Wie heißt dieses Saiteninstrument? von Geigenbauer Karl Brandner 1959 Bubenreuth

  • Ist das auch eine Fidel? die Bünde am Steg deuten drauf hin, jedoch ist die Form so anders;
    Gebaut von einem Geigenbauer Karl Brandner 1959 in Bubenreuth; welchen etwaigen Wert hat so ein schlichtes, altes Instrument?

    Das Etikett erwähnt noch das Dom-Institut für Schul- und Volksmusik, Nürnberg

  • Nein, eine Fidel ist das nicht. Das geht eher in Richtung Mix aus Zither und Gitarre.


    Mit dem flachen Griffbrett und ohne einen Steg ist das vermutlich nicht als Streichinstrument konzipiert.


    Es gab zwischen 1900 und den 60ger/70ger Jahren (mit Schwerpunkt 20ger-60ger) eine Welle, „alte Musikinstrumente“ neu zu beleben. Das fing mit der Wandervogel/Reformbewegung an, und da kam dieses „zurück zu den Ursprüngen“ irgendwann auch in der Musik an.


    Es wurden z.B. Gitarrenlauten gebaut- also Instrumente, die aussahen wie Lauten und bewusst historisierend geschnitzt wurden. Aber um dem „Volksmusikanten“ und „Jedermann“ das Musizieren -auch im Selbststudium- zu ermöglichen, wurde ein Gitarrengriffbrett und nur 6 Saiten angebracht. Die „Gitarrenlaute“ ist also in dieser Form eine Erfindung des 20. Jahrhunderts…also eher ein „romantisierter Fake“.


    In der weiteren Entwicklung dieser Strömung wurden ernsthafte Versuche unternommen, sich der Konstruktion und dem Klang alter Instrumente und alter Musik anzunähern. Einerseits entstand das Bewusstsein für „Barockinstrumente“ als gleichwertige -und nicht veraltete/schlechtere Bauart!-, andererseits wollte man die Musik aus den „verstaubten“, akademisierte Opernhäusern „zurück zu Jedermann“ holen. Nicht mehr nur „höhere Töchter“ und Kinder des gehobenen Bürgertums sollten musizieren, sondern alle. Musik sollte nicht mehr nur Wert haben, wenn sie kompliziert und perfekt vorgetragen ist, sondern der Wert des Musizierens an sich -und damit „Musizieren auf jedem Niveau- wurde (an)erkannt.


    So entstanden einerseits Nachbauten alter Instrumente, welche eher ein „wissenschaftliches“ Ziel hatten (Annäherung an alte Bau-/Klang-/Spieltechniken), und andererseits Instrumente, welche bewusst einfach zu spielen sein sollten, unkompliziert und preiswert in der Herstellung sein sollten, sodass nicht nur jedermann sie sich leisren, sondern auch jedermann sie spielen konnte.


    Dafür entwickelte man kreative „Mischformen“, und sowas hast du hier. Viele (nicht alle!) dieser Instrumente haben Bünde (damit der Amateur leichter den Ton trifft), und gerade oder dachförmige Decken und Böden (einfache Herstellung). Oftmals wurde Schellack oder strapazierfähiger Klarlack benutzt.


    Trotzdem sind viele dieser Instrumente durchaus „liebevoll“ gebaut, also sauber angefertigt, und es wurden gute Hölzer verwendet (also keine „Baumarktbretter“, sondern eben auch Palisander und Co.). Die Instrumente sollten zwar preiswert und bewusst einfach sein, aber eben nicht „schlecht“ und „billig“.

  • wow - so klingt fachliche Antwort. Vielen Dank, - das ist gut nachvollziehbar und richtig spannend.
    Gibt es noch irgendwo einen Markt für solche Instrumente?
    Ich hab auch noch einige dieser dreieckigen Streichpsalter (mit Bogen), das geht vermutlich in eine ähnliche Richtung, was die Verbreitung anbelangt, da diese Instrumente von ehemaligen Kindergärtnerinnen auf'm Land stammen.

  • Markt: Jein. Es gilt das, was ich bei der Fidel schon schrieb. Kundschaft sind vor allem Diejenigen, bei denen es nicht vordergründig um das Erlernen eines klassischen Streichinstrumentes geht. Also im Therapiebereich, Kindergarten/Vorschule/Grundschule/Waldorfschule… und im Bereich der Behindertenhilfe.


    Dort kann man Gutes tun, aber dort ist Geld knapp.


    Es gibt auch teilweise Folk/Mittelalterfreunde, die auf solchen Mittelaltermärkten „herumgaukeln“, manchmal sind für die weniger Begabten unter denen solche Instrumente ebenfalls interessant.


    Dazu müsstest Du aber in die entsprechenden Foren, oder Kontakt direkt zu Musiktherapeuten aufnehmen. Hier im Forum bist Du da vermutlich nicht ganz richtig, was Kundschaft angeht. Du bist quasi mit einem „Moped im Motorradforum“, und natürlich „kennen wir uns damit ein bisschen aus“, aber im „Mopedforum“ wäre Deine Chance auf Kundschaft höher.


    Also, schau mal ob Du ein Waldorfschulforum findest, oder frage bei Musiktherapeuten und Ähnlichen (s.o.) direkt an. Vielleicht auch in der Folk/Mittelalterszene.