Geige aus dem 18. Jahrhundert??

  • Wie ich das herauslese, willst Du eine Geige haben, die sich richtig gut spielt und richtig alt ist. Da wird es schnell teuer. Ich würde meine Ansprüche an Deiner Stelle etwas weiter fassen. Also auch Geigen in Betracht ziehen, die etwas jünger sind (um 1800), wie Chiocciola schon schrieb, oder mehr Geld in die Hand nehmen, wenn Dir eine Geige wirklich zusagt, und generell geduldig sein. Damit Du mit ihr langfristig zufrieden bist.

  • Na ja geigerlein schlimm, was ist schon schlimm??? In so einem Fall berühren oft die Saiten andere Wirbel, so etwas würde ich eben nicht kaufen.


    Und der Erbauer ist Christian Gottfried Hamm, aber gleichzeitig ist die Violine nur aus der Familienwerkstatt Hamm. Ja was jetzt? Da werde ich doch gleich misstrauisch! Wenn man dann noch nachrechnen kann, dass Christian Gottfried um 1780 (dem angeblichen Baujahr der Geige) erst sechs Jahre alt war? Vielleicht ein Wunderkind?


    Und eine größere Reparatur im Decken Bereich (Stimmriss? Fremd Holz?) Wird zwar erwähnt aber nicht ordentlich beschrieben? Ach, und neu lackiert ist die Violine auch?? Aber natürlich original aus der Hand des Meisters? Ist das eure Meinung nach 4000 € Wert? Würde mich schon interessieren, wie ihr das seht.


    Und auch die Frage: ist das jetzt schlimm, wenn eine Fachfrau (Geigenhändlerin, Promoviert), so etwas schreibt? Heißt jetzt circa 1780 dass 1805 auch noch in Ordnung ist? Ist jetzt die namentliche Erwähnung des Erbauers Synonym mit: aus der Familienwerkstatt? Darf man beide Begriffe in einem Atemzug verwenden?

    Über rege Diskussionsbeiträge würde ich mich freuen.🥳




  • Wenn die Saiten fremde Wirbel berühren, kann man immer noch ausbuchsen und die Wirbellöcher neu setzen, oder einfach damit leben. Oder?


    Bei der Artikelbeschreibung gibt es Fehler beim Namen des Erbauers. Laut Zettel wäre das, wie Chiocciola schreibt, Christian Gottfried Hamm (1774 - 1834), nicht Johann Christian Hamm, wie in der Überschrift steht. Die beiden Endziffern der Jahreszahl auf dem Zettel ist überhaupt nicht zu entziffern. Selbst wenn die Geige erst 1799 gebaut worden wäre, wäre Christian Gottfried Hamm zu dieser Zeit 25 Jahre alt gewesen. Kann er zu dieser Zeit schon Meister gewesen sein, wenn er mit ca. 14 Jahren die Lehre begonnen hat?

    Vielleicht ist das ein Fantasie-Zettel, und die Geige wurde wirklich von mehreren Mitgliedern der Familie Hamm arbeitsteilig gebaut. Dass in der Beschreibung so oft das Wort "Familie" vorkommt, spricht dafür.

    Der Lack war vielleicht stark beschädigt und wurde deshalb ausgebessert oder erneuert. Das ist aber auch sehr schwammig formuliert. Da frage ich mich, woher Corilon das wissen will. Von einer Reparatur in der Nähe der Mittelfuge der Decke sieht man nichts, das stimmt. Vermutlich ist sie unter dem Saitenhalter. Dort kommen oft Trocknungsrisse vor, wenn der Untersattel zu straff eingepasst wurde.


    Wenn ich könnte, würde ich mir diese Geige wegen des Klangs kaufen, und weil Corilon mir eine Garantie auf die Funktiionsfähigkeit geben muss. Meine restaurierten Geigen hier haben oft viel stärkere Schäden und funktionieren nach der Restaurierung einwandfrei.

  • Wir sind hier in der Welt angekommen wo jeder sein Produkt so bewirbt und beschreibt das eine große Wahrscheinlichkeit eines Verkaufs generiert wird. Da bei wird beeindruckend vermieden wiederlegbare Fakten zu schaffen. Statt dessen gibt man Raum der freien Interpretation. Der ist Kritisch da viel Grundwissen vorhanden ist der andere ist beeindruckt über das was er liest. Letzt endlich kommt es doch darauf an wie viel Geige bekomme ich für mein und wie stabil sind die Reperaturen. Das teuerste an einer Geige ist der Klang. Je besser er ist desto mehr Intressenten sind vorhanden. Wir reden hier nicht über Stradivari oder Amati. Und wenn eine Geige ein Stimmstockfutter bekommen hat und deshalb die Geige nur die Hälfte Kosten finde ich nicht so schlimm. Eine Stradivari mit Stimmfutter würde sofort für die Hälfte einen Käufer finden.

  • Richtig, der Klang ist ausschlaggebend. Aber da sind die Geschmäcker unterschiedlich, und nicht jede(r) wird auf der Geige denselben guten Klang erzeugen wie der Profi, der für die Tonaufnahmen gespielt hat. Und natürlich bewirbt ein professioneller Verkäufer seine Instrumente und schreibt einen Text, der Interessenten einspinnt in eine Geschichte, die vielleicht gar nichts mit dem jeweiligen Instrument zu tun hat.


    Bei einer richtig alten Geige werden reparierte Schäden auch viel eher in Kauf genommen als bei einem recht neuen Instrument. Sie belegen ja, was die Geige schon alles erlebt hat, und dass sie so wertgeschätzt wurde, dass man sie immer wieder hat reparieren lassen. Bekommt ein neueres Instrument Risse, denkt man gleich, ah, das Holz war vermutlich nicht abgelagert, also muss die Geige minderer Qualität sein.


    Zur Lackfrage: Lasse ich ein Instrument mit stark beschädigtem Lack der Authentizität halber so, wie es ist und nehme in Kauf, dass es dadurch vielleicht weiter Schaden nimmt? Oder stelle ich durch Lackausbesserungen sicher, dass das Holz geschützt und das Instrument somit auf lange Zeit funktionsfähig bleibt? Für mich ist eine Geige ein Gebrauchsgegenstand, und es ist zwar schön, wenn eine alte Geige von der Substanz her authentisch und unverändert ist, aber viel wichtiger ist, dass sie funktioniert und ihren Klang entfalten kann.

  • Na ja, die klanglichen Beschreibungen sind ja immer subjektiv und deshalb nicht zu kritisieren. Und auf eine Wertminderung in Zusammenhang mit dem Lack wurde hingewiesen wenn auch der Zusammenhang nicht sauber abgegrenzt ist. Meiner Meinung nach sollte aber die Deckenreparatur klar benannt werden ( z.B. fachmännisch eingesetztes Stimmfutter zur Reparatur/Vorbeugung eines Stimmrisses). Und entweder ist die Violine von Christ. Gottfried Hamm (10.Nov.1774- 19.Aug. 1834) persönlich erbaut, aber dann sicher nicht 1780. Oder der Vater hat sie 1780 gebaut und das Modell nach seinem 5-6 jährigen Sohn benannt?? (sehr unwahrscheinlich). Nach meiner Meinung ist sie deutlich später in der großen Werkstatt von Christian Gottfried entstanden.

    Wenn der Wert sich, wie abalon meint, vom subjektiven Klang ableitet, und nicht durch Alter und Erbauer erübrigt sich sowieso jede Preisfestmachung.


    Dann müsste Bu_Ga auch noch mal die Sinnhaftigkeit seines "Traume"s überdenken? ;)

    Interessant wäre die Bewertung durch verschiedene Gutachter von dieser Violine?

    Und wenn ich abalon richtig verstehe, ist seiner Meinung eine etwas überzogenen Darstellung des Verkäufers auch verständlich oder normal bzw. zeitgemäß?


    ich hoffe auf weitere Beiträge........ ;)

  • @Chiocciola es ist nicht Normal und auch nicht verständlich das ein Verkäufer die darstellung so lebhaft und Gut beschreibt. Aber bei Corilion gibt es mit Sicherheit ein Medien Profi der sich genau hierrauf spezialisiert hat.

    Das ganze deint dem Zweck Kunden zu binden. Auch die Klangdarbietung ist eher zweifelhaft zu sehen.

    Jeder der sich mit Klang beschäftigt weiß das ein Klang sehr schön bearbeitet werden kann. Und jeder weiß das es immer ein unterschied macht eine Geige live zu hören. Einmal von nahem und einmal von der Ferne.

    Und nicht jede Geige die sich von nahen gut anhört muss sich auch in der Enfernung gut anhören.

    Wir reden hier von einen Tragenden Ton der vorhanden ist oder eben nicht.

    Aber es gibt eben noch einen wichtigen einfluss der eine Große rolle spielt warum dieser Aufwand beim Verkauf in Kauf genommen wird. Ein Kunde kann sich nach paarmaligen Spielen an einen Klang gewöhnen und redet sich den Klang selber schön ein. Wenn er dann in der realität angekommen ist und er an sein Ideal errinnert wird finden wir diese Geigen bei Ebay und Co mit dem Hinweis das Sie dort gekauft wurden. Nur das Geld wird hier Privat nie wieder erreicht was bezahlt wurde. Fazit sollte sein wenn eine Geige einen nicht nach einer Minute überzeugt das eine Basis vorhanden ist, weiter suchen.

  • Naja, ich finde die sehr "blumige" Beschreibung schon grenzwertig. Letztendlich ist das alles "schöngeistiges Blabla", wobei die Fakten verschleiert werden: Was genau ist die Deckenreparatur, wie sicher ist man sich bei der Zuschreibung und Datierung (da gibt es ja Ungereimtheiten)? Ich finde es unseriös, die Geige älter zu machen als sie ist- das Alter beeinflusst für viele Kunden die Kaufentscheidung und den wahrgenommenen Wert (und das wissen die Verkäufer ganz genau!).


    Und "circa 1780" verstehe ich als 1760-1800. Und 1760 kann einfach nicht sein. Daher wäre für mich eine ehrliche Beschreibung etwas wie "1780-1820", um 1800 herum oder, wenn man sich ganz unsicher ist, "letztes Drittel 18.-erstes Drittel 19. Jahrhundert". Meinetwegen, wenn man ein bisschen verkaufsfördernd argumentieren will auch " wahrscheinlich Ende 18. Jahrhundert".


    Hier wird eben eine schöne Geschichte mitverkauft, inwieweit die zutrifft oder direkt was mit dem Instrument zutun hat scheint eher nebensächlich zu sein. Ganz gross auch die Stelle wo das Bodenholz schöngeredet wird, das ist Literatur. :)


    Das ist sicher keine schlechte Geige, und ich will nicht ausschliessen, dass der Preis gerechtfertigt ist- wenn der Klang stimmt. Aber ein "ehrliches" Instrument verdient auch eine "ehrliche" Beschreibung- mich schreckt es eher ab, wenn der Verkäufer mit solchen "G'schichten" um die Ecke kommen muss, um sein Instrument zu beschreiben.