Neu hier, 3 Geigen: Stimmriss, Bassbalken-Riss und Anschäften

  • Der Zettel ist natürlich fake. Ich hatte schon eine echte Bergonzi-Geige in meiner Hand gehabt und durfte kurz darauf spielen. Das war ein gutes Erlebnis. :saint:

    Die Aufschrift heißt: Mihály Zákányi hat sie am 15.02.1995 in Nagyatád repariert. Er ist anscheinend ein Volksmusiker (Gesang, Zimbal, Geige). Ich vermute, dass die Decke zu dünn nachgearbeitet wurde. Bei "Zigeunergeigen" ist es fast immer der Fall. Damit klingt die Geige am Ohr schärfer/lauter. Wenn man von weiter weg zuhört, haben solche Geigen keinen guten Klang.

    Ob das bei deiner Geige der Fall ist, könnte ich schon bei gechlossenem Instrument beurteilen. Beim Öffnen der Geige wird's eindeutig.

    Der Untersattel ist zu breit, deswegen ist da ein beginnender Riss. Unter beiden Stegfüßen sind Risse, die unbedingt repariert werden müssen (Stimmriss). Die Risse sind verschmutzt - müssen gereinigt und geklebt werden. Vielleicht hat sie auch einen Bassbalkenriss (links oben)?! Unterzarge-Boden-Unterklotz muss gereinigt und geleimt werden.

  • Werd dich wohl künftig Dr. Student nennen!

    Deine Informationen zum Reparateur finde ich sehr interessant, solche Geschichten gefallen mir.

    Ja, die Risse hast du alle richtig gesehen und das mit der Decke wäre insofern interessant als sie schon öfter geflickt worden dürfte, vermutlich hast du also recht!

    Hmmm.... Also ein Übe-Objekt. Vielleicht sollte ich doch eher mit dieser anfangen....?

  • Hallo Monika,

    einen Stimmriss fachgerecht zu reparieren ist die hohe Schule der Geigenreparatur. Ich hatte mich vorher im Möckel und auf youtube informiert. Z.B. dieses Video hier: https://www.youtube.com/watch?v=f5nBxobpJrk

    Hier mein Thread über die Reparatur: Das 1. Mal Stimmriss reparieren

    Man kann durch ein schlecht angepasstes Futter den Klang der Geige ruinieren.

    Für das Futter muss das zur Decke passende Tonholz (Tonholz ist aufgrund seiner Resonanzeigenschaften besonders für den Bau von Instrumenten geeignetes, gut abgelagertes Holz) genommen werden. Der Abstand der Jahresringe sollte ungefähr gleich sein. Ich hatte mir mal über ebay von einem Orgelbauer ein Paket Fichtenholzreste gekauft. Da waren viele Brettchen mit unterschiedlichen Jahresringabständen drin. Da suche ich mir dann das passende Holz raus.

    Die Reparatur eines Bassbalkenriss hatte ich auch schon mal hier dokumentiert: Alte Geige mit Bassbalkenriss reparieren


    Ich wünsche dir viel Freude bei diesem schönen Hobby.

    Gruß Norbert

  • Sehe gerade, dass der Link für die Bassbalkenreparatur auf eine Stelle mitten im Thread verweist. Davor hatte ich noch in dem Thread ein paar alte geleimte Risse zu lösen und zu reinigen. Das steht dir bei der einen Geige wohl auch bevor.

  • Ui, Norbert, da steht mir noch einiges bevor!


    Sehr schön, deine Reparaturen!

    Respekt!

    Ich werde erstmal viel lesen und anschauen und währenddessen das Werkzeug zusammentragen und dann sehen, dass ich mir für die einzelnen Schritte gut Zeit nehme.

    Danke für die gute Dokumentation, diese ist sehr hilfreich!

  • Noch Tipps für das Öffnen der Geigen: Ich ritze vorher mit einem Cuttermesser die Fuge umlaufend leicht ein, damit der Lack um die Fuge herum nicht wegplatzt und um eine Kerbe zu erzeugen, die eine Sollbruchlinie ergibt die in der Fuge verläuft. Ich nutze dabei eine Lupenlampe, damit ich nicht neben der Fuge ritze.

    Beim Öffnen immer schauen, ob sich auch die Fuge trennt und nicht das Holz. Dann sofort eine andere Stelle suchen und sich von der anderen Seite vorarbeiten.

    Die größten Probleme hatte ich bisher immer beim Oberklotz. Dort kommt man mit dem normalen Messer nicht richtig ran. Hier erstmal die Fuge zwischen Hals und Decke mit einem scharfen Messer einschneiden. Dann mit dem normalen Messer so weit wie möglich die Decke vom Klotz lösen. Wenn es nicht mehr weiter geht, dann nehme ich ein langes Messer und schiebe es unter der Decke durch, so dass ich von der anderen Seite die Klinge packen kann (Arbeitshandschuhe nutzen) und drücke die Schneide dann in die Fuge zwischen Decke und Klotz. Dabei das Messer immer hin und her schwenken und auch vorsichtig hebeln.

    Das wichtigste ist aber immer: Zeit lassen. Dieses ist ein Hobby auch zur Entspannung. Du bist nicht auf der Flucht!

  • Danke, Norbert, für die detaillierte Beschreibung - sie gibt mir Sicherheit und jetzt freu ich mich schon aufs Öffnen!

    Klemmen und Hautleim sind bestellt, Klangholz-Reste hol ich bei einem befreundeten Klavierbauer, Knochenleim haben wir daheim, Schnitzwerkzeug ebenso.

    Diamantfeilen und Zieklingen geh ich jetzt in einem Modellbau-Shop suchen.

    Aufregend ist das!

  • So, hier die dritte Schönheit.

    Ich hatte vor ca. 20 Jahren Essensmarken gegen ein altdeutsches Tischchen und dieses dann gegen diese Geige getauscht :)

    Der Stimmriss ging sehr bald auf und ich kann mich an den Klang nimmer erinnern.... Dass der Zettel echt ist bezweifle ich gewohheitsmäßig aber der Tauscher erzählte mir sie sei von einem ungarischen Großwildjäger bei ihm als Pfand für eine größere Summe hinterlassen worden.

    Ich mag die Geschichte auch, wenn ich sie nicht recht glauben kann und hab aus anderer Quelle gehört, es sei eine billige "Zigeunergeige", was man vor allem anhand der sehr augenscheinlichen Reparaturen sehen könne.

    Wie auch immer: ich möchte gerne ihren Klang hören.

    An dieser Geige kannst Du gut das Säubern und Leimen der Risse üben. Als erstes Projekt ist sie ideal. Zum Säubern der Risse kannst Du die Haare eines flachen Pinsels ganz kurz schneiden und mit ihm erst trocken, dann mit Wasser von beiden Seiten die Risse ausbürsten.

  • Student Den Test hab ich noch nicht gemacht - bin erst gestern abend wieder heim gekommen, bei mir geht alles sehr langsam ;)
    Heut nachmittag richte ich mir ein sauberes Bastel-Eckerl ein, sortiere mein vorhandes Werkzeug (da ich zum einen immer schon an Instrumenten rumgebastelt hab, aber halt nur ganz einfache Sachen, und zum anderen immer schon schwierigeres angehen wollt, ist erstaunlich viel da, hab das ganz vergessen!)

    Imzuge dessen werd ich auch gleich die Böhmerin und die Ungarin genauer anschaun und mich auf das Öffen der Decke zweiterer Geige vorbereiten.

    Bei der Böhmerin ist mir übrigens erst jetzt aufgefallen, dass der Korpus mit 37cm auch ungewöhnlich lange ist, die Mensur stimmt aber.