere Instrumt Einzurichten. Leider bevorzugt Sie ein sehr dunklen Klang. Damit wird auch klar warum Sie unbedingt Bratsche lernen möchte. Vielleicht stelle Ich die Bratsche mal rein. Klanglich ein Wunderbares Instrument Mit nur 39,5 Korpus.

  • @Gesche

    Zitat


    Geigenlehrer bekommen manchmal, gerade in gehobenen Preisklassen, Provision beim Geigenkauf ihrer Schüler

    Das war auch mein Gedanke. Wir haben dem auf den Zahn gefühlt, meine Frau hat ihm vorgeschlagen, dass er doch Provision nehmen soll, weil er doch so viel zeitlichen Aufwand (und Sprit) hat, da hat er sofort abgewunken, das mag er nicht und hat er noch nie genommen, der Jaumann in München (das ist "sein" Geigenbauer, wo er hingeht - seine einzige Bezugsquelle) hätte ihm das auch noch gar nicht angeboten. Deckt sich auch damit, dass er vieles für seine Schüler macht, ohne davon einen Nutzen zu haben. Straßenmusik z.B., am Ende des Tages wird das Geld an alle außer ihn verteilt, er will nichts dafür, will, dass die Kinder sich drüber freuen. Er überzieht auch immer endlos, gibt manchmal bis zu zwei Stunden Unterricht, obwohl wir nur für 45 Min zahlen. Und ist menschlich total nett und gutmütig, meine Frau mag ihn total gern. Das alles ist in sich stimmig, er hat wohl tatsächlich nichts davon, wenn er Geigen aussucht. Finanziell.

    Was schon sein könnte: Dass er die Geigen gewohnt ist selber auszusuchen, und nicht so gut klarkommt, wenn jemand ohne ihn sich selber informiert und Geigen aussucht, möglicherweise ist er da negativ voreingenommen, weil es lief ja nicht so, wie es üblich ist - nämlich über ihn.


    Seine Art, Geigen zu testen, ist mir allerdings etwas suspekt. Einmal haben wir ihm sieben Geigen hingelegt. Jede kurz angespielt, ein paar Tonleitern, gebrochene Akkorde über alle Saiten, dann wanderten schonmal fünf weg. Wir waren beeindruckt ob seiner Professionalität und Routine. Dann hat er auf den verbliebenen auf jeder Saite bis in die hohen Lagen die Töne möglichst nüchtern und gleichmäßig mit - seiner Aussage gemäß - etwa 70 Prozent Kraft gespielt. Um die Spitzen herauszufinden- wie gleichmäßig die Töne sind, ob da welche sind, die lauter als andere sind oder häßliche Nebengeräusche produzieren. Das war allerdings der Hauptteil des Tests, und das war's dann eigentlich. Die Töne, die dabei produziert wurden, waren alles andere als schön. Er provozierte direkt die Spitzen. Zunächst war ich immer noch beeindruckt, aber ich frage mich, ob das so entscheidend ist. Es ist sicher sinnvoll, so etwas zu integrieren. Aber Geigen, die zu viele Spitzen produzieren, dann sofort abzuurteilen, ohne zu entdecken, was sie vielleicht doch können, schien mir irgendwie nicht vollständig.


    Nur falls es jemand interessiert - jetzt käme eine kleine Geschichte: Es war eine für uns vielversprechende Geige dabei, ein Instrument aus den 50er Jahren vom dänischen Geigenbauer Pauli Merling, auf der meine Frau sehr gut zurecht gekommen ist. Auch 4000 Euro. Die klang auf diese Weise - mit dem gnadenlosen Einzeltongekratze - zumindest im Klassenzimmer grauenhaft, da waren so viele Spitzen dabei. Er meinte, mehr als 1500,- würde er für die nicht zahlen, und nehmen würde er sie sowieso nicht.


    Verwirrt haben wir am nächsten Tag eine uns bekannte begnadete Geigerin (hatte ich schon erwähnt) angerufen, ob wir mal mit drei Geigen bei ihr vorbeikommen dürfen. Das war ein völlig anderes Erlebnis: Sie hat ein, zwei Minuten gebraucht, um den Charakter der Geige zu erkennen, und hat sich auf jede eingestellt, und aus jeder Geige den schönstmöglichen Ton hervorgebracht. Sie hat - wohlgemerkt allen - Geigen Klänge entlockt, die waren zum Niederknien. Sogar die Tonleitern ;) Ich bin sehr anspruchsvoll, war auch in meinem Leben in vielen Konzerten, bin nicht so leicht zu beeindrucken, aber das hat mich so gepackt, die könnte man so, wie sie ist, auf eine Konzertbühne stellen. So klang also jede der Geigen wirklich schön und war ihrer Ansicht nach ihr Geld wert. Aber jede eignete sich für unterschiedliche Zwecke. Die besagte Pauli Merling war irre tragfähig und hatte einen fetten, breiten Ton bis in die wirklich allerhöchsten Lagen auf der E-Saite, das war der Hammer. Die eignete sich als Solisteninstrument, für den Durchschnittsgebrauch war sie aber eher zu laut und an manchen Stellen etwas vorlaut. Dann hatten wir noch einen Malagutti-Nachbau, die war wunderschön für Kammermusik. Etwas leiser, subtiler, perfekt für Kammermusik. Unser Favorit, den wir behalten haben (eine Müller), war die mit Abstand ausgewogenste, die kann irgendwie alles. Und klang ebenfalls wunderschön. Wäre das ein Konzert gewesen, für das ich Eintritt bezahlt hätte, wäre ich nicht auf die Idee gekommen, dass sie am Instrument gespart hätten - der Ton an sich war ein Genuß in ihren Händen. So ein Potenzial hat sie, hatten eigentlich alle. Meine Frau spielt auch viel im Schülerorchester und braucht daher ein etwas durchsetzungsfähiges Instrument, also war die "Malagutti" raus, so schön sie für sich genommen klang.


    Wir haben sie dann gebeten, möglichst lieblos und provozierend auf der Merling Tonleitern zu spielen - sie hat keine Spitze zustandegebracht, das kann nur unser Lehrer ;) Vielleicht war es auch die Akusik im Klassenzimmer.

    Diese Art, Geigen zu beurteilen - nach kurzem Abklopfen, ob irgendwelche Schwächen bestehen, herausfinden, wofür sie gut sind, was sie wirklich können, das hat mir viel besser gefallen als diese nüchterne Spitzendetektor-Methode ;)


    Aber meine Frau merkt immer mehr, was ihr selber gefällt, und wie Ihr schreibt, darauf kommt es letztlich an, dass es ihr damit Spaß macht und die Geige ihr liegt, dass ein Funke überspringt, das ist wichtiger als die Meinung des Lehrers, auch wenn es natürlich sinnvoll ist, letztere zu berücksichtigen. Da muss ich sie bestärken, auf ihren Eindruck zu vertrauen, sie gibt sehr viel auf die Meinung ihres Lehrers.


    Schöne Grüße + Gute Nacht allerseits !

  • Einer -auch fortgeschrittenen- Anfängerin eine Instrument für mehrere tausend Euro aufschwatzen zu wollen finde ich albern. Zumindest dann, wenn das aktuell vorhandene Instrument seinen Zweck erfüllt und technisch sowie klanglich anscheinend völlig in Ordnung ist. Das Upgrade von 49,99-Amazon zur 1500-Schülergeige ist sinnvoll, aber von 5000 auf 8000 für einen leicht Fortgeschrittenen doch etwas zu ambitioniert.


    Klar, es gibt "Materialfetischisten", und hier im Forum sind wir da zahlreich, die gerne optimieren und noch das Letzte "herauskitzeln". Aber alles hat seine Grenzen, und meist wird die Grenze des Tones nicht durch die Geige verursacht... ;) Gerade für Anfänger/Hobbyspieler sollte ein Instrument sich leicht spielen lassen und "gutmütig" sein, da ist der hochsensible Solistenkracher selten geeignet.


    Eine sehr grosse Rolle spielt auch der Bogen. Das Ganze ist eine "Dreieckskiste"- Bogen und Instrument, Bogen und Spieler, Spieler und Instrument müssen zusammenpassen und harmonieren. Nicht jeder Bogen passt auf jede Geige! Und auch da gibt es Bögen, die leichter zu führen sind/gutmütiger sind und welche, die sensibler reagieren. Grob ausgedrückt: Ein Bogen/ein Instrument, welches sensibel auf den Spieler reagiert und bei kleinen Veränderungen der Technik schon Tonveränderungen/Charakter des Tones zeigt, ist für den Profi ein Traum: Schnell, agil, und mit wenig Aufwand kommt der Effekt, den man will. Für den Anfänger ist so ein Bogen/Instrument der Alptraum: Jede unsichere Bewegung führt schon zur Klangänderung, der springfreudige Bogen ist kaum zu kontrollieren...


    Ein Fahranfänger ist mit weniger PS besser bedient, und auf einem hochgezüchteten filigranen Rennrad wird das Radfahrenlernen auch nicht einfacher.

  • Seine Art, Geigen zu testen, ist mir allerdings etwas suspekt. Einmal haben wir ihm sieben Geigen hingelegt. Jede kurz angespielt, ein paar Tonleitern, gebrochene Akkorde über alle Saiten, dann wanderten schonmal fünf weg. Wir waren beeindruckt ob seiner Professionalität und Routine. Dann hat er auf den verbliebenen auf jeder Saite bis in die hohen Lagen die Töne möglichst nüchtern und gleichmäßig mit - seiner Aussage gemäß - etwa 70 Prozent Kraft gespielt. Um die Spitzen herauszufinden- wie gleichmäßig die Töne sind, ob da welche sind, die lauter als andere sind oder häßliche Nebengeräusche produzieren. Das war allerdings der Hauptteil des Tests, und das war's dann eigentlich. Die Töne, die dabei produziert wurden, waren alles andere als schön. Er provozierte direkt die Spitzen. Zunächst war ich immer noch beeindruckt, aber ich frage mich, ob das so entscheidend ist. Es ist sicher sinnvoll, so etwas zu integrieren. Aber Geigen, die zu viele Spitzen produzieren, dann sofort abzuurteilen, ohne zu entdecken, was sie vielleicht doch können, schien mir irgendwie nicht vollständig.

    Geigen testen ist ein Kapitel für sich. Sowohl das "technische Testen" als auch das "kleine Konzerte geben" haben ihren Platz.

    Das "technische Testen" strebt nach Objektivität. Objektive Kriterien sind das, was übrig bleibt, wenn man weder daran glaubt, noch von etwas begeistert ist. Somit ist es auch von einem Geiger zum anderen halbwegs übertragbar - wenn ein Instrument an einer Stelle einen Wolf hat, dann hat es den da. "Kratzig spielen" scheint mir allerdings etwas extrem.

    Das "kleine Konzerte geben" ist stark vom Spieler (der Spielerin) abhängig, also subjektiv. Es gibt welche, die können aus vielen Instrumenten ein relatives Maximum dessen herausholen, was das Instrument hergeben kann, weil sie sich sehr schnell auf das jeweilige Instrument einstellen können. Das heißt aber noch nicht, dass dieses Instrument dann bei einem anderen Spieler/in unbedingt genauso gut klingt. Es zeigt lediglich an, was das Instrument mindestens kann, wenn die entsprechende Spieltechnik vorhanden ist.

  • PS.: Um es noch etwas anders zu sagen:
    "Technisches Testen" hat den Ansatz: "Ich vermesse das Instrument klanglich, so objektiv wie möglich".
    "Subjektives Testen" hat den Ansatz: "Könnte ich mich in das Instrument verlieben, könnte ich mich 'am Klang besaufen'".