Ein schwieriger Fall

  • Mich wundert gar nix! Habe hier im Forum auch schon schwierige Lackierversuche vorgestellt. Das ist einfach gelegentlich sehr, sehr problematisch!! Den Lack 3-5x wieder zu Entfernen ist fast schon normal und auch gut machbar wenn man einige Grundregeln einhält. Einfach weiter probieren, das wird noch!!😎.

  • Hab den nächsten Lackier-Versuch mit eingedicktem und eingefärbtem Retuschierlack von H*** in einer pre-finalen Phase. Der Farbton passt grundsätzlich, und die Schnecke ist schon antikisiert. Ich finde sie ganz ok so. Hier Bilder bei Kunstlicht:


          


          


          

  • Die Vorgehensweise ist dieselbe wie bei Abalons französischer Geige (die mir übrigens immer besser gefällt...):


    Das frische Holz so grundieren, dass es dem Farbton des unbehandelten Originalholzes nahekommt. Mit transparentem Lack fixieren. Dann die Lackierung in mehreren Schichten aufbauen. Bei der sächsischen 3/4-Geige meiner Oma hab ich Safrangelb als erste Schicht genommen, weil ich weiß, dass das bei sächsischen Geigen oft gemacht wurde. Abalons französische Geige hat einen goldgelben Grund bekommen, weil der Untergrund mehr orange als gelb ist. Dann ging es mit braunem Retuschierlack (hat mehr Pigmente als normaler Lack) weiter. Dabei hab ich den Lack mit in Spiritus gelösten Farben immer so abgetönt, wie es erforderlich schien. War die letzte Schicht etwas zu rötlich, hab ich mehr Grün (manche Geigenbauer nehmen Blau) in den Lack gemischt. Der Farbton war also immer unterschiedlich.


    Zwischendurch immer vorsichtig zwischenschleifen, um eine möglichst gleichmäßige Oberfläche zu erzielen. Da der Lack dieser alten Geige eher matt ist, hab ich die letzte Farbschicht wieder mit Bims angeschliffen. Die Antikisierung hab ich mit einem mittelfeinen Rundpinsel und Ölfarbe (Vandyckbraun) gemacht. Da auch noch die Zargen so behandelt werden, werde ich wohl noch eine Schicht Klarlack drüberstreichen, wenn die Ölfarbe trocken ist, damit der Lack abriebfest ist.


    Die professionellen Restauratoren machen es wohl so, dass sie die Oberflächen mit nur wenig (in Wasser oder Alkohol?) gelösten Pigmenten färben und diese Farbschichten jeweils mit transparentem Lack fixieren. Das hab ich noch nicht ausprobiert, aber da die Geigen ursprünglich auch mit eingefärbtem Lack lackiert wurden, denke ich, meine Methode funktioniert auch, grad bei größeren Flächen.

  • So, ich hab beschlossen, dass ich so mit den Zargen zufrieden bin, auch wenn mir der Farbton der rechten Zargen ein bißchen zu hell vorkommt.


          



    Jetzt muss die Ölfarbe erst mal trocknen, und dann kommt eine abschließende Schicht Transparentlack drüber. Ich muss noch auf Probestückchen testen, ob mein Schellack-Mastix-Lack geht, oder ob ich mir einen richtigen Öllack besorgen muss.


    Griffbrett und Saitenhalter hab ich mit altem, eingedickten Leinöl poliert, was die Vogelaugen sehr schön zur Geltung bringt. Weil das ungefärbte Ahornholz aber so hell ist verglichen mit dem Rest der Geige, lässt sich das sehr schwer fotografieren. Ich versuche mal, beizeiten Bilder bei Tageslicht zu machen. Den Hals will ich mit Pigmenten und Öl behandeln. Da muss ich mir aber noch eine Strategie überlegen.

  • Zwischenzeitlich ist es hier weitergegangen: Der A-Wirbel ist leider ein bißchen schief geworden, vielleicht muss ich ihn ausbuchsen und neu machen, wenn er nicht hält. Aber die Wirbel aus Buchs (glaub ich, könnte vom Aussehen auch Ahorn sein) ließen sich sehr gut abdrehen.


          


    Jetzt weiß ich auch, dass man die F-Löcher besser vor dem Lackieren bohren sollte. Da muss ich noch nachlackieren. Untersattel (wie der Obersattel aus Hartriegel) und Endknopf sind auch drin, als nächstes kommt die Stimme.


  • Der schwierige Fall nähert sich seinem Ende. Obwohl noch einige Lackarbeiten am Wirbelkasten und den geleimten Bodenrissen zu tun sind, hab ich die Geige schon mal eingerichtet, um zu sehen, wie sie klingt. Anders als von Chiocciola vermutet ist ihr Klang eher hell, was vermutlich der dicken Decke geschuldet ist. Aus demselben Grund ist sie auch nicht besonders laut, also bestens geeignet für das Üben in einer Etagenwohnung ;)

    Die Warchal brilliant Vintage Saiten fühlen sich gut an und funktionieren einwandfrei auf dieser Geige. Die Ansprache und das Spielgefühl auf dem Zuckerahorn-Griffbrett sind gut. Den Hals werde ich vermutlich noch etwas einfärben und die Lackränder von Wirbelkastenende und Halsfuß noch verfeinern.


    Die Geige sieht wirklich wie eine selbstgebaute Bauerngeige aus :D Das Bodenholz ist immer noch das Schönste an ihr:


          


          


    Hannes_F, hast Du einen Tip für mich, wie ich die Geige so mit meinem Samsung-Smartphone aufnehmen kann, dass man nicht vor Schreck davonläuft? Sie klingt wirklich nicht schlecht (hab sie mir von der großen Tochter vorspielen lassen), aber mit dem Handy aufgenommen ganz dünn und näselnd.