Jerome Thibouville Lamy und MANSUY

  • Wieder eine Frage zur Befriedigung meiner Neugier im Geigenbau: Jerome Thibouville Lamy steht für eine der größtem Manufakturen in Mirecourt - die haben u.a. auch unter sehr verschiedenen Namen, in sehr verschiedenen Qualitätsstufen gebaut. Kann jemand die Qualitätsstufe der "Untermarke" Mansuy im dortigen Cellobau einschätzen - bzw. auch die Kernzeit der Nutzung dieses Markennamens eingrenzen (Mitte 19. Ihr?)? Weiß jemand, woher der Namen kommt? War/ist das gängige Praxis in Mirecourt (gewesen)? Mich würde ja auch interessieren, gibt es darüber Aufzeichnungen, wer die Instrumente in welchen Teilen tatsächlich gefertigt hat?


    Vielen Dank für die Schließung meiner "geigenbautechnischen" Wissenslücke DANKE!


    Tjorven

  • Es kommt immer auf das individuelle Instrument an! Es gibt Manufakturinstrumente, die klingen fantastisch und besser als so manches „Meisterinstrument“. Dann gibt es natürlich viele, die eher nur Mittelklasse sind.

  • VIELEN DANK! Die Seite kenne ich natürlich. Ich frage mich, wie man über die einzelnen "Untermarken" tatsächlich etwas herausfinden kann, wer dort gearbeitet hat, bzw. wie die Instrumente damals eingeschätzt wurden. Ich habe bisher nur zwei "Mansuy" Instrumente gesehen: ein Cello und eine Violine, welche mir nicht aus der selben Werkstatt zu kommen scheinen. Gibt es Bildmaterial von Mansuy-Instrumenten - ich habe bisher nichts gefunden.

  • Es kommt immer auf das individuelle Instrument an! Es gibt Manufakturinstrumente, die klingen fantastisch und besser als so manches „Meisterinstrument“. Dann gibt es natürlich viele, die eher nur Mittelklasse sind.

    Lieber Braaatsch, vielen Dank! Klar, es kommt immer auf das Instrument an und klar, auch ein Meisterinstrument muss nicht immer ein "Brüller" sein ;) Ich frage mich halt, ob es so etwas wie ein Index gibt, der MANSUY oder andere Untergruppen der Manufaktur einschätzt, bzw. bewertet. Ich gehe davon aus, dass er sehr unterschiedliche Baumeister waren, die die Marke MAnsuy verantworten, bzw. steckt dahinter wohl auch nur eine lokale Verkaufsplattform mit -diversen Instrumenten aus der Gesamtmanufaktur. Möchtest Du eine handwerkliche Aussage über die Qualität machen, einen Einschätzung? Die Instrumente, die ich gesehen habe, ein Cello (Bild) und eine Violine, waren solide gearbeitet, schöne Randeinlagen, bei der Violine "gemalte", beide im Klang sehr ausgewogen, die Lackierung unspektakulär, sehr auf Spielfähigkeit ausgerichtet. Wie würde man den Wert solcher Manufakturinstrumente einschätzen, bzw. was wären die Kriterien nach welche jener definiert wird: Alter (?), Bauweise (?), Zustand?. Klang würde man wohl eher nicht monetär bewerten können?

  • Leider gibt es so etwas wie eine „Wertliste zum Abhaken“ nicht. Dazu gibt es einfach zu viele verschiedene Instrumente, in zu unterschiedlichem Zustand, und zu unterschiedlicher Klangqualität.


    Denn Du wirst es nicht glauben, aber Instrumente sind da, um zu Klingen. Das ist erstmal ihre Hauptaufgabe. Daher ist eigentlich der Klang der ausschlaggebende Faktor für die preisliche Einschätzung. Eine Ausnahme sind Meisterinstrumente, die einen Wert als „Werk eines Meisters“ haben. Bei Manufakturinstrumenten zählt vor allem der Klang.


    Ja, es gibt natürlich noch Preisaufschläge für die Verarbeitung, deutliche Preisminderungen bei einem schlechten Zustand, etc.- aber bei Manufakturcelli in Durchschnittsqualität ist es fast egal, ob es nun aus Sachsen oder Mirecourt kommt- da ist wirklich der Klang das Entscheidende!


    Bei Geigen sind die Preisunterschiede deutlicher, da hat Sachsen/Böhmen leider keinen guten Ruf. Dennoch- auch da ist eine gute Sachsengeige teurer als eine schlechte Mirecourtgeige.


    Bei Celli gibt es (fast) keine Preisunterschiede zwischen Sachsen und Mirecourt, gleiche Qualität des Instrumentes vorausgesetzt. Mittenwald ist manchmal noch eine andere Liga, zumindest die älteren Instrumente.


    Wert Deines Cellos: Je nach Klang und Spielbarkeit alles zwischen 1000 und 10.000 Euro. Und nein, jetzt nicht einfach den Mittelwert nehmen! ;)

  • Klangbewertung: Natürlich ist Klang am Ende subjektiv. Trotzdem kann man in Etwa abschätzen, wie das Cello im Vergleich zu anderen Celli klingt. Klingt es eher wie Celli in der 1000-Euro-Liga (also einfaches Schulinstrument), oder hat der Klang Orchesterqualität (und ist vergleichbar mit anderen Celli bei 7000/10.000 Euro)?


    Klingt es ausgewogen, oder ist es unten „rauchig“ und oben schrill?


    Hat es viele Wölfe, und wie stark sind diese ausgeprägt?


    Spricht es gut an, hallt der Ton gut nach („steht der Ton“), oder ist es ein „dumpfer Schuhkarton“?


    Ist der Ton laut/leise/tragfähig/modulierbar, oder muss man ordentlich „schrubben“, damit überhaupt etwas kommt?


    Ist der Ton von angenehmer Klangfarbe, offen, weich? Oder hart, schrill, kalt oder „muffig“?


    ...


    Ganz am Ende kommt dann noch die Frage des persönlichen Klanggeschmacks dazu.


    Und natürlich dann noch Schönheit, Herkunft, blablabla.


    Aber ich persönlich bevorzuge ein Cello, was klingt und „tut was es soll“, egal wo es herkommt. Und das ist in der Preisklasse „Manufakturcello“ für viele Spieler der Fall. Für Orchesterspieler (andere Preisklasse), Sammler (andere Zielmerkmale) und Markenfetischisten (anderer Schwerpunkt) ist das natürlich anders. Für diese dürfte aber dein Cello nicht interessant sein.

  • Lieber Braaatsch, ich bin ganz mit Dir. Mir geht es hier - das hätte ich vielleicht vorher sagen sollen, nicht um den Ankauf eines Instruments, sondern tatsächlich viel mehr um das Phänomen Manufaktur und Frankreich und die sehr faszinierende Vermarktungspolitik., mit der Feststellung, dass es eigentlich unmöglich ist, die Instrumente irgendwelchen "Baumeister_Innen" zuzuordnen. Ich finde den Gedanken - sicherlich ein sehr "romantischer" - faszinierend, die Geschichte eines Instrumentes aufzurollen. Ich selbst spiele ja ein böhmisches Cello, mit Charakter und Zickigkeit - dessen Herkunft relativ gut zurückzuverfolgen ist. Wenn ich mir die Homepage anschaue, die abalon freundlicherweise als Link verschickt hat, dann kann man schon eine Übersicht über das System Manufaktur bekommen - aber auch hier sieht (zumindest ich nicht) man die Unterschiede an Bauweise, welche dann später in der Listung innerhalb der dort aufgeführten Kataloge ausmacht. MANSUY scheint z.B. einfach ein Außenhandelsstützpunkt in Paris gewesen zu sein. Ich glaube, ich finde es einfach spannend und versuche jetzt mehr Material und Bilder dazu zu bekommen - wenn Du Instrumente kennst...bitte ein Bild ;) VIELEN DANK für die ausführlichen Beschreibungen Dir!

  • Aaaaha...ok, dann verstehe ich Deine Frage besser.


    Mit den französischen Manufakturen kenne ich mich nicht so aus. Aber in Sachsen lief das -zumindest in einigen Manufakturen, sicher nicht bei Allen!- so:


    Möglichkeit 1: Der Verleger hat Instrumente bei Dutzenden kleiner Werkstätten in Auftrag gegeben und teilweise dafür Material geliefert. Familie A hatte x Geigen mit Lackmuster 1 und x Geigen mit Lackmuster 2 bis zum Tag Y anzufertigen. Dann fuhr der Verleger herum und hat alle eingesammelt. Damit entstanden Tausende optisch ähnlicher Geigen in unterschiedlicher Klangqualität. Später wurden die Instrumente in den grossen Werkstätten arbeitsteilig gefertigt. Letzteres war auch in Mirecourt der Fall.


    Möglichkeit 2: Der Verleger kam regelmässig bei den Familien vorbei und kaufte alles auf, was da war. Dann wurden die Geigen beim Verleger durch einen Musiker probegespielt und nach Klang etc. klassifiziert und preislich für den Endkunden katalogisiert.


    Es ist also unmöglich, den einzelnen Erbauer herauszufinden, auch weil Instrumente arbeitsteilig gebaut wurden (deshalb sind die Manufakturen ja auch preiswert...!).

  • Ich glaube das Mensuy eher die Bezeichnung eines Models ist. Bei den Bratschen sieht man in der Liste ein Model. Es ist eher einfachere art wenn man den Preis vergleicht mit besseren Bratschen und gleichzeitig findet man dann die gleichen anderen Modele auch bei Geige und Cellis. Ob jetzt Jtl seine ganz oder nur zu Teilen woanders Produziert hat erfährt man eher in einem Museum vor Ort.