Was ist meine Geige (echte Stainer?) wert

  • Hallo Freunde im Forum,


    ich habe eine ältere Geige geschenkt bekommen, die auf der Rückseite den Brandstempel "Stainer" trägt. Alleine verstehe ich zu wenig vom Wert eines solchen Instrumentes, habe aber dieses Forum gefunden und möchte euer Fachwissen gern nutzen. Zur besseren Beurteilung der Geige lege ich hier ein paar Bilder bei und hoffe, daß ihr daraus etwas erkennen könnt. Über eine Antwort würde ich mich freuen.

  • Es handelt sich um eine Geige, die mehr oder weniger nach den Abmessungen der Geigen Stainers gebaut wurde, quasi nach seinem Schnittmuster. Aber nicht von Stainer selber, sondern von einer sächsischen, böhmischen oder mittenwalder Werkstatt/Manufaktur. Auffällig ist das billige Buchenholzgriffbrett, was nicht so richtig zu doch recht guten Holzauswahl der Geige passt.


    Aber Ebenholz war damals sehr teuer, und in Kriegs-undKrisenzeiten unmöglich zu bekommen.Und Buche erfüllt seinen Zweck.


    Wert: Leider gibt es solche Geigen in Massen. Da spielt der Klang die wertbestimmende Rolle.

  • Die aufgegangene Leimung der Decke am Unterbug sollte wieder geklebt werden. Falls du keine Erfahrung damit hast, bitte nicht selber machen, sondern zum Geigenbauer bringen. So was ist nicht teuer, das macht der Geigenbauer so mehr oder wenige nebenbei mit. Eine unsachgemässe Reparatur ruiniert die Geige u.U.
    Zum Wert stimme ich Braatsch bei. Ein Geigenbauer wird die wohl nicht ankaufen und bei ebay ist dafür bei einer Auktion unter 300 EUR drin.
    Spielst du Geige? Dann spielfertig machen lassen und selber spielen. So schlecht wird die wohl gar nicht klingen.

  • Hallo Braaatsch und Norbert V,


    vielen Dank für eure beiden Einschätzungen bzw. Auskünfte. Ganz so schlimm hatte ich mir die Qualität nicht vorgestellt, aber ich bin auch ein Laie auf diesem Gebiet. Daß die Geige in Kriegszeiten gebaut worden ist, könnte sehr realistisch sein. Ich werde sie selbstverständlich aufheben und mal sehen, ob es einen gibt, der ihr einen vernünftigen Ton entlockt.


    Vielen Dank nochmals

  • ...was heisst hier schlimm ;)


    Das ist doch ein nettes Instrument. Nur muss man sich eben von dem Glauben verabschieden, dass jede alte Geige automatisch Tausende von Euro wert ist. Das ist eine Illusion, die man nicht von einzelnen Instrumenten im Millionenwert ableiten kann.


    Ich vergleiche das ganz gerne mit Kunstwerken, da ist es ganz ähnlich. Nicht jedes Bild ist ein echter Picasso. Ein Bild eines unbekannten Malers ist vielleicht aber viel hübscher als das verschrobene Zeug von Picasso, und für die gute Dekoration einer Wohnung tun es auch ein paar tolle gerahmte Fotos. Das unbekannte Bild oder die Fotos erfüllen den Zweck genauso gut oder sogar besser, weil man nicht ständig vor Einbrechern Angst haben muss und irres Geld für eine Versicherung ausgibt.


    Der Unterschied liegt einfach im Wert. Aber genausowenig wie ein Picasso 100.000 mal schöner ist als das unbekannte Bild, genausowenig klingt die unbekannte Geige 100.000 mal schlechter als eine Stradivari.


    Auch eine Geige, die nicht so teuer ist kann prima klingen und ihren Zweck -als Instrument Freude zu bringen- sehr gut erfüllen. Man muss nur weg von dem Anspruchsdenken „antike Wertanlage“.


    Und das Griffbrett lässt sich austauschen. Je nachdem, ob es sich um ein mittenwalder oder um ein sächsisch/böhmisches Instrument handelt, und je nach Klang kann der Preis durchaus deutlich höher sein als die 300 Euro bei Ebay. Dort kaufen die Leute „die Katze im Sack“, und wollen natürlich nicht so ein hohes Risiko eingehen, weil sie nicht testen können wie die Geige klingt, wie sie sich spielt, ob es verdeckte Schäden gibt etc.

  • Danke Braaatsch für deine tröstenden und aufmunternden Worte. Du hast ja recht! Und um ehrlich zu sein, die Geige stand jahrelang als Schmuckstück herum und bis auf den Staub, den sie sammelte, war es doch ein schöner Anblick. Und vielleicht ergibt sich ja ein musikalischer Interessent, der sich über ein solch schönes Teil wirklich freut.


    Wenn ich sie reparieren wollte, müßte ich die aufgegangene Leimung (Norbert V) am Unterbug nacharbeiten, das Griffbrett austauschen und vermutlich auch die Saiten auswechseln lassen. Ich bin in Sachsen zu Hause. Kann mir jemand einen geeigneten Geigenbauer empfehlen, der mir hierbei weiterhelfen könnte?

  • ...Ruf lieber an. Viele Geigenbauer leben noch eher in der "guten alten Zeit", was das anbetrifft. Und manchmal landen Mails im Spamordner... ;) Markneukirchen ist schon allein wegen des sehenswerten Musikinstrumentenmuseums eine Reise wert.

  • Bei Berndt und Marx in Chemnitz, die einen grossen Streichinstrumentenverleih betreiben, wäre ich vorsichtig. Sie verleihen und vertreiben u.A. die Bertoni-Instrumente. Nix gegen diese Instrumente, aber die Instrumente, die als Mietrückläufer bei Ebay verkauft werden, haben schlampige Reparaturen, obwohl sie als "vom Geigenbaumeister repariert" angeboten werden.


    Allerdings muss das natürlich nicht von denen selber repariert worden sein, und die Instrumente werden auch nicht unter deren Account und Namen verkauft.


    Gläsel in Dresden finde ich preislich fair, die Leistungen sind transparent und er macht gute Arbeit. In Markneukirchen gibt es Spezialisten bezüglich der Einschätzung der Herkunft, und qualitativ sollten die auch gut sein. Nett sind sie jedenfalls ;)