Einteilung von Instrumentenpreisen in Güteklassen

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    Es ist mir auch von der Theorie nicht klar, wo das herkommen soll. Wenn das Holz gut schwingt und keine internen Gegenschwingungen (Wolfstöne) aufkommen, dann sollte doch auch die Ansprache gut sein, oder?

    Ich weiß nicht, ob hier unbedingt die Ansprache gemeint ist. Schwieriger spielbar ist eine Geige für mich mit einem zu hohen Obersattel, sehr hoher Saitenlage und/oder Saiten mit viel Spannung. Für den Klang sind solche Saiten und ein hoher Steg vielleicht vorteilhaft, weil die Geige damit lauter klingt.

  • Ich habe da weniger Erfahrung mit Geigen als mit Bratschen und Celli. Bei Bratschen ist ein grosser Faktor die Instrumentengrösse und die Mensur. Auch bei Celli gibt es da leichte Mensurunterschiede, und bei alten Celli auch mal welche mit 72cm statt 67/68 cm. Das ist dann schon ein Unterschied…


    Dazu kommen Griffbrettbreite (jemand mit grosser Hand und breiten Fingern hat da ein anderes Ideal als jemand mit kleiner Hand und schmalen Fingern…), und auch die Mittelhandlänge, Beweglichkeit etc. spielen eine Rolle, wie gut man den Hals „umgreifen“ kann oder „ob man sich selbst im Weg ist“.


    Desweiteren gibt es Instrumente -gerade bei Celli- die einen „breiten Ansprachebereich“ haben, wo also die Stelle, wo der Bogen den optimalen Klang erzeugt, eher eine „breite Zone“ ist. Da fallen dann Technikprobleme weniger ins Gewicht (= das Instrument klingt ausgeglichener) als bei einem Instrument, welches einen fantastischen „Sweetspot“ hat, den ein Amateur aber nicht durchgängig trifft. So ein Instrument klingt bei einem Profi super, bei einem Amateur aber vielleicht unausgewogen.


    Ähnliches gilt für die 4 Saiten, die beim Cello auf die Kraft bezogen idealerweise sehr unterschiedlich angestrichen werden müssen. Und auch da gibt es Instrumente, die da toleranter sind als andere, wo es sofort knarrzt oder quietscht/schrill wird.


    Ein drittes Thema sind Wölfe. Ein Profi kennt sein Instrument, und hat die Möglichkeiten, durch akrobatische Lagenwechselkombinationen Wölfe zu umgehen- ein Amateur schafft das vielleicht nicht.


    Griffbrettbreite, Griffbrettwölbung, Halsneigung, Saitenlage…die „Anatomie“ des Instruments passt besser oder schlechter. Dazu Ansprache und Grundausgewogenheit (gutmütiges vs. „Diva“- Instrument) etc.- da gibt es viele Faktoren.


    Montagnana: Ich habe ein Cello nach Montagnana, und ich finde es ausgesprochen gutmütig. Klanglich ist es sehr weich, da darf man sich auch mal ungeschickt anstellen und es pfeift noch nicht. Es ist aber eher schwierig, da was „Kernige“ herauszuholen, es geht leicht ins Verwaschene“, was vor allem in den hohen Lagen eher matt klingt. Für mich ist es ein ideales Begleitinstrument, da es seine Stärken im Bass hat, und auch das Verwaschene in der Begleitung ein angenehmes „Grundrauschen“ mitbringt. Meine Stradivaricelli sind unterschiedlich- eins eine klangstarke Diva, deren A-Saite man am besten nur anhauchen sollte, und das andere ein ausgeglichenes Schulinstrument, was klanglich nicht so „farbig“ ist, aber „macht was es soll“ und ausgeglichen über alle Saiten hinweg ist und Fehler verzeiht- und damit ist es derzeit mein Hauptinstrument. Auch wenn die „Diva“ viel, viel mehr Potenzial hat und viel „farbiger“ klingt, ich hab die A-Saite noch nicht im Griff. Manchmal klappt es, und dann ist das echt der Hammer, aber wenn ich mich nur auf diesen einen Aspekt konzentriere, leidet der Rest und ich komme nicht weiter. Für einen Profi wäre dieses Instrument überhaupt kein Problem.

  • Zur allgemeinen Orientierung erst einmal noch folgende Überlegung: Wenn eine Geigenbauerin oder ein Geigenbauer 250 Stunden an einem individuellen Instrument baut, bei einem Stundenlohn von EUR 25, dann sollte die Geige also mindestens EUR 6250 kosten. Mit den Kosten für Werkstatt und Material also mindestens EUR 10.000. Es gilt auch zu beachten, dass der Verkauf eines Einzelinstruments oft noch Jahre dauert, Reisen erfordert, vielleicht mal eine neue Besaitung, dann ist das Instrument bei einem potenziellen Käufer oft Monate, kommt dann doch zurück usw.. Nicht selten muss ein neues Meisterinstrument also eher 18.000 bis 25.000 EUR kosten, damit sich das alles im Endeffekt lohnt.

    Bei allen Instrumenten, die günstiger verkauft werden, müssen also notgedrungen irgendwelche Abkürzungen gegangen worden sein. Entweder Serienarbeit in Osteuropa, oder sogar in Fernost, wo jemand für z.B. 1 EUR in der Stunde arbeitet und in dieser Zeit 25 Obersättel raushaut (die dementsprechend ungenau sein müssen). Oder europäische Serienfertigung aus längst vergangenen Jahren und Jahrhunderten, aus Geigenzentren wie Sachsen, Böhmen, Mittenwald, Mirecourt. Oft Instrumente, die bereits erhebliche Schäden hatten, woraufhin sie als nominell wertlos aufgekauft und wieder hergerichtet wurden. Oder, oder oder.


    Wer heute Geigen komplett alleine baut, braucht mindestens deine veranschlagten Kosten. Wenn diese

    Geigen dann nicht wirklich hervorragend sind, optisch und klanglich, wird es schwer. Daher ist das nur

    ein Modell für die „Besten“ ihres Fachs, heute. Das geht auch nur, weil es genug Geiger gibt, die soviel Geld

    für eine Geige zahlen können. Das war früher nicht so.


    Aber die Rechnung kann auch noch anders aufgehen:


    Man kann in viel kürzerer Zeit ebenso gute Geigen bauen. Der Meister muss nur bei den entscheidenden

    Schritten selbst Hand anlegen. Er wird sich um Holzauswahl kümmern, um die Feinarbeit, um die Lackierung.

    Die Stradivaris sind auch Werkstatt-Instrumente. Das spielt weder für den Klang, noch für den Wert eine Rolle.

    Es ging ihm darum, viele gute Instrumente zu produzieren. Durch Arbeitsteilung hatte er auch die Zeit, zu
    experimentieren und die Geigen zu verbessern.

  • geigerlein  Braaatsch und Chiocciola

    Vielleicht sollten wir also in Zukunft, wenn wir von einem "unbequemen" etc. Instrument sprechen, genauer spezifizieren, was gemeint ist.

    Unbequem kann ein Instrument sein für
    1. die linke Hand: a) Halsstärke zu dick, zu dünn, b) Mensur zu groß, zu klein, c) Saitenabstand über dem Griffbrett zu hoch, da Probleme beim I) Obersattel, II) Steghöhe, III) Konkavität des Griffbretts zu deutlich/ zu wenig.
    Diese Probleme lassen sich relativ leicht durch Geigenbauer ausgleichen, allerdings wird es bei der Mensur schwierig.


    Bei der Saitenhöhe kann es sein, dass man bewusst einen Kompromiss eingeht: Etwas höhere Saitenlage, damit man lauter spielen kann, ohne dass die Saite am Griffbrett schnarrt. Ich selber habe die G-Saite z.B. gerne am Griffbrettende etwa 6 oder 6,5 mm hoch; Standard ist 5,5 mm, oft haben Geigen nur 4,5 mm Saitenhöhe auf der G-Saite. Bei der E-Saite mag ich es allerdings nicht, wenn der Obersattel und die Höhe im Bereich der ersten Lage zu hoch sind, denn wenn man viel spielt, kann eine zu sehr einschneidende E-Saite zu Nervenentzündungen in den Fingerspitzen führen.

    Weiterhin kann ein Instrument unbequem sein für
    2. die rechte Hand: a) Rundung des Stegs zu flach / zu ausgeprägt, b) Ansprache nur ab recht hohem Mindestbogendruck, c) Ansprache generell oft spät / allgemein störrisches Instrument d) Wolfstöne, e) ausgeprägte Resonanztöne, die es schwer machen, ausgeglichen zu spielen, f) einzelne Saiten (meist Mittelsaiten), die gegenüber den anderen stark abfallen, g) kleinere oder größere Toleranz des Instruments in Bezug auf die Kontaktstelle.

    Die Stegrundung kann man ausgleichen bzw. korrigieren. Bei den anderen Faktoren werde ich kein Fan.

    Ich habe aber schon vorgeschlagen, sich zielgruppenorientiert einzurichten: Ein Regal mit störrischen und schlecht ansprechenden Instrumenten für die Super-Instrumentalisten, und eins mit leicht ansprechenden für so Fußgängergeiger wie mich. Dann sind alle zufrieden. :)

  • …... Dein Regal ist auf jeden Fall das schwierigste liebe Hannes! Du willst die leichte Ansprache und den super Klang, was immer der auch ist.



    Spaß beiseite : Ich habe das auch schon erlebt, das schwierige Instrumente bei manchen sehr guten Spielern besser ankommen. Ich bin ratlos.🤷‍♂️.