Meine schnuffige Geige

  • Hallo ihr Lieben!
    Wollte euch gern mal meine Geige vorstellen. Noch steht sie nicht zum verkauf, da ich sie mag, aber ich kann mich mit der Handhabung nicht anfreunden und so verstaubt sie doch nur und ich spiele mit dem Gedanken sie zu veräussern. Sie hat eine lange Geschichte hinter sich. Ich habe sie von der Oma, die von ihrem Lehrer der von seinem Meister usw. Sie wurde vor etwa 80 jahren restauriert und ich habe sie noch mal vor etwa 15 Jahren überarbeiten lassen, also keine Risse oder ähnlich. Die geige ist wohl etwa 150 Jahre alt. Der Geigenbauer, der mir keine konkrete Auskunft geben wollte, da das schätzen eine Kunst ist, meinte es sei eine sehr gute Studenten Geige. Vom klang her kann sie tatsächlich den Ansprüchen eines Studenten genügen, sicher auch für ein Konzert, Solisten haben sowieso noch mal andere Vorstellungen.


    Was meint ihr dazu mal rein optisch?

  • Was du mit "schnuffig" meinst kann ich nicht einordnen… Und rein optisch fällt mir auf, dass das Kolophonium vom Geigenkorpus und Griffbrett weggeputzt gehört, sonst frisst es sich in den Lack. :)


    Woher weisst du, das die Geige vor 80 Jahren "restauriert" wurde? Ist irgendwo ein Zettel oder ein Reparaturvermerk? So nach den jetzigen Fotos halte ich sie für ein Manufakturinstrument aus dem Raum Markneukirchen oder Böhmen zwischen 1920-60. Ich habe vom Lack und von der Verarbeitung her sehr ähnliche Instrumente in der Hand gehabt, die sich zuverlässig in den böhmischen Raum einordnen liessen. Evtl. kommt auch noch Mirecourt infrage, die hatten auch manchmal so "farbstarken" Lack. Die etwas krude Schnecke sieht mir allerdings eher nach Sachsen/Böhmen aus- aber dazu müsste man noch mal ein Bild der Schnecke "im Profil" sehen und nicht so "schräg", und noch mal bessere Bilder des ganzen Instruments.
    Klanglich kann sie durchaus gut sein, da kann der Geigenbauer schon richtig liegen.
    Beim Verkauf ist allerdings nicht mit grossen Reichtümern zu rechnen, solange die Herkunft nicht zweifelsfrei geklärt werden kann und es sich nicht nachweislich um eine Meisterarbeit handelt- sei der Klang auch noch so gut. Übers Internet verkauft (Ebay & Co.) schätze ich 250-350 Euro, wenn es gut läuft. Wenn sie so fantastisch klingt, sollte man versuchen, ob sie nicht ein Geigenbauer ankauft. Dann ist -vielleicht- etwas mehr drin.

  • Das mit der Restauration hat meine Oma mir erzählt, das fand evtl. auch etwas später statt also 60er jahre. Dass die um die Jahrhundertwende gebaut wurde ist sehr warscheinlich. Vielleicht irre ich mich und die ist doch nicht so alt. Die Oma wurde immerhin 100 Jahre alt und verstarb vor 15 jahren. In sofern könnte das mit 1920 hinkommen. Allerdings finde ich das Instrument sieht dafür ganz schön abgenutzt aus. Im Vergleich zu meiner Meistergitarre sieht das handwerklich tatsächlich nicht so meisterlich aus. Das Holz ist nun alt und damit wäre das wohl ein netter Kauf für einen Geigenbauer :) aber für 300 werde ich sie nicht hergeben. Dafür kriegt man kein so gutes instrument. Ich wäre selbst bereit mehr dafür zu zahlen mindestens 800 Euro für Klang und evtl. noch ein bischen für Nostalgie. Der Bogen allein war ja schon teuer zu erneuern.

  • gingen Fotos von der Vorderseite und Rückseite möglichst in orthogonaler Projektion? Also die optische Achse der Kamera 90° auf das Objekt?
    So mein erster Eindruck auch eher ernüchternd.

  • Ach, Geigophon, wenn du wüsstest, wie abgenutzt und abgeschlagen manche Schulgeigen nach ein paar Jahren schon aussehen…und dein Instrument hat evtl. schon mal einen Weltkrieg überstanden ;) Und, ganz ehrlich, wenn ich mir die Kolophoniumspuren so ansehe, die Kratzer und die Lackabschläge am Korpus und an der Schnecke ist das -sorry- eher unter der Rubrik "wenig pfleglicher Umgang" als "abgespielt" einzuordnen. Spuren einer "Restauration" kann ich auch nicht sehen, ich denke, da wird es sich um eine ganz normale Reparatur gehandelt haben, oder um den Austausch von "Verschleissteilen", neue Saiten, evtl.neuer Steg, klangliche Einstellungen an der Stimme, Wirbel mal abgedreht etc.- so das "Übliche" eben.


    Bei gut gepflegten, aber viel und gut gespielten Instrumenten ist der empfindliche Lack charakteristisch abgenutzt im Sinne von "abgerieben", insbesondere das Spiel in den höheren Lagen hinterlässt Spuren an der Oberzarge (und an Teilen des Bodens) sowie neben dem Griffbrett. Aber genau davon sehe ich nichts.


    "Schnecke im Profil" meint übrigens nicht "Wirbelkasten im Profil" :) Könntest du evtl. noch mal die Schnecke, also die Windungen, seitlich fotografieren? ;) Und, wie yxyxyx schon bat, die Geige mal direkt von vorne und direkt von hinten, und am Besten auf einer einfarbigen hellen Fläche, also nicht irgendwie schräg im Kasten oder so. Letzteres mag vielleicht hübscher aussehen, aber um die Geometrie und dem Umriss des Instruments beurteilen zu können braucht man "geometrische" Fotos. ;)


    Preiseinschätzung:


    Um den Bogen ging es erstmal nicht. Solange ein Bogen nicht signiert ist (und auch dann eigentlich nicht) kann man einen Bogen nicht vom Foto einschätzen. Dessen Wert hängt von seinen Spieleigenschaften ab, und das kann man im Foto einfach nicht beurteilen. Auch so eine Neubehaarung ist inzwischen genauso teuer -oder in einigen Fällen sogar teurer- als ein billiger (meist unbrauchbarer, sofern nicht aus Carbon o. ä.) neuer Bogen. Es ging bei den 300 Euro nur um die Geige.


    Du hast Recht, sie mag mehr wert sein, aber du nennst schon mal 2 Faktoren: Klang und Nostalgie. Bei einem Kauf übers Internet kann der Käufer den Klang NICHT testen -daher mein Tip, es bei besonders gutem Klang mit dem Ankauf beim Geigenbauer zu versuchen.


    Thema Nostalgie: Für DICH ist die Geige viel wert, da sie deiner Oma gehörte. Das macht sie "schnuffig" und eigentlich unbezahlbar, und ich an deiner Stelle wurde sie gar nicht verkaufen. Für alle anderen Menschen, die nicht zu deiner Familie gehören, ist die Geige vom nostalgischen Standpunkt her genauso viel bzw. wenig wert wie all die Ebaygeigen, die seit Jahren zu Hunderten und Tausenden angeboten werden und die eben -trotz ihres Alters, und manche sind da noch deutlich älter als deine- nur für um die 300 Euro oder weniger gehandelt werden.

  • Ich bin ja auch Musiker und nicht Fotograph :) bzw. sind Fotos ja auch nur so gut wie ihre Gewürze, eh Kamera.
    Schade, ich dachte wirklich ich hätte evtl eine verkappte Meistergeige. Ein Konzertviolinist meinte mal, die Geige klingt erstaunlich gut, hätte er nicht erwartet.


    ps. es war die Stiefoma und ich wünschte es würden mehr Meistergitarren für eine Hand voll Dollar verkauft.

  • Solange sie gut klingt ist es doch absolut egal, wer sie gebaut hat. Auch eine "Nicht-Meistergeige" dieses Zeitraums wurde weitestgehend in Handarbeit erstellt, nur eben nicht in allen Teilen vom gleichen Handwerker. Und heutzutage sind auch nicht alle mit den Zetteln der "Meister" geschmückten Geigen wirklich vollständig von denen gebaut worden.


    Welches Foto trifft den die reale Lackfarbe der Geige am Besten? Unten kommt sie den "Bonbonfarben" der Franzosen nahe, oben im Licht hat sie eher das "Böhmenrot". Allerdings kenne ich auch Markneukirchener Geigen mit dem dunklen Rotton, insbesondere aus der frühen DDR-Zeit.


    Musikinstrumente haben allgemein an Wert verloren, seit die Chinesen die Märkte mit immer besser werdenden Instrumenten fluten. Das hast du an deiner Gitarre gemerkt (wobei da auch Glück dazugehört), und das wirst du merken, wenn du versuchst, die Geige zu verkaufen. Der Markt für Meisterinstrumente ist immer noch da, aber viele Hobbyspieler/Amateure, die vor 20 Jahren noch die breite Kundschaft für Manufakturinstrumente bildeten weichen auf neue Instrumente aus asiatischer oder osteuropäischer Produktion aus, ohne Reparaturstau, mit Garantie und "Rückgaberecht" beim grossen Versandhaus. "Für 50 Euro kann man ja nichts falsch machen!" (von wegen…!) "Ich weiss ja gar nicht, ob ich dabei bleibe" (mit so einem "Instrument" ganz bestimmt nicht…)… Letztendlich gibt es aber auch schon brauchbare Instrumente für relativ wenig Geld, und wie gesagt, Ebay...


    Entsprechend viele einfachere Schulinstrumente sind jetzt "übrig" und entsprechend billig.

  • Hallo Geigophon


    ich möchte die Erinnerungen, die die Geige bei ihnen auslöst nicht schmälern.
    Was den Wert der Geige betrifft, wäre ich doch eher zurückhaltend.
    Die Vorder- und Rückseite der Geige sieht auf dem Foto noch recht gut aus.
    Die Detail Ansichten von der Saitenhalter-Sicht und dem Geigenkopf mit Schnecke
    deuten auf eine eher minderwertige Geige hin, die wohl kein Geigenbauer an
    sich nehmen wird. Sorry, aber ich bezweifle, dass da jemand mehr als 200 - 300 Euro hinblättert.
    Falls jemand 800 Euro dafür bezahlt, sollte man am gleichen Tag auch noch Euro Millions spielen :)

  • Also ich hab mir das schon irgendwie gedacht, aber doch etwas mehr erwartet. Vom Farbton ist die Geige schon so wie auf den sonnigen Bildern. Ich glaube die wurde von einem Amateur restauriert. Warscheinlich einfach eine um die Jahrhundertwende gebaute Manufakturgeige ohne besonderen hintergrund. Besondere Erinnerungen hab ich nicht an die Geige sonst würde ich nicht einen Verkauf in betracht ziehen. Ich brauche sie einfach nicht wirklich. Sie gehörte tatsächlich mal einem Geigenlehrer, deshalb ist an der einen Seite diese delle, weil dort offenbar immer mit dem Bogen draufgehauen wurde um Takt oder was immer anzugeben.


    50 Euro Instrumente finde ich albern. Wenn das Meisterklassequalität wäre, würde ich natürlich sofort kaufen. Ich denke aber jeder vernünftige begabte Musiker wird sich ein gutes Instrument kaufen. Dieser Singer/Songwriter Trend, mal eben ein paar Accorde lernen und ein Lied schreiben und berühmt werden oder wenigstens locker davon leben, aber schlussendlich eigentlich nur den Markt mit müll fluten, das ist natürlich äußerst peinlich und ... dafür hat der China Instrumentenmarkt durchaus seine Berechtigung.


    Ich denke mal ich werd die Geige einem begabten armen Musiker auf unbegrenzte Zeit leihen :)