Hat jemand gute Tipps für die Grundierung einer Geige?

  • Hallo


    hat jemand gute Tipps für die Grundierung einer Geige?


    Was wird für die Grundierung genommen?
    Was hat man früher genommen?
    Was für Stoffe nimmt man heute?


    Besten Dank für Eure wertvollen Tipps.


    Mit freundlichen Grüssen
    Violix

  • Da gibt´s ja so allerlei. In der Literatur (z.B. Möckel-Winckel aber nicht nur dort) liest es sich oft etwas „verwischt“, was genau die Grundierung sein soll. Ob jetzt nur ein klarer Auftrag einer Substanz oder mit einer direkt hinzugefügten oder anschließen aufgetragenen Farbsubstanz, wie z. B. Safran oder Propolis, um das Holz anzufeuern. Vermutlich ist wohl alles Grundierung, was vor der Lackschicht kommt. Und bei so manchem Mittel entschied (entscheidet),- wie mir scheint-, wohl auch die Zusammensetzung und Konzentration darüber, ob es als Grundierung oder auch für die Lackzubereitung verwendet wurde.
    So haben beispielsweise die Mittenwalder (Klotz) mit gefärbtem Leimwasser grundiert, Stradivari soll manchen Autoren zufolge „Vernice Bianca“ verwendet haben, wieder andere mit Leinöl, wobei eine Durchtränkung der Hölzer vermieden wurde. Weiterhin werden von Möckel genannt: Lösung von gelbem Gummi-Gutti Harz, Lavendelöl, Sandarack, verschiedene Balsamarten, Wachszusätze(deren Verwendung an Instrumenten allerdings kritisch sei), Kalziumoxyd, Kautschuk, Terra oreana, …..
    F. Sacconi berichtet davon, daß die Engländer auf das weiße Holz einen Anstrich vom noch unangefärbtem Lack auftrugen und danach den gleichen Lack dann mit Farbe. Er vermutet, daß z.B. Gasparo da Salo Feigenmilch als Grundierung nahm.


    Richtig interessant wird´s bei Sacconi, wenn er von der „Verknöcherung des Holzes“ spricht. Sein Buch „Die Geheimnisse Stradivaris“ liest sich streckenweise spannend wie ein Krimi. Jedenfalls führt er aus, warum es Kaliumsilikat (Silizium, Kohle und Pottasche zusammengeschmolzen) gewesen sein muß, womit Stradivari seine Instrumente präpariert haben muß. Diese Präparierung, die eine so dünne Deckenausarbeitung erlaubte, ohne daß der Klang an Kraft verlor; trotzdem eine Beständigkeit bot, da die Holzfasern – so konserviert- nicht durch die vielen Vibrationen zermürben; und die zudem eine größere Vibrationsfähigkeit des Holzes erlaubte. Herrlich auch, Sätze wie diese zu lesen: „ Wenn Stradivari seinen Instrumenten nicht von Anfang an eine verhärtende Behandlung gegeben hätte, würden sie bei den Stärken, die er dem Holz seiner Decken, Böden und Zargen gab, durch die lange Zeit auch bei sorgfältigster Konservierung, eines natürlichen Todes gestorben sein.
    Was da heute vornehmlich verwendet wird weiß ich nicht, habe aber auf youtube Geigenbauer gesehen, die ganz schlicht Gelatine nehmen, oder in einem Forum von der Verwendung von Leinölfirnis bei sowohl Spiritus- als auch Nitrolack als später aufliegende Lackschicht gelesen.

    Na, Tipps sollte man aus nur nem eigenen Erfahrungshintergrund geben: Da habe ich bisher nur „Vernice Bianca", Gelatine und Leinölfirnis probiert. Finde ich alle sehr okay.

  • Aufpassen muss man nur, dass man den Grundsatz "fett auf mager" beherzigt. Sprich, die obere Schicht muss gleichviel oder mehr fettige/ölige Anteile haben als die direkt darunterliegende. Ansonsten kann es farblich schiefgehen (muss nicht).

  • Vielen Dank Solange für den ausführlichen Teil und Braaatsch für den zusätzlichen Hinweis.
    Das sind echt wertvolle Tipps. Eure Beiträge sind eine Bereicherung in jeder Hinsicht.


    Nun geht es an die Praxis und da übe ich wahrscheinlich zuerst auf einem Stück Holz oder einer Abbruch-Geige.


    Freundliche Grüsse
    Violix

  • Ich habe mir für solche Zwecke tatsächlich „Abbruchgeige“
    angewöhnt, weil ich finde, daß Holzaufträge, sei es Grundierung oder Lack, auf
    einer Wölbung oft nochmal anders wirken, als auf einem planen Brett.

  • Braatsch, die Info finde ich auch sehr erhellend. Bin ja noch ganz am Anfang von allem, und hatte mich schon gewundert, als ich eine mit Leinölfirnis grundierte Geige mit Spirituslack strich, und dabei direktemang die Schattierungen, die ich mit Ballen und Anilin-Extrakt aufgearbeitet hatte, verschmierte. Na, ich hatte das Problem gelöst, indem ich auf die Leinölfirnis (die ich erneut schattiert hatte) eine Gelatineschicht zum Absperren auftrug, da mir aufgefallen war, daß mit Wasser die Schattierungen nicht schmierten. War nicht ganz leicht, da die Leinölfirnis die (heiße!) sehr dünnflüssige Gelatine nur zögerlich so annahm, daß eine geschlossene Schicht entstand. Immer wieder drüber streichen (also immer wieder ausstreichen – nicht tränken), das hat geklappt, und die folgenden Lackschichten wurden dann anstandslos angenommen.
    Ich vermute, das war dann wohl der „muss nicht“ –Fall, den Du Braatsch, anmerktest.


    Ach, und violix, Zucker-Couleur als Grundierung habe ich auch schon mehrfach gelesen und testweise mal irgendwo aufgestrichen. Ist auch schön.

  • In diesem Zusammenhang ist es sehr erhellend, sich mit alten Ölmaltechniken und Kunstrestauration zu beschäftigen. Die Ölmaler standen auch vor dem Problem der Grundierung (Holz, Leinwand) und dem Auftragen vieler Farbschichten. Gelatine, Leim etc. sind dort auch übliche Grundierungen, und es gibt viele Rezepte (Kreide oder Gesso sollte man nun nicht für Geigen nehmen ;) ...)


    Leinölfirnis kann auch unterschiedlich "fett" sein, je nachdem, wieviel Bindemittel man nimmt. Gelatine hat bei Deinem Versuch als Trennschicht gewirkt, kann aber, wenn sie zu dick aufgetragen wird, auf Dauer spröde werden und auch gilben. Auch Leinöl kann nachdunkeln....


    Solange man den Grundsatz "fett auf mager" benutzt, ist man eigentlich auf der sicheren Seite.

  • Ach ja, und Spiritus ist natürlich ein Lösungsmittel, welches Öle löst (das verschmiert dann). Das ist ja gerade der Witz an der Ölmalerei, dass man mit Lösungsmitteln (Alkoholen) immer wieder die obersten Schichten "anlösen" und dann korrigieren kann. Leinöl braucht sehr lange, bis es "durchgetrocknet" ist, mit einer Firnis (=Leinöl mit Lösungsmittel) hat man einen kürzeren Trocknungsprozess. Dennoch bleiben Öle sehr lange "anlösbar", manche Öle trocknen nie richtig durch (=weicher, nahezu "klebriger" Geigenlack...).

  • Hallo Braaatsch und Solange


    erst einmal Dankeschön für die tollen Beiträge.


    Wenn Ihr von Gelatineschicht schreibt. Was für Gelatine wird da verwendet?
    Ist das normale Gelatine, die man für Kuchen und anderes verwenden kann oder sollte man da eine speziell zubereitete Gelatine verwenden
    (Zucker sollte es ja auf jeden Fall nicht beinhalten :-))

  • Normale, billige Gelatine ohne Zusätze. Und ohne Farbe natürlich. Also, Omas Tortenguss für Erdbeertorte wäre eher suboptimal. Es gibt aber auch im Fachhandel Gelatine für technische Zwecke, die gibt's dann im Grosspack entsprechend billiger.