Ein schwieriger Fall

  • Ich habe die Risse einer Geige vor 1,5 Jahren mit Pergament repariert. Seitdem hält es gut. Ich weiß, es ist noch nicht so lange her. Mal sehen...

    Ich habe aber mit ganz kleinen und sehr dünnen Pergamentstückchen gearbeitet.

  • In den letzten Wochen und Monaten hab ich an der Decke gearbeitet und die Fehlstellen im Holz ergänzt.



    Am Untersattel hab ich auf Anraten des Geigenbauers zwei Holzstücke separat eingesetzt. Analog zu den beiden Deckenhälften sind sie sehr unterschiedlich in der Maserung und treffen auch in etwa die Maserung der Decke und die Mittelfuge. Innen musste ich an einer Seite einen Span einsetzen, weil der zweite Patch hier nicht ganz passte. Dort, wo die Decke auf den Unterklotz geleimt wird, sind auch zwei Stellen, an die eigentlich noch ein Span gehört. Da hier aber flächig aufgeleimt wird, lasse ich das so.



    Das fehlende Holz am F-Loch ließ sich ganz gut ergänzen. Ich habe eine Wand des Spalts senkrecht und die gegenüberliegende schräg gemacht, so dass ich nicht von vorn anfangen musste, wenn ich versehentlich zu viel Holz vom Flicken weggenommen habe. Weil ich möglichst wenig originales Holz wegnehmen wollte, waren die Kanten des Spalts auch nicht parallel, sondern verjüngten sich nach oben. Mit der oberen F-Loch-Kugel-Kante bin ich nicht so glücklich, weil sie doch etwas flach ist. Aber ich wollte nicht, dass die linke Kugel viel größer wird als die rechte, obwohl sie bestimmt früher auch alle unterschiedlich waren :D Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich innen an den F-Löchern noch die fehlenden Holzschichten ersetze. Was meint Ihr, wäre das gut für die Stabilität?



    Als nächstes kommt das Stimmfutter, und dann werde ich den Zargenkranz auf dem Boden aufbauen. Klötze und Reifchen werde ich wohl keine machen, analog zur ursprünglichen Bauweise. Für die Zargen hab ich recht weiches Holz ausgesucht, was sich hoffentlich auch biegen lässt, wenn es 2 mm dick ist. Zuletzt kommen Hals und Schnecke. Die Halsklotz- und -ansatz-Region ist auch sehr abenteuerlich, das muss ich mal fotografieren. Und ich bin gespannt, wie ich die Lackretusche dann hinkriege. Das neue Holz muss viel dunkler werden. Vermutlich werde ich es beizen.

  • Wenn die Decke im Bereich der f-Löcher einen stabilen Eindruck macht würde ich nichts ergänzen.


    Beim Beizen erst Proben machen. Eine Positivbeize verwenden. ( Das Winter Holz muss dunkler werden). Ich würde ein ganz fein Biberhaarpinsel nehmen und mit 2 Brauntönen arbeiten. Auch hier erst mehrere richtige Proben mit Antrocknung machen.

  • Der weiße Kaugummi Artikel Laim der so schlecht weg geht, ist voraussichtlich Caseinleim, (Kasein). War früher deutlich billiger und ist ein Hinweis auf Autodidakten. (Hobby).

    Aber auch sehr gute Geigenbauer haben früher den Geigenbau im Nebenerwerb geführt. Oft sieht man an den Steuerbüchern, dass sie mehr Einkommen in anderen Bereichen (andere Berufe, Grundbesitz, Pachterträge) hatten.

  • Chiocciola Danke für die Empfehlungen! Würdest Du das Holz vor dem Beizen grundieren? Die Oberfläche ist ja nicht "gerade", sondern leicht gewölbt. Ich möchte nicht, dass zu viel Beize in die Faserenden gerät und sie zu dunkel färbt. Ich grundiere bisher mit einer Mischung aus farblosem Lack und fein gemahlenem Bims. Hält darauf die Beize, oder würde man besser mit Gelatine oder Eiweiß grundieren?


    Und kommen die beiden Brauntöne übereinander, oder färbt man mit dem einen die Fläche und schattiert mit dem anderen?

  • Deine differenzierte Frage spricht für Deine Erfahrung oder Dein gutes Gefühl für die Materie. Meiner Meinung nach geht alles, man muss nur für sich eine eigene Konventionsmethode entwickeln. Wenn man zu wenig grundiert, und einen saugfähigen Untergrund hat, ist die Stelle schnell zu schwarz.( lässt sich auch nicht mehr rückgängig machen.;)). Deshalb ruhig 15 verschiedene Probestückchen machen, sauber die Behandlungsreihenfolge dokumentieren, erst nach 2 Tagen auswerten. Wenn du ca. 359 verschiedene Probestücke hast für alle Geigen die du mal retuschiert hast bist du auf dem richtigen Weg. Man muss auch die ganze Geige anschauen: ist sie bei Dings und Dongs sowieso immer auf schwarz retuschiert? Schwarz ist keine gute, aber dafür oft gewählte Lösung. Wenn meine Vorgänger sie schon gewählt haben nehme ich sie auch oft. Seltsamerweise wünschen viele Spieler dunkelbraune Instrumente und gegen schwarze Retuschen hat niemand was. Im Neubau verwende ich zur Grundierung jetzt Kaliumnitratlsg. und UV-Licht. Dann Dr. Öttger Gelatine. (Keine Schleichwerbung sondern nur ein guter Standard, Produktkontinuität gibt’s überall).

    Wenn Du mal einen gute Konventionsmethode hast bist Du auf dem richtigen Weg und entwickelst auch ein Gefühl was dabei rauskommt.

  • Wenn ich retuschiere, versuche ich immer, den Originalfarbton zu treffen. Das ist naturgemäß schwieriger, wenn neues, weißes Holz angeglichen werden muss. Ich hab den Geigenbauer noch nie gefragt, was er zum Färben nimmt, aber es sieht fast aus wie normale Wasserfarbe. Ich werde mal ein bißchen mit Beizen experimentieren. Noch ist ja Zeit bis zum Lackieren.


    Wenn man versehentlich alten Lack entfernt und die Stelle dann zur Grundierung farblos lackiert, ist sie damit manchmal schon so unsichtbar, dass sie nicht mehr retuschiert werden muss. Auch wenn sie vorher deutlich heller war als das lackierte Holz nebenan. Wüsste gern, woran das liegt. Es kann ja eigentlich nur so sein, dass der originale Decklack in dem Fall farblos war.

  • Normale Wasserfarbe (besser hochwertige Aquarellfarbe, auch bestimmte Gouache ) wird von Restauratoren ganz gerne verwendet da reversibel ( eben wasserlöslich) dann einen Überzuglack punktuell, dann die ganze Violine mit Tinctura Benzoe gehärtet. Danach je Geschmack auf Matt oder Hochglanz polieren.

    Schaue gerade Deine Geige nochmals an: sind das schwarze nicht eine nachträglich aufgebrachte Patina oder Kollophoniumreste? Könnte man je nach Geschmack entfernen (EtOH) und ein wunderbares Braun käme heraus?