Hallo hier meine kleine Zusammenfassung meiner ersten Reparatur eines Stimmrisses.
Nach dem Öffnen offenbarte sich die Geige als echter Blender. Nur zwei vorgetäuschte Eckklötze, auch sonst eine eher flüchtige Verarbeitung. Die Decke war von Innen bei dem einem C-Bügel zu weit ausgearbeitet worden und es war keine Leimauflage für die Zarge mehr vorhanden. Man sieht den Lack, der durch die offene Stelle nach innen gedrungen ist.
Folgender Zustand zeigte sich: Ein größerer Riss vom Untersattel aus, der schon mal von oben geklebt wurde, ein Stimmriss durch eine zu lange Stimme, der Hals hatte sich vom Oberklotz gelöst, das Griffbrett mit tiefen Rillen im oberen Bereich und schlecht passende Wirbel.
Die Risse habe ich erstmal alle geklebt, auch den Stimmriss. Der hatte sich gegeneinander verschoben und musste durch Zwingen wieder eben gedrückt werden. Dann das Stimmfutter ausgeschnitten und den Umrisse auf den zu verstärkenden Bereich übertragen. Für das Stimmfutter hatte ich mir von einem Orgelbauer mehrere über 16 Jahre abgelagerte Fichten-Tonholzbrettchen besorgt. Aus diesen habe ich das von der Maserung passende rausgesucht. Beim Anzeichnen habe ich auf die Maserung geachtet. Dann die Vertiefung für das Stimmfutter eiförmig mit dem Hohlstechbeitel und der Ziehklinge ausgearbeitet. Das Futter mittels Schnitzmesser und Ziehkinge der Form der Vertiefung angepasst. Touchiert habe ich mit Kreide. Dabei habe ich mit einem kleinen (ca. 50gr) Hammer vorsichtig auf das Futter geklopft. Das Stimmfutter mit recht heißem und dickem Leim verleimt und gut mit der Schraubzwinge gepresst. Für die Gegenseite hatte ich mir aus Balsaholz eine Auflage geschnitzt. Nach dem Trochnen das überstehende Material mit dem Hohlbeitel abgestochen und mit der Ziehklinge an die Decke angepasst.
Die fehlende Leimauflage im Bereich des C-Bügels habe ich mit passenden Fichtenholzstücken aufgeleimt und der Decke angepasst.
Abschließend habe ich noch mit Tusche das Stimmfutter und die ausgebesserten Stellen retouchiert. Es ist jetzt nur noch wenig davon zu erkennen.
Dann noch den Hals mit dem Oberklotz verleimt. Da der Hals noch sehr fest mit dem Blättchen vom Boden verbunden war habe ich nur den Spalt aufgeweitet und recht flüssigen Leim reinlaufen lassen. Die Leimung dann mit der Schraubzwinge und einer aus Balsholz geschnitzten passenden Zulage gepresst.
Das Griffbrett habe ich mit einer innenrunden Ziehklinge abgezogen und mit feinem Schleifpapier und Flötenöl geschliffen. Das ging leichter, als gedacht. Die Ziehklinge hatte schon fast die passende Rundung und das Ebenholz ließ sich recht einfach abziehen.
Dann die Stimme eingepasst. Ich konnte die alte nehmen und etwas kürzen. Eigentlich müsste ich noch mal eine neue machen, da ich diese nach unzähligem Anpassen der Flächen dann zwar ganz gut an Decke und Boden angepasst hatte, aber die Spannung etwas zu gering ist. Wenn ich sie mal ein bisschen weiter vom F-Loch weg justieren will, würde sie wohl umkippen.
Danach neue Wirbel eingepasst (das ist schon fast Routine), den Steg aufgeschnitten, Saiten aufgezogen und endlich probespielen. Die Geige hat eine leichte Ansprache, der Klang ist ganz ordentlich und für eine Schülergeige vollkommen ausreichend. Ich glaube kaum, dass diese Geige schon mal viel besser geklungen hat. Ich werde noch mal ein wenig mit der Stellung der Stimme rumexperimentieren, aber viel muss da nicht verändert werden. Nach den Osterferien werde ich die Geige mal von meier Lehrerin spielen lassen. Bin auf ihr Urteil gespannt.
Auch optisch soll die Geige noch ein wenig zum Probieren herhalten. Ich habe von Hammerl das Retouchierlackset gekauft, inkl. ein paar Retouchierpinsel und will mal schauen, was noch geht.
Das 1. Mal Stimmriss reparieren
- Norbert V
- Erledigt
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Mehr als 10 geht leider nicht in einem Beitrag. Deshalb hier noch mehr Fotos.
Sind ein bisschen durheinander geraden. -
Ich find das hast du wirklich gut hin bekommen. bin gespannt wie die geige aussieht wenn sie fertig ist.
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Sieht wirklich sehr professionell aus. Hut ab & Gratulation.
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Hier mal das vorläufige Ergebnis meiner Lackretuschen. Vorläufig deshalb, weil ich evtl. später nochmal ein paar Schichten mehr auftrage. Im Moment sind noch fast alle meine lackierten Stellen tiefer, als der Originallack. Das Problem ist die Zeit. Der Lack braucht ein paar Tage, damit er einigermaßen durchgetrocknet ist. Da ich nur an den Wochenenden Zeit habe (und da auch nicht an allen), konnte ich also nur eine Schicht pro Woche auftragen. Teilweise habe ich 5 Schichten aufgetragen. Aber da fehlen noch ein paar.
Ich hatte von Hammerl das Retuschierlackset gekauft und erstmal die Farben auf einem Stück Fichtenholz ausprobiert. Für das Mischen habe ich Holzrührstäbe verwendet. Damit habe ich die Farbe aufgerührt und dann den Lack vom Stab in einen kleine Schale tropfen lassen. Jeweils entsprechend der gewünschten Farbe ein Tropfen davon, zwei Tropfen davon usw. Die Tropfen in der Schale vermischt und mit einem Retuschierpinsel von Hammerl der Stärke 01 aufgetragen. Man braucht ein ruhige Hand, um bei kleinen Stellen oder den Rissen nicht gleich die halbe Geige anzustreichen. Da wo die Feinstimmer tiefe Riefen und Vertiefungen in die Decke geritzt haben, hätte ich eigentlich Holzspänchen aufkleben und die dann der Decke angleichen müssen. Aber die Idee kam mir erst später, da hatte ich schon einige dicke Schichten drauf. Wenn man mehrere Schichten Lack aufträgt, so wird der Farbton immer dunkler. So ergeben ein paar Schichten hellerer Lack dann doch zum Schluß einen dunkleren Lack, als man eigentlich erwartet hatte. Ausserdem ist mir aufgefallen, dass der Farbton des neuen Lackes bei Tageslicht fast dem Original gleicht, bei Licht aus einer Leuchtstofflampe aber sichtbar abweicht. Hängt wohl mit dem unterschiedlichem Aufbau der Schichten zusammen. Es gibt noch viel zu lernen. Hier nun ein paar Fotos mit einem Vorher-/ Nachher-Vergleich. -
Weiter Fotos, es gehen ja immer nur 10 in einer Antwort.
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Die Restlichen.
Ich habe ausserdem nicht alle Macken versucht zu retuschieren. Die Geige sollte ihren Charme behalten. Auch habe ich den Lack nach dem Retuschieren nicht auf Hochglanz poliert, sondern es bei einem leichten Seidenglanz gelassen. Passt meiner Meinung nach besser zu dieser Geige.
Die Risse sind nur bei genauem Hinsehen zu erkennen, wie auf dem Foto "Stegbereich nachher" zu sehen.