Überteuerte Geige mit Klangproblem von Sebastian Berndt

  • Ok, das Video kannte ich nicht. Es ist dann natürlich mit Importinstrumenten in diesem Fall schwierig. Wäre es juristisch spitzfindig, zu fragen, ob „in ihrem Hause“ auch Vertragswerkstätten im Ausland einschliesst?

    Ich höre den Geigenbauer im Video sagen, dass deren Meisterinstrumente „von Grund auf ... in unserem Hause ... gebaut“ werden.

    Als Meisterinstrument, wenn es so verkauft wurde, müsste das also der Fall sein. Was man natürlich nicht nachweisen kann,

    insofern müßig, drüber zu diskutieren.


    Das mit der plötzlichen Klang-Verschlechterung ist schon sehr merkwürdig, ich habe das so weder erlebt noch je gehört.
    Auf jeden Fall muss das ganze mit neuen Saiten und einem anderen Bogen geprüft werden, ich geh mal davon aus, dass

    das auch gemacht wurde.

  • Ich habe für meine Tochter 1/4 und 1/2 "Bertoni"-Celli gebraucht gekauft. Es handelte sich offensichtlich um Mietrückläufer mit kleineren Reparaturen zu einem sehr guten Preis-Leistungsverhältnis. Die Instrumente waren sowohl klanglich wie optisch sehr ansprechend.

    Zu den Meisterinstrumenten kann ich leider nichts sagen.

    Man könnte sich ja von dem anderen Geigenbauer zum Vergleich auch einige 1.200,00 oder 6.000,00 EUR Instrumente zeigen und ausprobieren lassen lassen.

  • ...das wird wenig nützen. Denn vorher war die Geige offensichtlich jahrelang gut, bis „Was-auch-immer“ passiert ist. Dieses „Was-auch-immer“ kann ja theoretisch jedem Instrument passieren.


    Ich halte das eher für ein „Dumm gelaufen-was Blödes passiert“ als etwas, was man nach Jahren dem Geigenbauer in die Schuhe schiebt.

  • Fiddler:


    Wenn VW etwas „in ihrem Hause“ baut, kann damit trotzdem ein VW-Werk in einem anderen Land gemeint sein. Vielleicht gibt es eine „Berndt-Marx-Filiale“ in Rumänien?


    Trotzdem-auch hierzulande kann man suboptimale Instrumente bauen, genauso wie man perfekte in Rumänien bauen kann.

  • Es hilft zwar den Fragesteller nicht weiter ob und wo die Instrumente gebaut werden wenn die Gewährleistung abgelaufen ist. Auch wäre es reichlich aussichtslos wegen arglistige Teuschung vor zu gehen. Auch den Geigenbauer und seine Fähigkeit in Frage zu stellen wenn es sehr viele zu Frieden Kunden gibt macht keinen Sinn. Aber es wäre ein Versuch wert die Geige gegen ein anderes Instrumnt zu Tauschen sofern man das Verhältnis nicht zerrüttet hat. Vielleicht ist eine Kulanz möglich. Wenn auch der Zug abgefahren ist, die Geige verkaufen und sich um ein neues zu bemühen.

  • An dem offenbar physikalisch aufgetretenen Poblem wird der Verleich mit anderen Instrumenten in der Tat nicht ändern.

    Hier kommt möglicherwiese aber noch ein subjektiver Faktor hinzu. In dem Moment, in welchem nach Meinung des anderen Geigenbauers die bisherige "Meistergeige" sich in ein 0815 Massenprudukt verwandelte, hatte diese Instrument ja eigentlich keine Chance mehr.

    Selbst wenn der ursprüngleich Klang wiederkommen sollte, wird da immer ein Wermutstropfen sein. Hier könnte ein Vergleich zur Rehabilitierung beitragen.


    Hinsichtlich des physikalischen Problems ist eine Ferndiagnose schwierig, zumal sich schon mehreer Geigenbauer mit dem Problem in natura beschäftigt haben.

    Ich kenne aber Fälle, bei denen sich auch bei neueren Meistergeigen im Lauf der Zeit der Halswinkel minimal verändert hat, was durchaus noch innerhalb der üblichen Maße liegt, durchaus aber spürbare Auswirkungen auf Klang und Ansprache hat. Hier konnte eine leichte Anhebung des Griffbretts duch einen ganz hauchdünnen Keil Abhilfe schaffen.

  • Abalon hat es gut zusammengefasst. Jahrelang war die Geige gut, von arglistiger Täuschung kann nun wirklich keine Rede sein!


    Ich überspitze den Fall jetzt mal andersherum: Da hat jemand eine gute Geige gekauft, und irgendjemand setzt ihm den Floh ins Ohr, das Instrument sei weniger wert, oder er ist vom normalen Wertverlust enttäuscht, oder es ist eine Beschädigung entstanden oder sonstwas- jedenfalls nach Jahren beschliesst derjenige, das Instrument loswerden zu wollen und versucht, dem Geigenbauer Betrug nachzuweisen, ihm Inkompetenz vorzuwerfen oder ihm irgendwelche durch ihn selber verursachten Mängel unterzuschieben. Was würdet ihr dann raten?


    Astrid, Dein Fall ist vielleicht etwas anders gelagert, aber die obige Lesart gibt es eben auch.


    Wenn Du der Meinung bist, das Instrument sei überteuert gewesen, dann mach Folgendes: Lass Dir von mindestens zwei verschiedenen, unabhängigen Geigenbauern jeweils ein Gutachten anfertigen, dass das Instrument selbst im Neuzustand einen Handelswert von xxxx Euro hat, bzw. zum Zeitpunkt des Kaufes hatte (die Geigenpreise sind gefallen...!). Wenn die sich alle ihrer Sache so sicher sind, sollte das kein Problem sein.


    Damit kannst Du dann zum Rechtsanwalt gehen, und fragen wie eine Klage wegen Wuchers abläuft. Sei Dir aber bewusst, dass die Gegenseite sehr gute Argumente hat- jahrelang war die Geige gut genug, und durch irgendeinen Unfall/Behandlung/Pech/... , was der Geigenbauer nicht direkt zu verantworten hat, stimmt mit dem Instrument etwas nicht mehr. Es wird schwer nachzuweisen sein, ob überhaupt die Geige schon einen „verdeckten“ Schaden/eine Schwäche hatte, als du sie gekauft hast. Genau das oder eben der Nachweis mindererer Qualität ist ausschlaggebend.

  • Ich möchte doch noch mal nach der "Septembersonne" fragen:

    Ich habe über Jahre Geigenunterricht in der Nachbarstadt gehabt. Dafür bin ich mit dem Bus eine dreiviertel Stunde mit der Geige im Koffer gefahren und dann noch ca. 15 min zur Musikschule gelaufen. Auch im Hochsommer. Die Geige hat sich dabei klanglich nie verändert und mir wurde auch von meiner Lehrerin nie gesagt, dass es im Hochsommer gefährlich wäre (gut, in den Sommerferien hatte die Musikschule geschlossen, aber wir kamen durchaus mal im Juli oder Ende August noch auf hohe Temperaturen). Die Geigenlehrerin selbst hatte ca. eine Autostunde Anfahrt. Also wenn Hitze ein so großes Problem gewesen wäre, hätte sie das doch mal erwähnen müssen?


    Von den übrigen Schülern, die teils mit dem Bus kamen, teils mit dem Auto von ihren Eltern gebracht wurden, habe ich auch nie so etwas gehört.

    Meine Geigen standen nun 7 Jahre im Koffer herum, an unterschiedlichen Stellen. Eine wird zur Zeit hergerichtet, die andere, die schon vorher mal mehrere Jahrzehnte in einem sehr alten Koffer herumgestanden hatte (ca. von 1935 oder so bis ca. 2000) hat auch kein Klangproblem (also, ja, mir gefällt die nicht so gut, aber sie hat einen ausgeglichenen Klang und wurde von der Geigenlehrerin und dem Geigenbauer als recht gut angesehen).


    Ich frage mich jetzt wirklich: Was bedeutet "Septembersonne"? September ist meist ein Monat, in dem es schon kühler wird, und 25°C nur selten übersteigt, eher zu 20°C tendiert.

    Und täglich gehen Geigenschüler mit derGeige im Kasten nach Hause, von der kühlen Musikschule in die heiße Mittagssonne oder im Winter von der Kälte draußen ins erhitzte Haus und normalerweise passiert da doch auch nicht reihenweise etwas. Musiker reisen mit ihren Instrumenten per Flugzeug von sehr kalten in sehr warme, trockene oder feuchte Klimate, manch

    mal in sehr kurzen Abständen, und denen passiert doch mit ihren sehr teuren Instrumenten auch nichts.


    Also meint ihr ernsthaft, dass 2 Stunden bei 25°C im Koffer den Klang einer Geige zerstören können?

    Und keiner von euch war je mit der Geige im Koffer im warmen bis heißen Auto mal im Stau oder im Hochsommer bei 30°C unterwegs für mehr als eine halbe Stunde?


    Kürzlich sah ich auch ein Video, in dem behauptet wurde, Geigen müssten alle 2 Monate oder so mal ans Licht, sonst würden sich Parasiten dort vermehren (Geige, Bogenhaare), tendenziell wurde sogar zur Aufbewahrung komplett draußen am Licht, außerhalb des Koffers, geraten. Und da denke ich wieder an meine Geige, Jahrzehnte im alten Koffer, 7 Jahren im gepolsterten Koffer und nix passiert.

    Müssten nicht, wenn die Instrumente so empfindlich sind, alle "Dachbodenfunde" und alle "Geigen von Opa" Schrott sein, weil die halt Jahrzehnte lang unbeaufsichtigt irgendwo lagen?


    LG von

    Charlotte

  • Ich hatte bisher keine Schäden an Geigen durch Hitze oder Kälte. Aber die Geigenlehrerin sagte mir, ich solle bei extremen Temperaturen die (Miet-) Geige besser nicht im Kofferraum des Autos liegen lassen, um Schäden zu vermeiden. Also schleppe ich sie immer mit, wenn die Mädels nach dem Unterricht z.B. noch Schwimmtraining haben ;)

  • Ich habe bei meinen Instrumenten immer sehr aufgepasst. Eine Blockflöte hat mal Hitze abbekommen (nein, das war nicht das Lagerfeuer...), und danach war der Lack hinüber. Seitdem weiss ich, wie sowas ausgehen kann, und es war "nur" eine Blockflöte, die mich diese Erfahrung gekostet hat.


    "Septembersonne" ist ein sehr dehnbarer Begriff. Das kann "Ende August" sein oder "Anfang Oktober", pralle Sonne und ein wenig isoliertes Etui oder Klimaanlage, Dreifachverglasung und halb bewölkt.


    Ja, Musiker reisen mit ihren Instrumenten durch die Gegend. Aber sie treffen Vorkehrungen (Hygrometer/Dampit, Entspannen der Saiten) und lassen auch dem Instrument Zeit, sich wieder an die Umgebungstemperatur zu gewöhnen, anstatt es aus dem Koffer zu reissen und sofort hochzustimmen.


    Auch meine Lehrerin damals sagte, ich soll wenn es draussen richtig kalt ist und ich mit dem Fahrrad komme, das Instrument erst noch mal wenige Minuten in Ruhe lassen. Man darf auch nicht vergessen, dass so ein Kasten auch isoliert- sprich, wenn man rausgeht, kühlt das Instrument langsam ab (und ist zwischen Haustür und parkendem Auto noch nicht tiefgefroren oder gekocht), und auch in einem Auto bei Stau etc. ist es normalerweise nicht wahnsinnig heiss, man selber kann es in der "Blechbüchse" ja auch aushalten. Das gilt auch für einen Bus.


    Wenn ein Instrument aber wirklich längere Zeit in der Sonne liegt oder sich in einem Kofferraum/Autoinnenraum befindet, kann es schon Schäden geben. Im Bus/Auto wenn man drin ist sind 28 Grad schon gefühlt echt heiss, aber in einem in der Sonne stehenden Auto kann es schnell mal über 50/60 Grad oder noch heisser werden. Da sind schon so einige Kinder und Hunde verreckt. Solche Temperaturen werden auf Dachboden eigentlich selten erreicht, und auch da sind die Temperaturänderungen nicht so abrupt, das kann ein Instrument schon überleben.


    Allerdings klingen viele Dachbodenfunde nicht allzu toll, und es ist natürlich fraglich, inwieweit das von der Lagerung kommt. Ich habe auch schon Dachbodengeigen gesehen, bei denen sich ALLE Leimnähte gelöst hatten. Also ganz so "ohne" ist das jetzt auch nicht.