Französische Barockgeige

  • Liebe Foren-Mitglieder!


    Ich wollte mich mal umhören, was man vielleicht noch zusätzlich zu dem, was ich über mein kleines Schätzchen schon weiss, noch sagen kann, besonders zur Datierung, da ist Spielraum.

    Also: Es ist eine französische Barockgeige mit kürzerem Griffbrett und geradem Halswinkel. Hals und Oberstock sind 1 Teil, dieser ist mit den Zargen im Halsfuß eingelassen. Das Modell ist, wie man sieht, Stradivari nachempfunden. Die Randeinlagen wurden aufgemalt und sind mit der Zeit stark verblasst. Der Corpus misst 359 mm., die Deckenmensur beträgt 193 mm., die obere Breite am Boden misst 169 mm., die Untere 208 mm. und die Zargen zw. 28 und 31 mm.

    Der spannende Teil ist: Die Geige ist am Boden unterhalb des Zäpfchens mit "pirvoil j" signiert. Dies geschah ganz offensichtlich nicht von derselben Hand, die die Randeinlagen aufgemalt hat. Das erkennt man daran, daß hier quasi für die Signatur Platz gelassen wurde, und derjenige dann die Lücke an den Randeinlagen geschlossen hat, und das erkennbarerweise ziemlich unbeholfen. Das würde auch dazu passen, was ich dazu in Erfahrung bringen konnte: Lt. Roland Terrier, Geigenbauer zu Mirecourt, stammt die Geige aus Mirecourt und wurde um 1780 gebaut, und hinter der Signatur verbirgt sich Jacques Pirouel (geb. 1740, gest. nach 1795 bzw. vor 1809). Ich habe die Geige auch als "Frankreich um 1780" gekauft. Und was auch ins Bild passt, ist, daß jener Jacques Pirouel 1773 als "marchand de violons" erwähnt wird. Demnach hat er also vielleicht seine Geigen bauen lassen, und später dann, nach Fertigstellung, nurnoch mit seinem Namen versehen.


    Beste Grüße

  • Einen Geigenbauer oder -händler dieses Namens hab ich nicht gefunden. Es gibt aber einen Geigenbauer namens Pirvoil, der wohl um 1830 in Moulin gearbeitet hat. Allerdings haben seine Geigen laut der Quelle echte Einlagen. Eine seiner Geigen war in einer Auktion. Das Modell ähnelt ein bißchen dem Deiner Geige, genau kann ich es mit den wenigen Bildern hier aber nicht sagen. Allerdings finde ich nicht, dass Deine Geige besonders Stradivari-like aussieht. Das kann aber auch an der Verzerrung durch die Kamera-Linse liegen.


    Die Ecken sind schön geformt, und die Schnecke ist sehr gut ausgearbeitet. Das Deckenholz ist sehr schön, das Bodenholz eher einfach. Die Ausarbeitung von Decke und Boden sieht für mich nach einem einfacheren Modell aus, bei dem der Klang im Vordergrund steht und nicht das Äußere. Dazu passen die gemalten Einlagen. Wie ist denn die Innenarbeit? Hat sie Eckklötze und Reifchen? Wie sehen die Zargenecken aus? Wie weit geht die Kehlung der Schnecke? Wie sieht die Gegend des Untersattels aus?


    Ende des 18. Jahrhunderts kam mit Didier Nicolas das Manufakturwesen in Mirecourt auf. Vielleicht ist es eine frühe Manufakturarbeit.