Geige mit ungewöhnlicher Wölbung

  • Liebes Forum,

    ich habe letzte Woche eine Geige in der Hand gehabt, die eine, für mich, ungewöhnliche Deckenwölbung hatte. Nun bin ich einfach mal neugierig, weil ich im Netz nichts dazu finde.

    Die Decke stieg unter dem Griffbrett an, fiel zum Steg hin ab und dann wieder an. Der Steg stand sozusagen im „Tal“. Leider habe ich kein Foto gemacht. Ist das einfach ein individueller Versuch eines Geigenbauers oder gibt es für diese Form historische Vorbilder? Die Geige war sehr hochwertig gemacht und aus schönem Holz. Ich nehme daher an, dass sich jemand vor dem Bau Gedanken dazu gemacht hat.

  • Schade, dass Du kein Foto gemacht hast... Insofern hier nur eine Vermutung von mir: Bei vielen älteren Instrumenten ist die Decke abgesunken. Die Geigen damals waren auf den Zug von Darmsaiten ausgelegt, bei ganz alten kommt noch ein korrigierter Halswinkel dazu, der noch mehr Druck auf die Decke bringt. Wenn ein gutes Instrument damals fein gearbeitet war, waren die Zug/Druckverhältnisse zeittypisch (=Darmsaiten...) optimiert. Wenn ein solches Instrument dann mit modernen Saiten bespannt wurde, hat so manche Decke dem Druck nicht standgehalten. Entweder kam es zu Rissen, oder die Decke als Ganzes hat "nachgegeben", ein geschickter Geigenbauer konnte mit dem Anpassen von Steg und Stimmstock so ein Instrument spielbar halten. Das Nachgeben kann über Jahrzehnte passiert sein- klangliche Probleme führten zu immer kürzeren Stimmstöcken...


    Einen Grund, ein Instrument von vornherein so zu bauen, kenne ich nicht- aber es gab ja alle möglichen experimentellen Versuche, insofern möchte ich sowas nicht ausschliessen. Ich habe aber noch nie davon gehört, allerdings schon einige Instrumente mit abgesunkener Decke gesehen.

  • Wie Braaatsch schon sagt, hat sich vermutlich die Geigendecke unter dem Druck des Stegs nach innen gewölbt. Um das zu korrigieren, würde ein Geigenbauer von der Decke einen Gipsabdruck machen, in diesem die ursprüngliche Wölbung der Decke wiederherstellen und die Decke dann mit Hilfe von warmen Sandsäcken, Druck und Zeit in der Gipsform zurück in ihre ursprüngliche Form bringen.

    Allerdings wird die Decke nach einiger Zeit wieder beginnen einzusinken, wenn zu viel Druck auf ihr lastet. Langfristig kann man sich also nur damit helfen, möglichst Saiten mit wenig Spannung aufzuziehen oder ein Brustfutter der Geigendecke machen zu lassen, was sie stabiler macht, aber auch ihren Klang verändert.

  • Hallo!

    … und ich dachte, da hätte jemand mit einer eigenwilligen Form experimentiert ☺️ Aber ich gebe zu, dass ich es auch etwas merkwürdig fand und mir irgendwie auch keine logische Erklärung eingefallen ist, warum man das so baut. Schade, die Gegenmaßnahmen klingen sehr aufwändig und wie geigerlein schon sagt, wer weiß, wie sich der Klang dadurch verändern würde. Wobei mir gerade noch einfällt, dass das Instrument so um 1920 gebaut wurde, so alt ist es also gar nicht…

  • Vermutlich wurde dann die Decke zu dünn ausgearbeitet. Das Holz hat ja eine bestimmte Festigkeit und Steifheit, und man prüft beim Ausarbeiten der Wölbung, wie sich die Decke/der Boden biegen und wölben lässt, um sie dünn genug für einen guten Klang zu machen aber gleichzeitig stabil genug zu lassen, dass sie möglichst lange ihre Form behält.