Bastlergeige (Konservatorium Musik / Joh. Bapt. Schweitzer)

  • Die Decke ist sauber ausgearbeitet. Der Bassbalken hat in der jetzigen Form keine Spannung, und er ist auch recht kurz. Um die Geige für ein modernes Setup vorzubereiten, würde man den Bassbalken erneuern. Willst Du die Geige als Barockgeige einrichten, könntest Du den Bassbalken so lassen, wie er ist.


    Bzgl. der eingedrückten Stelle an der Decke würde ich die Finger vom Bügeleisen lassen. Es könnte helfen, nur den kleinen Bereich mit warmem Wasser zu benetzen und zu hoffen, dass das Holz dann wieder hochkommt. Zusätzlich könnte man die Stelle vielleicht mit einem Pergamentbeleg verstärken.


    Ich frage mich schon eine ganze Weile, ob man bei einem simplen, gut geleimten Stimmriss einfach einen Pergamentbeleg zur Sicherung machen kann, statt die Stelle zu füttern. In einem englischsprachigen Forum hab ich gelesen, dass die Geigenbauer in letzter Zeit bei einfachen Stimmrissen gar kein Futter mehr machen, sondern sie nur leimen und mit etwas Abstand zur Stimme 2 Holzbelege auf den Riss leimen. Und dann beobachten, ob es so hält. Da finde ich einen Pergamentbeleg schon sicherer.

  • ...Irgendwie scheinst Du es zu mögen, Holz zu bügeln oder zu föhnen... Das tut Hilz aber nicht gut!!! Auch wenn so eine Stelle dann optisch vielleicht wieder besser aussieht, so bleibt der Schaden doch bestehen oder meistens verschlimmert er sich sogar, wenn das beschädigte Holz noch aufgequollen und erhitzt wird. Was soll das...?


    Zum Thema Stimmfutter: Es kommt ein bisschen darauf an, woher der Riss kommt. Ist die Decke an der Stelle zu schwach, hilft nur ein Futter. Ist es aber so, dass sich ein Riss vom Untersattel her in den Stimmbereich „ausgebreitet“ hat und die Substanz der Decke eigentlich gut ist, kann das auch mit Belegen halten. Insbesondere dann, wenn der Stimmstock nicht direkt auf dem Riss steht.


    Ich hatte mal ein Cello, welches einen kapitalen Stimmriss vom Rand ausgehend hatte. Das hat jahrzehntelang mit Belegen gehalten, und wurde in diesem Zustand professionell gespielt. Inzwischen hat der neue Besitzer ihm ein Stimmfutter gegönnt- aber ich bin mir sicher, das Cello hätte auch noch die nächsten 80-100 Jahre so durchgehalten. ;)


    Es ist eben eine Frage der Spannungsverhältnisse im Instrument. Man kann auch mit verstellbaren Stimmstöcken, mit denen man den Druck auf ein Minimum reduzieren (und z.B. der Witterung anpassen) kann und die dank der Kugelgelenke perfekt passen noch Einiges retten.


    Aber letzteres wäre bei dem Instrument hier reine Liebhaberei.


    Wenn man schon gerne bastelt, kann man sich bei der Delle auch an einem kleinen Stimmfutter versuchen, rein zu Übungszwecken. Dafür passendes Holz aufdoublieren, und plan hobeln. Ansonsten würde ich da nix machen, und warten ob da überhaupt was passiert.

  • Viele Wege führen nach Rom. Ein schönes Futter zu erstellen kann richtig Spaß machen und ist ein wichtiger Arbeitsschritt im Geigenbau. Da hier kein Riss vorliegt ist es leichter zu üben.

    Bei sehr teuren Geigen ist zu bedenken, dass ein Futter oft mit einem echten Stimmriss in Verbindung gebracht wird. Das ist dann wertmindernd.(Auch wenn man bei genauem hinschauen merkt, dass es nicht so ist). Die Delle in der Decke macht ja nur ein Problem wenn man die Stimme mehrfach verschieben will/muss und erhöht das Risiko der Rissbildung.

    Es gibt auch moderne Geigenbauer, die bei Neubau generell ein 0,2 mm Hartholzfurnier auf setzen, als Schutz für die Decke im Stimmbereich. (Vor allem im Cellobau) .


    Ich persönlich mag Pergament nicht, weil es ein anderes Material mit anderen elastischen Eigenschaften ist und ich keine gute Erfahrung damit habe. Die physikalischen Kenngrößen (Abrissmodul aus der Biegung beziehungsweise aus der Dehnung) sind bei Holzbelegen auch viel günstiger.


    Aber das ist vielleicht sehr subjektiv jenachdem dem wo man das alles gelernt hat. In den englischsprachigen Foren gibt es auch Exzesse über die Diskussion ob die Futter parallel zur Decken-Maserung verlaufen sollen oder leicht versetzt.

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    Ich persönlich mag Pergament nicht, weil es ein anderes Material mit anderen elastischen Eigenschaften ist und ich keine gute Erfahrung damit habe. Die physikalischen Kenngrößen (Abrissmodul aus der Biegung beziehungsweise aus der Dehnung) sind bei Holzbelegen auch viel günstiger.


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    Pergamentbelege haben den Vorteil, dass sie sehr dünn und sehr stabil sind. Bei Versuchen riss ein mit Pergament repariertes Fichtenholz-Stück nie am ursprünglichen Riss sondern an einer anderen Stelle:

    https://www.schilbach.net/de/p…artikel-veroeffentlichung

  • Vor ab: ich habe selbst bis vor kurzem geglaubt Pergament könnte besser sein.



    .......in dem Artikel wird wird gleich noch darauf hingewiesen, wo man das Pergament beziehen kann. (Zur Zeit leider nicht erhältlich). Die Verkaufsabsichten sind also gleich mit hinein gepackt. (War im Pharma Vertrieb tätig, deshalb bin ich da sehr, sehr sensibel…8)Maffia ).


    Außerdem sehe ich das Problem, dass es verschiedene DIN Messmethoden gibt und es sehr schwierig ist die Qualität der Holzbelege beziehungsweise Pergament Belege zu standardisieren. Also alles ein Sumpf.


    Wer mit Pergamentbelegen sehr gut zurecht kommt und eine Konstante Quelle hat sollte dabei bleiben.

    Ich für meinen Teil schwöre auf Hand gespaltene Belege (also auf keinen Fall gesägt oder geschnittene Belege). Die kann ich mir selber zum null Tarif beschaffen. Ich habe für mich eine Technik entwickelt diese Belege sehr dünn auszuarbeiten.


    Aber ich kann mir gut vorstellen dass ein anderer gutes Pergament in Hülle und Fülle hat und eine entsprechende optimierte Technik entwickelt hat.


    Es macht auch noch ein Unterschied ob man Belege mit Knochenleim, Hasenleim, Fischleim etc…klebt.


    Wahrscheinlich ein Thema ohne Ende. Würde ich gerne in meiner Geigenwerkstatt in Freiburg bei einer guten Flasche Wein ausdiskutieren. ( Abstand und Hepa14Filter liegt vor😉).

    Coronafrustrierte Spieler aus Freiburg können noch über 100 Instrumente Anspielen.......chiocciola@gmx.de

  • Ich hoffe, das ist ok, wenn ich hier mit allgemeinen Anmerkungen „reingrätsche“ ...

    Die Decke ist sauber ausgearbeitet. Der Bassbalken hat in der jetzigen Form keine Spannung, und er ist auch recht kurz. Um die Geige für ein modernes Setup vorzubereiten, würde man den Bassbalken erneuern. Willst Du die Geige als Barockgeige einrichten, könntest Du den Bassbalken so lassen, wie er ist.

    Wie schon neulich mal verlinkt, sieht man hier, dass Peter Körner im Video den Bassbalken
    ohne Spannung einbaut. Mich wundert das. Scheint wohl zu funktionieren. Vielleicht muss die Decke
    nur entsprechend dafür ausgelegt sein?

    https://www.ardmediathek.de/sw…3ci5kZS9hZXgvbzEyMDg0NDI/



    Es ist eben eine Frage der Spannungsverhältnisse im Instrument. Man kann auch mit verstellbaren Stimmstöcken, mit denen man den Druck auf ein Minimum reduzieren (und z.B. der Witterung anpassen) kann und die dank der Kugelgelenke perfekt passen noch Einiges retten.


    Ist denn ein Stimmstock, der so locker drinsteht nicht negativ für den Klang? Meines Wissens sollte
    die Stimme im Idealfall genau den Druck des Steges ausgleichen, damit die Decke frei schwingen
    kann. Und der Druck des Steges ist ja recht hoch. Eine zu „lockere“ Stimme wird daher nicht empfohlen.


    Oder hast du in der Praxis andere Erfahrungen gemacht?

  • Zur Stimme: es gilt wie bei den Belegen (Holz oder Pergament): viele Wege führen nach Rom.


    Ich habe experimentiert mit der Anima Nova, der Hamberger Stimme, und Stimmen aus verschiedenen Hölzern. Was die Spannung der Stimme angeht richtet sich das Optimum nach Modell, Bauweise des Geigenbauers, (Klang)Geschmack des Spielers und Material der Stimme. Grundsätzlich kann jedes Instrument anders auf die Spannung der Stimme reagieren. In der Regel wird mit einer härteren Spannung das Instrument lauter, gewinnt an Schärfe verliert aber gelegentlich an Ansprache.

    Schraube ich die Anima Nova zum Beispiel lockerer wird der Klang weicher. Aber Vorsicht: gelegentlich werden die unteren Saiten etwas matt.


    Bei den einfach Holzstimmen verstellt man mit der Spannung logischerweise auch die Stellung der Stimme und das ändert wieder alles. Will man die Spannung erhöhen zieht man die Stimme etwas zum Stegfuß hin raus. Das bringt in der Regel (nicht immer)

    zusätzlich mehr Kraft auf a/e Saite.

    Macht man die selben Stimmstockbewegungen mit einem Musiker der andere Klangvorstellungen hat redet der vielleicht von „ unangehmer Schärfe.

    Dann zieht man den Stimmstock nach hinten vom Steg weg und plötzlich ist der Spieler glücklich. Hat die Stimme ein sehr feinjähriges Holz z.B. aus einer Zwischen- Eiszeit ist wieder alles etwas anders.


    Den Steg kann man auch härter und weicher machen. Und auf den Bassbalken hat die Wahl des Holzes auch einen Einfluss.

    Was mich in dem Film wundert, dass die Innenwölbung der Decke auch nach Augenmaß gearbeitet wird. Ich muss da Messbohrungen setzen.

    Außerdem sehe ich plötzlich eine Decke die am Außenrand exakt auf 4 mm Dicke gebracht ist und das geht eigentlich nur durch Fräsen.

    Aber ich glaube inzwischen jeder Geigenbauer hat seine eigene validierte Technik und seine kleinen Geheimnisse.Und das vielleicht gut so.:)


    Bei manchen Instrumenten muss die Stimme den Druck des Steges nicht ausgleichen, sondern die Decke muss für den optimalen etwas „herunterkommen“ und das Instrument braucht mehr Druck ( Scherkraft) auf der Zarge.


    Und auf eine neue Geige wirken ständig massive Kräfte die in den ersten Jahren das ganze Spannungsgefüge komplett verändern können. Deshalb dann auch gelegentlich Anpassung von Steg und Stimme.


    Wie man an dem chaotischen Geschreibe merkt lassen sich die Dinge ( zumindest von mir😉) nicht so einfach in Regeln fassen aber das macht es spannend, oder?

  • Ja, du hast es sehr gut beschrieben... genau das meine ich mit „Spannungsverhältnissen“. Es ist eben bei jedem Instrument anders, sonst könnte man ja einfach auf die Standard-Abmessungen fräsen und auch die Stimmstöcke als Serienmodell anbieten.


    Konkret habe ich auch schon Instrumente gehabt, die am Besten klangen, wenn der Stimmstock so kurz war, dass er ohne Steg umfiel.


    Die gleiche Diskussion kann man offensichtluch beim Bassbalken führen.

  • Es wäre ganz interessant zu wissen, wann dieses Konservatorium in Dortmund unter dieser Direktion existiert hat. Im Internet habe ich bis jetzt leider nichts gefunden. Hat jemand Informationen darüber?

    Da scheint mir einiges an Spannung drin. Ich würde die Stelle von innen anfeuchten und dann mit passenden Zulagen unter Spannung trocknen lassen. Vielleicht gelingt es, die Delle wieder zurück zu bilden.

    Wärme, Feuchte, Fön.... damit verziehst Du dir den ganzen Boden (und die Leimfuge geht auf....) Das ginge nur, wenn Du ein Gipsbett anfertigst, die Bodenhälften sauber trennst, nur die eine Stelle bearbeitest und das so passgenau kannst, dass Du am Ende alles wieder richtig zusammenbekommst.

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    ...Irgendwie scheinst Du es zu mögen, Holz zu bügeln oder zu föhnen... Das tut Hilz aber nicht gut!!! Auch wenn so eine Stelle dann optisch vielleicht wieder besser aussieht, so bleibt der Schaden doch bestehen oder meistens verschlimmert er sich sogar, wenn das beschädigte Holz noch aufgequollen und erhitzt wird. Was soll das...?

    Hmm... Sowas mit Wasser um Föhn habe ich noch nie gemacht, aber in einigen englischen Foren gelesen, dass manche sowas machen. Deshalb habe ich euch gefragt. Ich glaube es euch mehr, als ihnen da... Also ich vergesse das mit diesen Methoden.

    Ich glaube, dass ich ein Gipsbett machen werde und versuchen werde, den Boden etwas gerader zusammenzuleimen. Hoffentlich wird's irgendwie klappen.

    Wenn man schon gerne bastelt, kann man sich bei der Delle auch an einem kleinen Stimmfutter versuchen, rein zu Übungszwecken. Dafür passendes Holz aufdoublieren, und plan hobeln. Ansonsten würde ich da nix machen, und warten ob da überhaupt was passiert.

    Ich werde die Stelle mit ein bisschen warmem Wasser anfeuchten, wie mir das geigerlein empfohlen hat. Wenn es nicht klappt, werde ich da nichts machen und abwarten ;)

    Der Bassbalken hat in der jetzigen Form keine Spannung, und er ist auch recht kurz. Um die Geige für ein modernes Setup vorzubereiten, würde man den Bassbalken erneuern.

    Ich habe mich entschieden, dass ich einen neuen, modernen Bassbalken machen werde.

    .......in dem Artikel wird wird gleich noch darauf hingewiesen, wo man das Pergament beziehen kann. (Zur Zeit leider nicht erhältlich). Die Verkaufsabsichten sind also gleich mit hinein gepackt.

    ...

    Wahrscheinlich ein Thema ohne Ende. Würde ich gerne in meiner Geigenwerkstatt in Freiburg bei einer guten Flasche Wein ausdiskutieren. ( Abstand und Hepa14Filter liegt vor😉).

    Coronafrustrierte Spieler aus Freiburg können noch über 100 Instrumente Anspielen.......chiocciola@gmx.de

    Man könnte Pergament bei Gewa Deutschland kaufen, wie ich es gesehen habe. Ich habe aber eine andere Quelle (kommt aus MItteleuropa).

    Übrigens: ich wünschte, ich würde in der Nähe von Freiburg wohnen. :thumbup:;)^^