noch eine Dachboden-Stradivari ...

  • Moin alle zusammen,


    ich spiele seit einigen Jahren Geige. Mein eigenes Instrument ist eine (Schüler-)Geige von Franz Hell aus Elmshorn, ungefähr 100 Jahre alt, von einer Geigenbauerin restauriert und ganz solide.


    Jetzt bin ich über einen Freund meines Vaters an dieses Instrument gekommen. Er hat sie von seinem Opa geerbt, einem Berufsmusiker. Er sagt, dieser hat sie von einem "Zigeuner" verkauft bekommen. Sie hat den typischen Stradivari-Zettel '1712' eingeklebt, also ein Nachbau oder Fälschung (?). Er möchte die Geige behalten, spielt selbst aber nicht. Ich könnte sie spielen, sie ist so auch relativ intakt (keine Risse und soweit alles dran). Meines Erachtens müssten die Wirbel neu eingepasst werden (halten die Spannung nicht) und natürlich neue Saiten. Ich finde, es ist optisch ein ganz schönes Instrument.

    Könnt ihr mir vielleicht sagen, was das für eine Geige ist bzw. wo sie herkommt? Und eine Restauration würde sich wahrscheinlich schon lohnen, oder?


    Vielen Dank im Voraus und viele Grüße

    Doro

  • Hallo Doro, es spielt bei dieser keine große Rolle wer Sie wann wem und wo erworben hat. Es ist eine solide Manufaktur Geige. Der Zetel sagt aus nach welchem model Sie gebaut wurde. Bei den Wirbeln würde ich es erstmal mit Wirbelseife probieren. Was den Willen angeht Sie spielen zu wollen. Überprüfe erstmal den Klang mit neuen Saiten. Die Geige muss nicht unbedingt besser klingen wie deine Franz Hell Geige.

  • Hallo abalon,


    danke für Deine schnelle Antwort! Dann werde ich das erst einmal selber mit Wirbelseife ausprobieren und neue Saiten aufziehen. Was bietet sich da an? Pirastro Tonica vielleicht als Anfang?


    Kannst Du durch die Bauart Rückschlüsse auf die Herkunft ziehen? Nur so interessehalber? Wahrscheinlich auch irgendetwas um 1900, oder?


    Gruß

    Doro

  • Sachsen/Böhmen um 1900.


    Wenn nur die Wirbel zu überarbeiten sind, hält sich die Investition in Grenzen.


    Saiten: Ich mag ja die PI-Saiten sehr gerne. Tonica sind mir zu „metallisch“ vom Klang her. Ansonsten finde ich such Dominant ganz ok. Aber das ist Geschmackssache, und kommt auch aufs Instrument an.

  • was spricht hier eigentlich für Manufaktur? Probier mal Warchal Karneol Saiten aus. Ich hab die seit Jahren von pirazzi Evah, Warchal Brillant etc. umgestellt und auf meinen unterschiedlichen Geigen drauf. Sie sind sehr günstig ähnlich dominant, aber viel besserer Ton und holen genug aus jedem vernüftigem Instrument raus. Teurere Saiten wie Evah etc. werben eben mit mehr Strahlkraft und Projektion, was aber im Amateurbereich bzw. im Orchester eher eine untergeordnete Rolle spielt.

  • Moin delGlasu,


    das ist interessant, danke! Ich hatte jetzt überlegt, die Thomastik Alphayue als erstes zu probieren, weil ich gelesen habe, dass die nicht so schrill sind wie die Tonica, eher in Richtung Dominant Saiten gehen - nur eben sehr günstig. Hat jemand mit diesen Saiten Erfahrung? Ich bin noch Studentin, daher muss erst einmal etwas günstiges herhalten.

    Auf meiner eigenen Geige habe ich die Corelli Alliance drauf und bin mit denen super zufrieden - das wollte ich nur nicht zum experimentieren probieren. Ich habe noch eine Geige, auf der habe ich Dominant Saiten drauf, die ich ganz okay finde, aber irgendwie klingt sie fast schon wie eine Bratsche ...

  • Hallo!


    Ich habe Erfahrung mit den Alphayue Saiten. Sie sind sehr gut, probier sie auf jeden Fall aus! ;) Ein Paar Tage einspielzeit brauchst du, dann klingten sie nicht mehr "metallhaft". (Oder ein Trick: die Saiten mit Knoblauch einreiben, dann mit einem trockenem Tuch abwischen. Du brauchst fast gar keine Zeit zum einspielen.)

  • .....das mit dem Knoblauch mag sein, hat aber sicher kein positiven Einfluss auf die Lebensdauer der Saiten.;). Nach meiner Erfahrung lässt sich aber mit Saitenwahl, Stimmenplazierung (-Spannung), Steg, richtiger Saitenhalter viel, viel machen.

    Das Fleisch über dem Herz des Steges (Sprich: die Masse) kann manchmal Welten bewegen..... oder eine Stimme mit dem Winterholz einer Fichte aus der Zwischeneiszeit....( engste Jahresringe)


    Wie gefällt euch Helicore??:*

    Nächtliche Grüße von


    # gustoviolino

  • Man bescheingt mir in der Musikgruppe einen besonders „weichen“ Klang. Vielleicht, weil die Saiten
    schon etwas länger drauf sind?

    Es sind jedenfalls die von mir bevorzugten „Tonica“. Günstiger als „Dominant“, aber nach meiner

    Erfahrung auf keinen Fall schlechter.